Warum für Raucher das Aufhören jetzt schwieriger wird

Generelle Rauchverbote erleichtern das Aufhören.
Rücknahme des totalen Verbots in der Gastronomie erhöht Akzeptanz des Rauchens als "Normalzustand".

"Rauchen ist Mist, aufhören ist auch Mist." Dieses Zitat eines Aufhörwilligen bringt für Sophie Meingassner die Problematik auf den Punkt: "Raucher, die aussteigen wollen, sind nicht wie chirurgische Patienten, denen es nach der Operation besser geht. Ihre Sucht bringt ihnen ja – aus ihrer Sicht – viele Vorteile, denen die anfänglichen Entbehrungen beim Aufhören gegenüberstehen." Die Rücknahme eines generellen Rauchverbots in der Gastronomie erhöhe deshalb nicht nur das Risiko, dass junge Menschen zu rauchen beginnen – "es erschwert auch den Ausstieg für Aufhörwillige".

Die Gesundheitspsychologin ist die fachliche Leiterin des "Rauchfrei Telefon" (siehe auch Grafik). Es wird von der NÖ-Gebietskrankenkasse betrieben und ist eine Initiative von 25 Partnern. Neben den Sozialversicherungsträgern sind dies auch alle Länder und das Gesundheitsministerium. Rund 1000 Anrufe gibt es pro Monat (eine Vervierfachung, seit die Nummer auf jeder Zigarettenpackung aufgedruckt ist). Ein Team von Gesundheitspsychologinnen führt täglich 30 bis 40 Gespräche mit Rauchern, die von der Zigarette loskommen wollen.

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Warum für Raucher das Aufhören jetzt schwieriger wird
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Rund die Hälfte der Rauchenden überlegt, aufzuhören. "Viele sind sehr unzufrieden mit ihrem Verhalten, trauen sich das Aufhören aber nicht zu oder haben Angst vor Entzugserscheinungen. Hier können wir mit unserer telefonischen Beratung helfen. So gibt es gute Strategien gegen Verlangensattacken – man muss nur vorbereitet sein." Ex-Raucher seien vor allem in der ersten Phase nach dem Aufhören vielen Versuchungen zum Rückfall ausgesetzt, sagt Meingassner. "Die soziale Norm – wie stark Rauchen in der Gesellschaft akzeptiert ist oder nicht – bestimmt mit, wie stark der Wunsch des Aufhörens ist und auch die Motivation der Aufhörwilligen."

Keine Versuchung

Rauchfreie Lokale helfen beim Ausstieg – "weil es da zu keiner Versuchung kommt und sich die Frage es Rauchens nicht stellt ". Solange aber Rauchen in einer Gesellschaft als "Normalzustand" gesehen werde, sei auch die Motivation für einen Ausstieg geringer: "Noch dazu, wenn Zigaretten viel leichter verfügbar sind als zum Beispiel Wasser aus öffentlichen Spendern."

Generell hätten praktisch alle Krankenversicherungsträger sehr gute ambulante Angebote zur Raucherentwöhnung – in der Regel sind es mehrwöchige Gesprächsgruppen. Auch mehrere stationäre Entwöhnprogramme für stark Abhängige gibt es – etwa am Josefhof (Versicherungsanstalt Eisenbahn und Bergbau) in Graz.

Stärker als Risikofaktor thematisieren

"Es ist ein wichtiger erster Schritt, wenn ein Arzt sagt, ,Hören Sie mit dem Rauchen auf‘", so Meingassner: "Aber das reicht oft nicht aus. Und niedergelassene Ärzte können nur in sehr begrenztem Ausmaß eine Ausstiegsberatung auf Kassenkosten durchführen." Auch in den Krankenhäusern wären Angebote zur Raucherentwöhnung wichtig. In vielen Ländern – etwa in Skandinavien – werde im Gesundheitssystem Rauchen viel stärker als Risikofaktor thematisiert: "Diabetikern etwa wird dann viel deutlicher zum Ausstieg geraten als bei uns."

Und Meingassner betont: "Rauchen hat selten etwas mit Freiheit zu tun – sondern meist mit Abhängigkeit."

Erfahrungen. Generelle Rauchverbote in allen öffentlichen Räumen sind extrem wirksam. „In Schottland nahmen die Herzinfarkte durch das Rauchverbot um 17 Prozent ab, was zu zwei Drittel auf Nichtraucher – die keinem Passivrauch mehr ausgesetzt sind – zurückzuführen ist“, sagt der Mediziner Manfred Neuberger von der Initiative „Ärzte gegen Raucherschäden“.

In Irland, das schon 2004 das generelle Rauchverbot eingeführt hat, nahmen Spitalsaufnahmen wegen verengter Herzkranzgefäße in den Jahren danach kontinuierlich ab, sagt Neuberger. Ähnliches zeigte sich in Argentinien (minus 13 Prozent) und Uruguay (minus 17 Prozent). „Teilweise Rauchverbote wie in Österreich haben hingegen keine Wirkung.“ Mit einem generellen Rauchverbot in der Gastronomie könnten in Österreich jährlich 3000 Herzinfarkte verhindert werden.

Heftige Kritik an den Planen, das totale Gastro-Rauchverbot aufzuheben, kam Mittwoch auch von den Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgen: Nikotinkonsum sei die häufigste Einzelursache für bösartige Tumore im Bereich der Lunge und auch im Kopf-Halsbereich: „Wir müssen jede Woche Menschen faustgroße Löcher in das Gesicht schneiden, um von Rauchen verursachte Tumoren im Bereich der Mundhöhle, Zunge und Lippe zu entfernen.“

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