Neue Matura: Plötzlich wird Mathe zum interessanten Fach

Michael Eichmair hat den Doktor der Mathematik in Stanford (USA) gemacht, initiierte Schulprojekte wie „Mathematik macht Freu(n)de“ und gestaltet gemeinsam mit der „Beratungsgruppe Mathematik“ die neue Matura.
KURIER: Am Freitag wurde die erste Mathematura im neuen Design geschrieben. Waren die Aufgaben zu einfach? Oder war es eine faire Matura?
Michael Eichmair: Es war sicher eine faire Matura – das waren zumindest die Rückmeldungen, die ich bisher erhalten habe, wobei Fairness ein sehr subjektiver Begriff ist. Der Beratungsgruppe geht es darum, Mathematik für Schülerinnen und Schüler zugänglicher zu machen. Die Aufgaben sollen so formuliert sein, dass man rasch versteht, worum es geht und was von einem verlangt wird. Gegen den Vorwurf, diese Matura sei geschenkt, verwehre ich mich.
Hat sich die Mathematik-Didaktik geändert?
Nein, so etwas ist ein langfristiger Prozess. Was wir aber jetzt schon sehen: Der neue Prüfungsmodus fördert die Akzeptanz des Matheunterrichts bei der Schülerschaft. Sie hat plötzlich Interesse für die Teil-2-Aufgaben – nicht nur bei der Matura, sondern nach Aussagen vieler Lehrkräfte auch im Unterricht. Bei der Schularbeit im 2. Semester der 8. Klasse wurden diese Aufgaben bearbeitet und die jungen Menschen haben sich auch darauf vorbereitet. Schön, dass das aufgegangen ist.
Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Ein Grund ist bestimmt das neue Beurteilungsschema. Die vier Ausgleichspunkte, die man sich im Teil 2 sichern konnte, sind jetzt einfacher unmittelbar zugänglich: Die erste Aufgabe in dem Teil hat einen reduzierten Kontext, in der es vier unabhängig zu erreichende Punkte gibt. Wenn sie die lösen, schöpfen Schülerinnen und Schüler Selbstvertrauen, mit dem sie an die weiteren Aufgaben herangehen. Die bereit gestellten Übungsaufgaben wurden im Unterricht gut angenommen.
Warum ist es wichtig, dass Schülerinnen und Schüler Teil 2-Aufgaben lösen können?
Komplexe Aufgaben sind besonders geeignet, um den Stoff zu üben. Wenn man Klavier lernt, will man ja auch nicht nur die Tonleiter beherrschen, sondern eine Melodie spielen können. Um beim Bild zu bleiben: Wenn uns gelungen ist, dass die jungen Menschen mit Interesse beim Fach sind und nicht sofort zumachen, weil sie denken, sie können das eh nicht, ist das Musik in meinen Ohren.
Immer noch schneiden Schüler im Schnitt besser ab als Schülerinnen.
Wir wissen, dass dafür vor allem unterschiedlich ausgebildete Selbstkonzepte verantwortlich sind. Daran muss man als Gesellschaft man arbeiten. Wer sich mehr zutraut, macht bei der Matura auch mehr Punkte.
Ist der Mathematik-Lehrplan überladen? Sollten einige Themen nicht den Unis überlassen werden?
Im Lehrplan steht nichts, das ich für grundsätzlich überholt halte. Mein Wunsch: Eine Unterrichtsstunde pro Woche mehr für jede Klasse – in der nur geübt und kein neuer Stoff gelernt wird. Wo das nicht möglich ist, muss man priorisieren.
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