Maßgeblich ist nun die Delta-Variante, bei der ein Infizierter im Schnitt fünf bis acht weitere Personen ansteckt – zum Vergleich: Bei der Ursprungsvariante aus Wuhan waren es im Schnitt zwei Personen, die von einer infiziert wurden.
Die höhere Infektiösität des Virus erhöhe jedes Mal die Reproduktionszahl und treibe so den Herdenschutz in die Höhe, meint auch Eva Schernhammer, Epidemiologin an der MedUni Wien. „Unsicher ist, wie hoch diese Zahl jetzt wirklich sein soll, aber unterm Strich bleibt, dass man immer mehr Menschen impfen muss und in einen Bereich kommt, wo das derzeit aufgrund fehlender Impfungen für Kinder unter zwölf Jahren gar nicht möglich ist“, sagt Schernhammer. Derzeit werden einige Impfstoffe bei Kindern getestet, bisher ist in der EU allerdings nur ein Impfstoff, jener von Biontech/Pfizer, und nur für 12- bis 15-Jährige zugelassen.
Schernhammer betont, dass Herdenimmunität möglicherweise gar nicht das Ziel sein müsste. Vielmehr sollten möglichst Viele geimpft werden, andere werden durch eine Erkrankung Immunität erlangen. „Diese Mischung aus Geimpften und dann selbst Erkrankten, wird hoffentlich dazu führen, dass sich eher Personen anstecken, die ein relativ geringes Risiko für eine schwere Erkrankung haben.“
Virus wird nicht verschwinden
Eine Ausrottung des Virus ist mittlerweile aus der Sicht vieler Experten unrealistisch. Auch Epidemiologin Schernhammer geht davon aus, dass SARS-CoV-2-Viren immer weiter auf der Welt zirkulieren werden. „Bis jetzt ist es mit den Pocken erst ein einziges Mal gelungen, ein Virus auszurotten. Dass Covid-19 verschwindet, halte ich für illusorisch, aber man kann es in den Griff bekommen.“ In manchen Ländern werde das besser gelingen als in anderen. „Ein Szenario wird sein, dass man sich bewusst sein muss, wenn man in bestimmte Gegenden reist, man mehr mit dem Virus konfrontiert sein wird als in Österreich“, sagt Schernhammer. Sie hält etwa Reisewarnungen für Gebiete mit niedriger Immunität für wahrscheinlich.
Hoffnung auf nur mehr kleinere Ausbrüche
Immunologe Watzl sieht trotz der angestrebten 85 Prozent auch eine Impfquote von 60 bis 70 Prozent als große Hilfe an, um die Pandemie zu bekämpfen. „Die Hoffnung ist, dass es dann nur noch zu kleineren Ausbrüchen kommt, die keine Lockdown-Maßnahmen mehr erfordern.“ Menschen, die nicht geimpft werden können, dies nicht wollen oder bei denen die Impfung aus Gründen wie Alter oder Erkrankung nicht so gut anspricht, würden sich dann am ehesten infizieren. Schernhammer: „Wenn wir nicht ständig mit Masken und Social Distancing leben möchten, wird es schwierig sein zu vermeiden, dass sich Ungeimpfte infizieren. Wer sich impfen lassen kann, sollte der Empfehlung dazu folgen.“
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