Demnach neigen Menschen, die an ihren freien Tagen ordentlich ausschlafen, seltener zu depressiven Symptomen – Antriebsverlust, Reizbarkeit, Appetitlosigkeit oder Angstgefühlen etwa. Ausgewertet wurden Daten von über 7.700 Personen, die im Zuge der "National Health and Nutrition Examination Survey", einer großen US-Gesundheitsstudie, Angaben zu Wohlbefinden und Schlafverhalten machten. Die Wahrscheinlichkeit für Depressionen war bei den ausgeschlafenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern um rund 40 Prozent geringer. Kausale Schlüsse lassen sich daraus nicht ableiten, betonen die Forschenden. So sei es zwar denkbar, dass die nachgeholte Nachtruhe tatsächlich Depressionen ausbremst. Plausibel erscheint aber auch, dass psychisch stabile Menschen besser in der Lage sind, sich an Wochenenden Zeit zum Ausschlafen freizuschaufeln.
Aufstehen nach Lust und Laune
Zur Vorsicht bei der Interpretation mahnt auch Schlafforscherin Brigitte Holzinger. An Wochentagen und Wochenenden komplett kontrastierende Schlafroutinen zu pflegen, sei nicht ratsam. "In Studien hat sich gezeigt, dass Menschen, die am Wochenende beträchtlich länger schlafen, beispielsweise bis in die Mittagsstunden hinein, eher zu Stoffwechselerkrankungen neigen", erklärt die Somnologin vom Institut für Bewusstseins- und Traumforschung und der MedUni Wien. Es sei anzunehmen, dass derartige "Rhythmus-Irritationen", wie Holzinger es nennt, auch mental belasten.
Fakt sei aber: "Die allermeisten Menschen sammeln von Montag bis Freitag ein gewisses Schlafdefizit." Samstags und sonntags das Gefühl zu haben, sich keinen Wecker stellen zu müssen und geringfügig (unter zwei Stunden) länger liegen zu bleiben, könne der Stimmung sehr wohl zuträglich sein. Aufzustehen, wann man aufstehen will, "ist ein Riesenluxus", bringt es Holzinger auf den Punkt.
Schlaf als bedeutender Parameter für die Gesundheit
Inzwischen weiß man: Schlaf steht nicht nur mit der körperlichen, sondern auch mit der psychischen Vitalität in engem Wechselspiel. Menschen mit psychischen Problemen fällt das Ein- und Durchschlafen – oftmals auch das Aufstehen – schwer. "Nicht nur bei Depressionen, auch bei Angststörungen oder Sucht-Erkrankungen kommt es häufig zu Schlafstörungen", sagt Holzinger. Bei Betroffenen zerfalle die Tagesstruktur – "bei der Therapie ist es das Um und Auf, diese wiederherzustellen". Gleichzeitig erhöhen anhaltende Schlafprobleme das Risiko überhaupt erst psychisch zu erkranken.
Warum das so ist, ist nach wie vor rätselhaft. Forschungen legen unter anderem nahe, dass im Schlaf das menschliche Gehirn ausgemistet wird. Schädliche Stoffwechselprodukte werden abtransportiert. Holzinger betont darüber hinaus die Bedeutung der inneren Uhr fürs Gemüt: "Wird die innere Uhr regelmäßig gepflegt, profitiert die Psyche." Der Mensch lebt in einem konstanten Rhythmus. Die innere Uhr liefert dafür den Takt und steuert beispielsweise die Ausschüttung des Hormons Melatonin, die Körpertemperatur, den Blutdruck und den Stoffwechsel. "Es lohnt sich, das Leben möglichst danach auszurichten." Etwa tagsüber Licht zu tanken und abends in einem abgedunkelten Zimmer einzuschlafen, feste Einschlafrituale und -zeiten zu verfolgen. Und eben auch zur annähernd selben Tageszeit aufzustehen.
Von einem guten Morgen träumen
"Ein dauerhafter Schlafmangel macht jedenfalls nicht gesünder", summiert Holzinger. Doch wie viel Schlaf ist eigentlich genug? "Wir reden von sieben bis neun Stunden, Frauen brauchen tendenziell etwas mehr als Männer", rechnet Holzinger vor. Jüngere Menschen schlafen in der Regel mehr, bei älteren reduziert sich die Schlafdauer um bis zu zwei Stunden, auch der für die körperliche Regeneration wichtige Tiefschlaf nimmt ab. Mehr sei beim Schlaf keinesfalls mehr Wert: "Wenn man zehn Stunden oder mehr schläft, wacht man eher gerädert als erholt auf."
Eine besondere Kraft liegt im letzten Drittel der Nacht: "In dieser Phase verbringen wir besonders viel Zeit im REM-Schlaf, der mit intensivem Träumen assoziiert wird." Inzwischen würden sich Hinweise mehren, dass "durch das Träumen die Emotionsregulation positiv beeinflusst, also die Gefühlsbalance wiederhergestellt wird".
Wochentags verlorene Schlummerstunden an den freien Tagen im großen Stil nachzuholen, sei jedenfalls nur bedingt sinnvoll. "Man muss wohl am Ende abwägen – zwischen dem abendlichen Versäumen und der Vorfreude aufs Träumen." Letzteres mache einen guten Start in den Morgen "wahrscheinlicher".
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