Endlich Windelfrei: Mit diesen Tipps klappt die Sauberkeitserziehung
Rund 5.000 Windeln wechseln Mütter und Väter im Laufe des ersten Lebensjahres ihres Kindes. Kein Wunder, dass viele Eltern es irgendwann kaum mehr erwarten können, dass ihr Kind lernt, aufs Töpfchen zu gehen.
Bei der Umsetzung läuft nicht immer alles glatt.
Unsicherheiten gibt es oft schon bezüglich des richtigen Zeitpunkts. Wann ein Kind reif fürs Trockenwerden ist, ist unterschiedlich, weiß Andrea Hammerl (www.hammerleben.baby). Hammerl ist Windelfrei-Coachin und lebt und arbeitet im oberösterreichischen Nußdorf am Attersee.
Viele Eltern würden das Projekt "Windelfrei" etwas zu spät angehen: "Oft hört man, dass Kinder frühestens ab dem zweiten Geburtstag dafür bereit sind. Oder dass sie ihren Schließmuskel erst kontrollieren können, wenn sie Stiegensteigen können", sagt Hammerl. Dabei würden schon Säuglinge Urin und Stuhl bewusst abgeben.
Lernerfahrung stützen
Relevanter als körperlich-kognitive Faktoren seien kulturelle: "Wenn wir in einer Gesellschaft leben, in der wir Kinder von Geburt an in Wegwerfwindeln packen, dauert es naturgemäß länger, bis sie ihre Ausscheidungen spüren lernen", sagt die Expertin. Moderne, saugstarke Windeln seien in dieser Hinsicht Segen und Fluch zugleich: Sie werden vom Urin zwar kurz warm, ein echtes Nässegefühl entsteht aber nicht. "Das bedeutet, dass kein Signal an das Gehirn geschickt wird und das Kind das Urinieren nicht so mitbekommt. Es wahrzunehmen, muss erst gelernt werden."
Geringer ist der Lernaufwand, wenn mit Stoffwindeln gewickelt wird. "Darin nimmt das Kind seine Ausscheidungen bewusster wahr." Wobei man auch mit konventionellen Windeln achtsam wickeln könne: "Einfach immer wechseln, wenn etwas drinnen ist und nicht so spät wie möglich. Dann verknüpft das Kind Ausscheidungen mit einem Impuls."
Eine andere – von vielen Eltern als aufwändig wahrgenommene – Option ist das Abhalten. Babys können von Geburt an in der Wiegeposition über einem Töpfchen, dem Waschbecken oder der Toilette abgehalten werden. Den richtigen Zeitpunkt erkennen Mütter und Väter zum einen an Signalen, die ihr Kind schicken kann oder auch am Timing, wenn es häufig zu den gleichen Zeiten muss. "Auch das Abhalten ist keine Garantie, dass ein Kind früher trocken wird, aber das Körpergefühl wird unterstützt."
Hammerl plädiert jedenfalls für einen mehr oder minder altersunabhängigen Zugang: "Es gibt ein Zeitfenster, wo sich viele Kinder leichter tun beim Trockenwerden – zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat." Allerdings werde dieses nicht selten übersehen. Oft würden sich Kinder im Alter von eineinhalb Jahren zwar vehement gegen das Wickeln wehren. "Eltern übergehen das meist, weil sie ans Klogehen noch gar nicht denken."
Früh Hilfsmittel anschaffen
Hammerl rät, sich früh um hilfreiche Utensilien zu kümmern, ein Töpfchen, einen Aufsatz für die Toilette, Bücher oder Hörspiele zum Thema. Wesentlich sei, den Gang zur Toilette von Beginn an als etwas Natürliches im Familienalltag zu etablieren.
Viele Eltern hätten bei der Sauberkeitserziehung Angst etwas falsch zu machen, "machen deswegen lieber gar nichts und warten darauf, bis das Kind überdeutlich Bereitschaft signalisiert". Die Coachin rät sowohl von einem solchen abwartenden, als auch von einem rigiden Ansatz beim Töpfchen-Training ab: "Kinder sollten nicht aufs Klo gezwungen werden, das richtet mehr Schaden an, als es nützt." Empfehlenswert sei, das Angebot zu schaffen und das Kind das Tempo vorgeben zu lassen.
Nicht den Mut verlieren
Rückschritte und Frustrationsgefühle seitens der Eltern seien beim Sauberwerden normal: "Der Prozess dauert im Schnitt ein halbes Jahr. Manche werden von heute auf morgen trocken, manche brauchen ein ganzes Jahr." In dieser Zeit geht bei den meisten Kindern immer wieder etwas daneben oder in die Hose. "Das ist normal und sollte nie bestraft werden." Von übertriebenen Belohnungen nach geglückten Klogängen hält Hammerl ebenso wenig. Ein entspannter Zugang sei zentral: "Das Ausscheiden hat viel mit Loslassen zu tun und so hilft es beim Trockenwerden auch, wenn wir als Eltern entspannt sind."
Bis es nachts ohne Windel klappt, kann es länger dauern: "Man kann aktiv unterstützen und den Tag so gestalten, dass untertags ausreichend getrunken und nicht am Abend alles aufgeholt wird." Bis zum Vorschulalter sollte sich der Harndrang nachts reguliert haben. Braucht ein Fünfjähriger tagsüber noch Windeln, sei es sinnvoll, professionellen Rat einzuholen.
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