Tiercoach: Warum Katzen nicht vegetarisch ernährt werden können

Eine rote Katze schnuppert an Fleischhäppchen.
Eine pflanzliche Ernährung soll für die Fleischfresser gesünder sein, legt eine Studie nahe. Heimische Expertinnen argumentieren dagegen

Hungrige Streuner jagen Mäuse, Vögel, Fische oder auch Insekten und kleine Reptilien. Ihre Beute verputzen sie mit Haut und Haar; Innereien, Mageninhalt, Knochen inklusive. Die tierische Kost deckt ihren gesamten Nährstoffbedarf.

Stubentiger dagegen bekommen als Kompromiss in der Regel Rind, Huhn, Kaninchen, Wild und Fisch in den Napf. Die meisten Futtermittelerzeuger achten mittlerweile genau auf eine ausgewogene Zusammensetzung.

Eine rein vegetarische bzw. veganen Ernährung der Fleischfresser wurde kontrovers diskutiert.

Jetzt liefert eine Studie der britischen Universität von Winchester Tierschützern Argumente. Heimische Expertinnen halten dagegen.

Für ihre Online-Studie werteten Andrew Knight, Professor für Tierschutz und Ethik, und sein Team Daten von mehr als 1.350 Katzen aus. Sie fragten Besitzer via Forschungsplattform nach der Art der Fütterung im vorangegangenen Jahr, erhoben Geschlecht, Alter und Kastrationsstatus des Vierbeiners, ließen die Halter die Gesundheit ihres Schützlings einschätzen und bezogen die Anzahl der Tierarztbesuche und die Medikamentengabe ein.

Ihr Fazit im Fachmagazin Plos: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Katzen, die eine ernährungsphysiologisch gesunde vegane Ernährung erhalten, insgesamt gesünder sein können als Katzen, die eine fleischbasierte Ernährung erhalten.“

Einschätzung war subjektiv

„Die Studie hat Schwächen“, bemängelt Stefanie Handl von der „Futterambulanz“ zunächst den methodischen Ansatz. Die Tierärztin – viele Jahre am Institut für Tierernährung der Vetmeduni Wien tätig – kritisiert, dass Details zur Fütterung fehlen.

Weder wurde erfasst, ob und wie der vegane Speiseplan mit Ergänzungsmitteln aufgepeppt wurde, noch wurde die Expertise der behandelnden Mediziner einbezogen. „Man darf nicht schließen, dass eine Katze, die nur selten zum Arzt gebracht wird, tatsächlich gesünder ist als ein Tier, das mindestens ein Mal jährlichen zum Routinecheck vorgestellt wird“, sagt Handl. Manch überzeugter Veganer könnte es eventuell mit der Vorsorge nicht so genau genommen haben; nicht zuletzt um seinem Liebling den Stress in der Ordination zu ersparen.

Darüber hinaus fehlen Langzeitdaten. Mängel an lebenswichtigen Vitaminen, Elektrolyten, Mineralstoffen oder Fetten verursachen erst auf Dauer Schäden. Selbst wenn die Blutwerte noch im Normbereich liegen, kann die Gesundheit bereits leiden. Die subjektive Diagnose des Halters ist kein verlässliches Maß für die tatsächliche Fitness.

Manche Nährstoffe können nicht ersetzt werden

„Katzen brauchen Proteine und die darin enthaltenen essenziellen Aminosäuren“, sagt KURIER-Tiercoach Katharina Reitl, Zoodoc in der Ordination Tiergarten Schönbrunn. Kommt es zu einer ständigen Unterversorgung etwa mit Taurin, das nur in Muskelfleisch und Innereien vorkommt, drohen Herz-Muskel-Entzündungen oder Augenprobleme. Eiweißmangel schwächt die körpereigene Immunabwehr, zu wenig Kalzium wiederum macht Knochen brüchig.

„Für Vitamin A, das in Pflanzen nicht vorkommt, gibt es synthetische Alternativen“, sagt Handl. Andere Nährstoffe lassen sich nicht gleichwertig ersetzen. Auch die Berechnung, was das Individuum täglich zusätzlich zum Grünzeug fressen muss, ist für Laien kaum zu bewerkstelligen.

Ohne einschlägige Beratung sind bei Katzen – anders als beim Allesfresser Hund – Erkrankungen nahezu vorprogrammiert.

Die Qualität von veganen Produkten aus den USA ließ in Untersuchungen zu wünschen übrig.

Vegetarier sollten Kaninchen halten

„Katzen pflanzlich zu ernähren, ist nicht artgerecht, die Philosophie dahinter fragwürdig“, sind beide Expertinnen einig. Wer Tiere aus ethischen Gründen nicht nutzen will, sollte auf Fellfreunde verzichten oder zumindest auf Pflanzenfresser wie Kaninchen, Fisch oder Schildkröte ausweichen.

Wer Fleisch synthetisch ersetzt, unterwandert das rein Vegane und muss teils auf Importe vom anderen Ende der Welt zurückgreifen. Gleichzeitig „wird etwa die Hälfte jedes Schlachtkörpers nicht für den menschlichen Verzehr genutzt“, weiß Reitl. Was abfällt, wird zu Dosenfutter verarbeitet.

Die alternative Ernährung mit Insekten, die mit hohem Aufwand, aber ohne das Leid der Massentierhaltung bereitgestellt werden, ist derzeit eine Nische.

Andrew Knight räumt in seiner Studie übrigens ein, dass der Vorteil veganer Ernährung nicht in allen Punkten eindeutig ausfiel.

Fragen an den KURIER-Tiercoach: tiercoach@kurier.at

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