Die Lebenserwartung ist ein Hund. „Allein bei den Wirbeltieren gibt es enorme Unterschiede. Menschen können theoretisch 122 Jahre erreichen, Mäuse werden zwei Jahre, bestimmte Wale bis zu 210“, weiß Ulrich Technau. Der Professor am Department für Neurowissenschaften und Entwicklungsbiologie der Uni Wien verweist zur Erklärung zunächst auf die Gene: Leben ent- und besteht durch Zellteilung. Bei jeder Verdoppelung gehen potenziell Informationen verloren, an den Enden der Chromosomen schleichen sich Fehler ein. Nicht alle können repariert werden.
Mutationen in der DNA verursachen mitunter tödliche Krankheiten. Das Altern ist letztlich unaufhaltsam. Doch manche Spezies hält besser dagegen als andere: Wale z. B. schützt ihr langsamer Stoffwechsel vor Krebs. Axolotls aktivieren die Selbstheilung an verschiedenen Zelltypen und lassen damit gar Gliedmaßen nachwachsen.
„Die Umwelt spielt ebenfalls eine große Rolle“, nennt Technau einen weiteren Faktor, der die biologische Uhr beeinflusst. Arten, die am Ende der Nahrungskette stehen, können das Maximalalter eher erreichen als leichte Beute. Löwen etwa haben zwar keine Fressfeinde, die Raubkatzen sind allerdings anderen Gefahren ausgesetzt. Machtkämpfe untereinander schwächen, und Schwäche macht anfällig für Leiden. Vielerorts wiederum stören Verbauung, Landwirtschaft und Klimawandel den natürlichen Kreislauf. Ein nahezu ewiges Leben scheint den wenigsten beschieden: Glasschwämme im Golf von Mexiko bringen es auf 11.500 Jahre, Tiefsee-Korallen auf mindestens 4.200.
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„Tiere in menschlicher Obhut werden älter als in Freiheit“, geht Technau zur individuellen Biografie über. Sie fressen gesünder und können medizinisch versorgt werden. So trauerte kürzlich der Zoo von Barcelona um Pedro. Das Südliche Breitmaulnashorn zeigte sich als Jüngling seit 1972 Besuchern, in Afrika trabten im 19. Jahrhundert zeitweise weniger als 100 wilde Artgenossen; v. a. Bejagung bedrohte ihre Existenz.
„Es gibt einen gewissen Zusammenhang zwischen der sexuellen Reproduktion und der Mortalität“, führt Technau aus. Dabei tritt nicht immer ab, wer bereits für Nachwuchs gesorgt hat. Bei Elefanten z. B. kümmern sich auch die Großmütter um die Jungtiere, während sich die geschlechtsreifen Weibchen weiter fortpflanzen. Der Generationenvertrag gilt im Übrigen genau so bei Menschen. Technau, der aktuell die Stammzellen uralter Nesseltiere ergründet, schließt: „In der Altersforschung wird an vielen Schrauben gearbeitet, in Wahrheit ist es die Gesamtheit, die es ausmacht.“
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