Reparatur
„Ein tiefer Winterschlaf ist mit Kosten auf zellulärer Ebene verbunden“, erklärt Biologin Nowack, die derzeit an der Liverpool John Moores Uni arbeitet. Tiere, die bei milden Temperaturen überwintern, verbrauchen zwar mehr Energie als Tiere im Kühlmodus. Dafür halten die „heißen“ Typen längere Telomere aufrecht. Diese Schutzkappen an den Enden der Chromosomen gelten als Marker für die Alterung des Körpers. Coole Typen müssen die Telomerenlänge mit großem Energieaufwand wieder herstellen. Gelingt das nicht, stirbt die Zelle ab. Die Uhr tickt schneller, der Organismus wird anfällig für Krankheiten. Wildtiere mit Fettreserven verzichten daher auf eine radikale Absenkung der Körpertemperatur. „Es scheint sich um einen Kompromiss zwischen der Beibehaltung intakter Telomere, also eine Investition in das Überleben der Zellen, und der Maximierung der Energieeinsparung durch Winterschlaf bei niedriger Körpertemperatur zu handeln“, fasst Nowack die aktuellen Ergebnisse zusammen.
Effizient
„Im Prinzip ist der Winterschlaf die effizienteste Methode, um Energie zu sparen und damit gut über den Winter zu kommen“, weiß Eva Millesi, Leiterin des Departments für Verhaltensbiologie an der Uni Wien: „Die Mortalität ist gering.“ Tiere, die sich während der kalten Jahreszeiten in den Bau zurückziehen, leiden nicht unter dem witterungsbedingten Nahrungsmangel. Gleichzeitig sind sie in ihren Quartieren sicher vor Fressfeinden.
Auf Sparflamme
Doch die coole Phase, Torpor genannt (siehe unten), hat weitere Nebenwirkungen: In langen Intervallen von bis zu drei Wochen tut der Sparflammen-Stoffwechsel dem Gehirn nicht gut. Millesi konnte früher bei Zieseln zeigen, dass die Erdhörnchen nach dem Winterschlaf im Labor unter Gedächtnisverlust litten. Die wieder erwachten Nager fanden sich im Labyrinth nicht mehr so gut zurecht wie vor dem Winterschlaf. Die wach gebliebenen Tiere dagegen gelangten unverändert an ihre Leckerlis.
Ein großes Rätsel
„Wir vermuten, dass das Arousal (Aktivierung während des Winterschlafs, Anm.) das Risiko von Ausfällen reduzieren bzw. Schäden reparieren soll. Es ist aber noch ein großes Rätsel“, sagt die Biologin. Die kurzen Aufwärmphasen – die Körpertemperatur steigt auf 38C – verbrennen extrem viel Energie. Sie dauern zwölf bis 20 Stunden, dann fährt der Organismus wieder zurück. Je kälter es im Bau ist, desto länger sind die Torpor-Intervalle. Gegen Frühling wird die kaltblütige Inaktivität immer öfter von den wärmenden Traumphasen unterbrochen. Bis schließlich die innere Jahresuhr die Lebensgeister völlig weckt. Dann springt auch das Immunsystem wieder an. Die Triebe steuern Richtung Familienplanung ...
Jetzt ist aber Schlafenszeit.
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