Sozialverhalten und Lebensgeschichte hängen zusammen
Rob Salguero-Gómez von der Universität Oxford wollte nun wissen, ob es einen Zusammenhang zwischen der Sozialität von Spezies und ihrer Demografie gibt. Dafür analysierte der Evolutionsökologe jede Menge Informationen aus einer frei zugänglichen Datenbank, bereinigte die Zahlen und spannte – erstmals – einen Bogen von Affen bis zur Qualle. Ein Fazit: Je sozialer eine Art ist, desto älter werden ihre Individuen im Schnitt. Die Pre-Studie wurde kürzlich im Fachjournal der Royal Society of London veröffentlicht.
Bisher konzentrierte sich die Forschung über die Vor- und Nachteile von sozialem Verhalten auf einzelne Spezies bzw. Gruppen.
Forscher berücksichtigt fünf Lebensweisen
Die aktuelle Arbeit schließt 152 Arten aus 13 taxonomischen Klassen ein, darunter Vögel, Insekten und Korallen. Außerdem teilte der Wissenschaftler die Tiere nach Lebensstil in fünf Kategorien; sozial versus asozial reichte ihm nicht:
- Sozial: Eng verbundene Individuen, die stabile, organisierte Gruppen bilden und sich z.B. an kooperativer Brutpflege und hierarchischen Strukturen beteiligen, stufte er als „Social“ ein. Elefanten, Erdmännchen, Wölfe und Menschen zählen dazu.
- Kolonial: Als „Colonial“ befand Salguero-Gómez Tiere, die in unmittelbarer Nähe leben und sich immer einen gemeinsamen Nistplatz bzw. Aufenthaltsort teilen. Beispiele sind der Schwarzbrauenalbatros und der Rüsselkäfer Scolytus ventralis.
- Gemeinschaftlich: Den Kapgeier wiederum sortierte der Biologe in die Kategorie „Communal“, denn die Greifvögel nisten meist in unmittelbarer Nachbarschaft, helfen einander aber nicht mit der Brut. Dasselbe gilt für Purpurschwalben. Leuchtquallen schwärmen ebenso gemeinsam.
- Gesellig: Schafe dagegen, die Herden bilden, sozial aber nur locker interagieren, wertete er als „Gregarious“. Die Nutztiere finden sich damit in bester Gesellschaft mit der Muschel Yolida notabilis.
- Einzelgängerisch: Mit „Solitary“ bezeichnete der a.o. Professor Individualisten, die Kontakte einzig zur Fortpflanzung pflegen. Tiger, Nilkrokodil und die Unechte Karettschildkröte – siehe oben – legen im Alltag keinen Wert auf Ihresgleichen.
Ergebnisse aus der Studie aus Oxford
Nachdem Salguero-Gómez Arten, Merkmale und Kategorien verknüpft hatte, kam er nicht nur zu dem Schluss, dass die Meister im Sozialverhalten in der Regel am längsten leben. Er stellte zudem fest: „dass sich bei ihnen die Geschlechtsreife hinauszögert, sie eine längere Generationenzeit (Intervall zwischen eigener Geburt und jener der Nachkommen, Anm.) aufweisen und sie sich mit höhere Wahrscheinlichkeit fortpflanzen als einzelgängerische, gesellige, gemeinschaftliche und koloniale Spezies“.
Mehr Nutzen in der Gruppe als Kosten
Die Kosten-Nutzen-Rechnung in der Gruppendynamik fiel positiv aus. Im Team lassen sich Ressourcen besser erschließen und verteilen. Mit Verbündeten an der Seite gelingt die Abwehr von Fressfeinden besser. Wer sich die Arbeit mit den Nachwuchs aufteilt, profitiert.
Gemeinschaft kann Leben auch verkürzen
Die Nachteile der tierischen Gemeinschaft wogen weniger schwer: Krankheiten breiten sich bei engem Kontakt rasch aus. Rivalität und Konflikte in der Gruppe verursachen Stress und können das Dasein verkürzen.
Rob Salguero-Gómez resümiert jedenfalls: „Soziale Arten können sich nicht unbedingt an schnell verändernde Umstände anpassen, als Gruppe sind sie aber oft widerstandsfähiger.“
Die Meeresschildkröten bestätigen als eine der Ausnahmen – weitere Studien müssen folgen – die Regel. Ihre Vorfahren paddelten bereits als Singles neben Sauriern. Gerät Caretta Caretta heute nicht in die Fänge des Menschen, kann sie ihre Lebenserwartung von 60 Jahren voll ausschöpfen
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