Clever: Pflanzen können sich vor Luftschadstoffen schützen

Clever: Pflanzen können sich vor Luftschadstoffen schützen
Aus einem von Pflanzen abgebener Kohlenwasserstoff entstehen in der Atmosphäre schädliche Verbindungen - Cleverer Mechanismus ermöglicht Pflanzen Umwandlung in ungiftige Substanz.

Bäume und anderen Pflanzen geben den Kohlenwasserstoff Isopren an die Atmosphäre ab. Durch Reaktionen in der Atmosphäre entstehen aus dieser organischen Verbindung für Pflanzen schädliche Verbindungen. Wie Forscher der Universität Innsbruck im Fachjournal "Communications Earth & Environment" berichten, haben Pflanzen aber einen Mechanismus, mit dem sie sich vor diesen selbstproduzierten Schadstoffen schützen.

Mit rund 600 Millionen Tonnen pro Jahr sind es enorme Mengen Isopren, die Pflanzen weltweit an die Atmosphäre abgeben. Das entspricht etwa der jährlichen Emission von Methan. Etwa die Hälfte des Isoprens stammt von tropischen Wäldern. Warum die Pflanzen den Kohlenwasserstoff abgeben, wisse man noch nicht genau, erklärte Armin Hansel vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck gegenüber der APA. Vermutet werde, dass sie sich damit vor oxidativem Stress schützen.

Erstmals gesamter Zyklus bekannt

Gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland, Finnland und den USA haben die Forscher die Wechselbeziehung von Atmosphäre und Pflanzenwelt näher untersucht und "erstmals sehen wir nun den gesamten Zyklus", so Hansel. In der Atmosphäre wird das Isopren durch Photooxidation sehr rasch in Verbindungen umgewandelt, die für Pflanzen schädlich sind. Dabei hängt es davon ab, ob in der Region viele Stickoxide (NOx) vorhanden sind, wie etwa im urbanen Bereich, oder ob es sich um NOx-arme Regionen wie den Amazonas handelt.

Pappeln untersucht

Die Dissertantin Eva Canaval hat im Labor mit jungen Pappeln die Vorgänge unter kontrollierten Bedingungen analysiert. Sie untersuchte, wie Pappeln auf zwei verschiedene Verbindungen reagieren, die bei der Photooxidation von Isopren entstehen. In Gegenden mit reichlich Stickoxiden ist das u.a. Methylvinylketon (MVK). Dieses stresst die Pflanzen, "sie haben aber einen cleveren Mechanismus entwickelt, wie sie sich schützen können". Konkret wandelt ein Enzym das schädliche MVK in ungiftiges Methylethylketon (MEK) um.

In NOx-armen Gebieten entsteht aus dem Isopren zunächst ein Peroxid, das die Pflanzen ebenfalls stresst. In den Blättern wird diese Verbindung zunächst in das schädliche MVK umgewandelt - "wie wissen wir noch nicht genau", so Hansel. Dann hat aber wieder das Enzym seinen Einsatz und wandelt das MVK zum unschädlichen MEK um. "Da dieses Enzym in Pflanzen weltweit vorkommt, gehen wir davon aus, dass dieser Prozess global von großer Bedeutung ist", so Canaval in einer Aussendung.

Mit einem globalen Computermodell haben die Forscher die jährliche Produktion von Methylethylketon simuliert. Demnach wandeln die Pflanzen rund 1,5 Prozent des global emittierten Isopren um. "Mit rund 5,6 Millionen Tonnen weltweit ist dies die größte bekannte natürliche Quelle für Methylethylketon", so Canaval. Bestätigt wurde dies durch Messdaten aus Wäldern in Finnland und den USA.

Die Wissenschafter vermuten, dass dieser Entgiftungsprozess in Pflanzen eine der wichtigsten natürlichen Quellen für oxidierte flüchtige organische Verbindungen wie MEK in der Atmosphäre darstellt. Was genau dort mit Methylethylketon passiert, ist noch nicht klar. Es sei aber relativ langlebig, "gelangt dadurch in die obere Atmosphäre und kann dort in die Radikal-Chemie eingreifen", so Hansel.

Kommentare