Stress als Auslöser für Alzheimer

Schätzungen zufolge sind 44 Millionen Menschen weltweit von Demenz betroffen
Führen Angst, Stress oder Trauer zu Alzheimer? Experten berichten beim Weltkongress der Neurologen in Wien, welche Faktoren die Krankheit auslösen können

Stress könnte ein möglicher Auslöser für eine Alzheimer Erkrankung sein. Das zumindest legen die Ergebnisse einer Studie nahe, die vom argentinischen Forscher Edgardo Reich (Buenos Aires) auf dem Weltkongress für Neurologie in Wien präsentiert wurde. Mehr als 8.000 Experten tauschen hier neueste Erkenntnisse aus ihrem Fachgebiet aus.

„Fast drei von vier Alzheimer-Patienten/-innen hatten in den zwei Jahren vor dem Auftreten von Symptomen unter schwerem emotionalem Stress, Trauer und Sorgen gelitten.”

Das Forscherteam untersuchte 118 Patienten mit einer diagnostizierten Alzheimer Erkrankung, ihr Durchschnittsalter betrug 73 Jahre. Im Schnitt waren zwischen der Diagnose und dem Auftreten von Symptomen 2,4 Jahre vergangen. Die Gruppe der Alzheimer-Patienten/-innen wurde mit einer Kontrollgruppe von 81 gesunden Personen verglichen, die bezüglich Alter, Geschlecht und Bildungsstatus vergleichbar waren. Beide Gruppen – oder Angehörige und Pflegende – wurden nach besonderem Stress oder Belastungen in den drei Jahren vor der Untersuchung bzw. der Alzheimer-Diagnose befragt. „Fast drei von vier Alzheimer-Patienten (72 Prozent) hatten in den zwei Jahren vor dem Auftreten von Symptomen unter schwerem emotionalem Stress, Trauer und Sorgen gelitten – dreimal so viele wie in der Kontrollgruppe, wo das nur auf 26 Prozent zutraf,” sagte Dr. Reich. Die häufigsten Belastungen waren der Tod eines Partners (24 Fälle), der Tod eines Kindes (15 Fälle), Gewalterfahrungen wie körperliche Angriffe oder Raubüberfälle (21 Fälle) oder Autounfälle (11 Fälle). Andere möglicherweise krankheitsauslösende Stressfaktoren waren finanzielle Probleme, ein Pensionsschock, Migrationsbedingte Anpassungsprobleme, ein schmerzlicher Verlust oder die Diagnose einer schweren Erkrankung bei Angehörigen.

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Stress könnte, diesen Ergebnissen zufolge, ein Auslöser für die ersten Symptome von Alzheimer sein. Ich schließe zwar aus, dass es sich hier um einen monokausalen Zusammenhang handelt, aber es gibt immer mehr wissenschaftliche Evidenz dafür, dass Stress einen degenerativen Prozess im Gehirn auslösen und Dysfunktionen des Immunsystems und des neuroendokrinen Systems vorangehen kann“, so Reich. „Dies sind vorläufige Ergebnisse und belegen keine Kausalität, wir brauchen weitere Studien, um diese Zusammenhänge detaillierter zu durchleuchten.

Parkinsonpatienten/-innen scheinen krankheitsbedingt anderen Menschen weniger Vertrauen entgegenzubringen als Gesunde. Risikofreudig sind sie aber trotzdem, so eine österreichischen Studie, die ebenso auf dem Kongress präsentiert wurde. "Genau jene Hirnareale, die für Vertrauen zuständig wären, sind durch die Krankheit beeinträchtigt: die Basalganglien des Großhirns, der frontale Cortex und das limbische System. Außerdem werden Dopamin und Serotonin im Falle von Parkinson reduziert ausgeschüttet – also jene Neurotransmitter, die sich positiv auf die Vertrauensfähigkeit auswirken. Die Vermutung liegt nahe, dass viele neuropsychiatrische Probleme der Betroffenen mit übermäßigem, krankheitsbedingtem Misstrauen zusammenhängen“, erklärte Studienautor Dr. Andrija Javor (AKH Linz). Um die Hypothese vom fehlenden Vertrauen zu überprüfen, wurde das Verhalten von zehn weiblichen und zehn männliche Parkinson-Patienten/-innen mit Dopamin-Medikation und leicht fortgeschrittener Erkrankung mithilfe eines Computerspiels untersucht und mit dem Verhalten von 20 gesunden Kontrollpersonen verglichen. Die Parkinson-Patienten waren dabei deutlich zurückhaltender als die gesunden Probanden. Bei einem späteren Würfelspiel zeigten sich hingegen die Kranken als risikofreudiger. Auch wenn noch vertiefende Studien nötig sind, tragen bereits die aktuellen Studienergebnisse zu einem besseren Verständnis für die Probleme von Parkinsonkranken bei.

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