Knoten in der Schilddrüse: Neues Verfahren statt Operation

Harald Dobnig gilt als Pionier der Radiofrequenzablation im deutschsprachigen Raum. Der Knoten wird mit einer Sonde erhitzt und zerstört
Die Methode lässt gutartige Knoten schrumpfen - sie werden verödet. Komplikationen gibt es kaum.

Etwa jeder Dritte hat Knoten in der Schilddrüse, ab 55 Jahren sogar jeder Zweite. Viele lassen sich das meist gutartige Gewebe entfernen. Von den rund 9.000 Schilddrüsenoperationen jährlich könnte ein erheblicher Teil aber durch ein neues Verfahren ersetzt werden, wie Experten bei einer Pressekonferenz in Wien mitteilten. „Rund 800 der Operationen sind aufgrund eines bösartigen Tumors unbedingt notwendig. Die meisten legen sich aber wegen gutartiger Knoten unters Messer“, sagte Alois Gessl, Leiter der Schilddrüsenambulanz im AKH Wien.

Thermisch zerstört

Auf einen notwendigen Eingriff wegen eines Schilddrüsenkarzinoms kommen 15 wegen gutartiger Knoten. In den USA beträgt diese Relation laut Gessl bereits eins zu eins. Das neue Verfahren, die Radiofrequenzablation, soll das Verhältnis in Österreich ändern. Dabei wird eine ein Millimeter dicke Sonde unter lokaler Betäubung in den Knoten eingeführt und dieser mittels Hochfrequenzwellen auf 60 bis 100 Grad Celsius erhitzt. „Der Knoten wird thermisch zerstört, das Schilddrüsengewebe bleibt maximal erhalten“, erklärte Harald Dobnig, der in Graz ein Schilddrüseninstitut betreibt und in Österreich als Pionier des Verfahrens gilt.

Knoten in der Schilddrüse: Neues Verfahren statt Operation

Im Schnitt schrumpfen Knoten durch  das Veröden um 80 Prozent.

Vom Körper abgebaut

„In den Wochen nach dem Eingriff baut der Körper das zerstörte Eiweiß selbstständig ab und lässt den Knoten deutlich schrumpfen“, sagte Dobnig. Die Vorteile gegenüber der Operation: kein Narkoserisiko, keine Narbe am Hals, geringeres Risiko für eine Stimmbandlähmung, weniger Schmerzen.

Der Mediziner brachte die Radiofrequenzablation, die in Südkorea entwickelt wurde, 2014 erstmals in den deutschsprachigen Raum. Seither verödete er die Knoten von 440 Patienten. Eine Studie, die er aktuell in der international renommierten Fachzeitschrift Thyroid veröffentlichte, zeigt: Nach drei Monaten waren die Knoten im Schnitt um 68 Prozent geschrumpft, nach zwölf Monaten sogar um 82 Prozent. 83 Prozent der Patienten hatten keine Komplikationen. Bei 13 Prozent waren diese minimal – etwa Blutergüsse, Nackensteifheit oder Schluckbeschwerden. Die von vielen gefürchtete Stimmbandlähmung trat kaum und wenn nur vorübergehend auf. Sie ist einer der Gründe, weshalb sich Patienten vor Eingriffen an der Schilddrüse scheuen, insbesondere, wenn sie die Stimme beruflich benötigen wie Lehrer oder Schauspieler.

Prominente Patientin

Schauspielerin Aglaia Szyszkowitz, prominente Patientin von Dobnig, erzählte bei der Pressekonferenz von ebendieser Angst. „Viele Jahre habe ich verdrängt, dass ich einen Knoten in der Schilddrüse habe und eine Operation aufgrund der möglichen Risiken abgelehnt. Immer wieder fand ich einen Vorwand“, sagte Szyszkowitz. Im Frühjahr entschloss sie sich für die Verödung des Knotens – er ist heute bedeutend kleiner.

Die Kosten für die Radiofrequenzablation betragen ca. 2300 Euro und werden von manchen Kassen derzeit nur zu einem Teil refundiert (ca. 300 Euro). An einer österreichweiten Lösung werde laut Dobnig gearbeitet. Drei weitere Ärzte bieten den etwa 30-minütigen Eingriff an – in Linz, Telfs und eben Graz, alle wurden von Dobnig geschult. Auch in Wien soll die Methode bald angeboten werden. Langzeitdaten zu dem Verfahren fehlen noch.

Knoten in der Schilddrüse: Neues Verfahren statt Operation

Aglaia Szyszkowitz ist prominente Patientin von Harald Dobnig.

Weitere Verfahren

Operation
Entfernt wird entweder einer oder beide Lappen der Schilddrüse. Je nach Ausmaß müssen danach Hormone eingenommen werden.

Radiojodtherapie
Radioaktives Jod gelangt  in die Schilddrüse. Die Zellen heißer Knoten nehmen es auf und werden zerstört. Gesundes Gewebe wird nicht geschädigt.

Alkoholablation
Bei zystischen Knoten, gefüllt mit Flüssigkeit, wird diese abgesaugt und Alkohol injiziert. Der Knoten wird verödet. Das Verfahren ist wie die Radioablation eher neu.

"Heiß" versus "kalt"

Kalte Knoten bilden wenige oder gar keine Hormone, heiße Knoten produzieren hingegen zu viel Schilddrüsenhormon. Selten entwickeln sich  kalte Knoten zu einem Karzinom.  Ursachen für Knoten sind meist genetische Veranlagung sowie ein Jodmangel. Ein Grund dafür ist niedriger Salzkonsum. Symptome sind häufig Heiserkeit, Schluckbeschwerden, Druckgefühl und kosmetische Veränderungen, die den Alltag deutlich beeinträchtigen.

 

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