Bis zu 30 Grad Anfang April: Was macht das mit dem Körper?
Auf bis zu 30 Grad sollen die Thermometer in weiten Teilen des Landes am Wochenende klettern. Für die Jahreszeit ist das ungewöhnlich. Und der warme Wetterwechsel kommt plötzlich. Mit solchen Wetterumschwüngen machen meist auch Klagen über Kopfschmerzen, Müdigkeit und Kreislaufprobleme die Runde – klassische Wetterfühligkeitssymptome.
Sie werden nicht selten als Einbildung abgetan. "Zu Unrecht", wie Andreas Matzarakis betont. "Wetterfühligkeit ist kein Mythos", führt der deutsche Biometeorologe aus. Aber: "Nicht alle Menschen reagieren gleich sensibel auf Wetteränderungen."
Generell hänge das Befinden von diversen Faktoren ab: dem allgemeinen Gesundheitszustand, der Schlafqualität und -quantität, etwaigen Vorerkrankungen, hormonellen Schwankungen, der Ernährung und dem Stresslevel. "Ein weiterer relevanter Faktor sind die Umweltbedingungen."
Das Wetter lässt niemanden kalt
Unterscheiden müsse man auch zwischen verschiedenen Arten der Wetteränderung. "Zum einen gibt es saisonale Änderungen im Zuge der Jahreszeiten, die die allgemeine Befindlichkeit beeinflussen." So könne beispielsweise der Frühlingsbeginn mit Müdigkeits- oder Mattigkeitsgefühlen einhergehen. Zum anderen kommen Änderungen innerhalb der Witterung vor, etwa, wenn ein Hoch- ein Tiefdruckgebiet ablöst, oder umgekehrt. Das fordert die Anpassungsmechanismen des Körpers. Davon abzugrenzen sind wiederum Wetteränderungen, die binnen weniger Stunden oder eines Tages auftreten: "Wenn eine echte Kalt- oder Warmfront durchrast, strapaziert das die meisten Menschen."
Doch was genau passiert im Organismus, wenn sich Wetterlagen wandeln? "Wir reagieren über unsere Sinne auf das Wetter, wir spüren es auf der Haut, wir sehen Sonne oder Wolken, wir hören den Regen prasseln." Über die Reizverarbeitung im Gehirn werden bestimmte physische Mechanismen in Gang gesetzt: Zittern bei Kälte etwa, oder Schwitzen bei Hitze. "Wir sind alle wetterreagierend", fasst Matzarakis zusammen. Davon zu unterscheiden sei die Wetterfühligkeit. Sie betrifft Erhebungen zufolge rund 50 Prozent der deutschen Bevölkerung. Ähnliche Zahlen dürften für Österreich gelten. "Ist man bereits – physisch oder psychisch – angeschlagen, hat der Körper Probleme, in Balance zu bleiben. Das Wetter wird als Störfaktor wahrgenommen."
Eine dritte Gruppe bezeichnet Matzarakis als "wetterempfindlich": "Das sind Personen mit chronischen Erkrankungen oder einer längeren Krankheitsgeschichte, die häufig etwas älter sind, die leiden bei bestimmten Wetterlagen mehr. Das trifft auf 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung zu."
Wohlfühlzone um die 20 Grad
Das Spektrum der Symptome ist breit: Es reicht von Schlaflosigkeit, Nervosität, Unruhe bis hin zu Kopfweh und Schmerzen des Bewegungsapparats. Während der Organismus konstante Hochdruckphasen mit Temperaturen um die 20 bis 25 Grad in der Regel mühelos meistert, ist plötzliche, wie auch anhaltende, Hitze problematisch für Menschen mit Herz-Kreislauf-Leiden. Tiefdruckgebiete machen wiederum Asthmageplagten, Rheumatikern oder Migräne-Patienten zu schaffen. Wichtig zu verstehen sei, das betont Matzarakis, dass "das Wetter nicht an der Erkrankung schuld ist, sondern vorhandene Leiden sind bei einem bestimmten Wetter eben intensiver".
Frauen sind hormonell bedingt etwas häufiger betroffen. Auch das Alter spielt – wie bereits erwähnt – in Kombination mit körperlichen Gebrechen eine Rolle. "Wobei es auch junge Wetterfühlige gibt", sagt Matzarakis. Und auch die Geografie spielt eine Rolle: "Wetterfühligkeit ist kein mitteleuropäisches Phänomen, Menschen spüren die Effekte des Wetters auch in Skandinavien oder südlich des Äquators. Die klassischen raschen Wetterveränderungen und ihre Folgen sehen wir aber stärker in den mittleren Breiten."
Wie wappnet man sich nun gegen Wetterkapriolen? "Das Zauberwort heißt Abhärtung", führt der Experte aus. Er empfiehlt, die Anpassungsmechanismen gezielt zu trainieren, mit Kneippbädern, Wechselduschen und Bewegung an der frischen Luft. Darüber hinaus seien ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und ein guter Umgang mit Belastungen gut gegen Wetter-Beschwerden. "Bei Stress ist keiner vor Wetterfühligkeit gefeit."
Eine Umwelt, die den Menschen stresst
Die schlechte Nachricht: "Die Verschiedenheit des Wetters wird wegen der sich wandelnden klimatischen Bedingungen künftig zunehmen", sagt Matzarakis. Dass sich parallel dazu auch Wetterfühligkeitsprobleme ausweiten, glaubt er weniger: "Theoretisch müsste das so sein, allerdings steigt unser Gesundheitsbewusstsein, unsere medizinische Versorgung wird immer besser und wir haben auch bessere Wetterinformationssysteme, die es uns ermöglichen, uns auf Wetterwechsel einzustellen."
Unumgänglich seien unterdessen die Folgen von Extremwetterereignissen wie Hitzewellen oder einem pausenlosen Pollenflug. "Wir werden jedenfalls mit einer Umwelt zu tun haben, die uns etwas mehr stresst."
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