Diese Tipps helfen gegen Wetterfühligkeit
Liefert der Himmel über uns eine Performance, werden wir schnell zum Spielball der Natur: Tritt ein Hoch als strahlender Held auf, steigen Laune und Tatendrang, während ein Tief – der designierte Bösewicht des Schauspiels – beides rauben will. Gerade im Frühjahr treten Temperaturschwankungen oft auf und rücken das Thema
Wetterfühligkeit mit all seinen Auswirkungen – Kreislaufbeschwerden, Kopf- und Gliederschmerzen, Reizbarkeit, allgemeinem Unwohlsein – ins Rampenlicht. Hochgerechnet sehen hierzulande circa 2,5 Millionen Menschen das Wetter als Verursacher gesundheitlicher Probleme. Das zeigte eine Umfrage des Linzer Meinungsforschungsinstitutes „Spectra“ aus den Jahren 2012/2013. 35 Prozent der rund 11.000 Befragten gaben an, von Wetterfühligkeit betroffen zu sein.
Mehr als ein Luftschloss?
Der Begriff ist nicht klar definiert, die Nachweisbarkeit schwierig und es fehlen aussagekräftige wissenschaftliche Studien. Die Sache mit der Wetterfühligkeit – in Fachkreisen Meteoropathie genannt – ist also kompliziert. „Besonders zum kausalen Zusammenhang zwischen Wetterfühligkeit und den Symptomen gibt es fast nichts“, betont
Christian Csekits von der ZAMG-Wettervorhersage auf der Hohen Warte in Wien. „Belegt ist nur ein statistischer Zusammenhang: Bei gewissen Wetterlagen – vor allem bei den extremen – treten Veränderungen im Wohlbefinden häufiger auf.“
Was fehlt, ist das Wissen, ob das Wetter tatsächlich der Auslöser ist oder den Betroffenen eher als Sündenbock dient, um ihre unspezifischen Beschwerden zu erklären. „Das ist auch der Punkt, an dem Kritiker einhaken und sagen, es sei nur Einbildung. Wobei man bei einzelnen Parametern schon eine Erklärungen finden kann: Wird es etwa plötzlich sehr warm, erweitern sich die Blutgefäße, der Blutdruck sinkt. Das kann Dinge wie Kopfschmerzen, Müdigkeit und Abgespanntheit hervorrufen. Gleiches gilt im umgekehrten Fall: Wird es massiv kälter, ziehen sich die Blutgefäße zusammen, der Blutdruck steigt akut an. Interessanterweise sind die Symptome sehr ähnlich: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel.“
Warm anziehen
Ein großer Faktor, der den Organismus auf die Probe stellt, ist wohl der plötzlich auftretende Luftmassenwechsel, bei dem sich Temperatur, Luftfeuchte und Luftdruck ändern: „Da treffen viele Parameter aufeinander“, so Csekits. „Für den Körper bedeutet das eine Umstellung bzw. eine Störung des Wohlbefindens.“ Wobei einen Beitrag zur Misere auch unser modernes, von klimatischen Verhältnissen gut geschütztes Leben zu leisten scheint. Im Alltag ist die Fähigkeit, mit Wetterveränderungen fertig zu werden, nicht mehr oft gefragt. Im Frühjahr kommt es dann aber gleich doppelt dick.
Nach dem Winter gesellt sich die Frühjahrsmüdigkeit hinzu: „Die Tage werden länger. Das Mehr an Licht – eigentlich etwas Positives – bringt den Hormonhaushalt durcheinander“, so der Experte. „Betroffen sind das Melatonin, das den Tag-Nacht-Rhythmus steuert, und das Serotonin, das vor allem für den Gemütszustand und den Schlafrhythmus zuständig ist. Der Körper reagiert mit Abgespanntheit und Müdigkeit und braucht zwei bis drei Wochen, um sich umzustellen.“ Dass viele weit länger über Erschöpfung klagen, könnte daran liegen, dass das Wetter ebenfalls seinen Tribut zollt. „Heuer zum Beispiel sind wir vom Spätwinter direkt in den Frühsommer übergegangen. Der starke Temperatursprung wirkt zusätzlich auf den Kreislauf“, so Csekits. Die Umstellung kann sich dann über Wochen und Monate ziehen.
Wetterfrosch
„Wetterfühligkeit scheint auch ein Problem des älteren Menschen zu sein“, so der Experte. „Er hat oft Probleme mit der Schlaflänge und -intensität. Das wirkt sich auf den Organismus aus, setzt ihn unter Stress, macht ihn anfälliger.“ Ähnliches ist bei Pubertierenden feststellbar, die lange in die Nacht hineinarbeiten – oder feiern: „Vorübergehend spüren sie dann das Wetter stärker.“ Und noch eine Gruppe muss sich abfinden, für eine Weile, im übertragenen Sinn, im Regen zu stehen: „Bei Frauen in der Menopause stellt sich der Hormonhaushalt um. Da besteht ein Zusammenhang zur Wetterfühligkeit, der nicht von der Hand zu weisen ist.“
Eine mögliche Erklärung, warum manche im Vorfeld empfindlich reagieren, findet Csekits in elektromagnetischen Wellen: „Sie bewegen sich sehr schnell und können deutlich vor dem Wetterphänomen auftreten – etwa bei gewitterträchtigen Lagen im Sommer mit sehr viel Hitze und hoher Feuchte. Das nachzuweisen ist aber sehr schwierig.“ Worauf der ZAMG-Experte besonderen Wert legt, ist die Unterscheidung zwischen Wetterfühligkeit und Wetterempfindlichkeit. Zur zweiten Gruppe zählen Personen mit einer Grunderkrankung – etwa Herz- und-Kreislauf-, Asthma- oder Rheumapatienten. Hier verstärken sich die bestehenden Beschwerden bei einer Wetteränderung. Soll der Körper gegenüber Wetterphänomenen widerstandsfähiger gemacht werden, ist diese Trennung wichtig. Denn während Wetterfühlige mehrere Optionen haben (siehe Kasten auf Seite 16), sollten Menschen mit Erkrankungen vorsichtig sein und zuvor ihren Arzt kontaktieren. „Der Körper könnte durch die Maßnahmen zusätzlich geschwächt werden“, warnt Csekits. „So sollten Patienten mit sehr niedrigem Blutdruck nicht bei der größten Hitze hinausgehen, um sich abzuhärten. Schlimmstenfalls endet das im Kreislaufkollaps.“ Für alle anderen gilt: Hinaus ins Freie und Wind und Wetter trotzen!
So machen Wetterfühlige einen Sprung vorwärts
Die Widerstandskraft des Körpers gegenüber äußeren Reizen kann trainiert werden. Diese Maßnahmen können bei Wetterfühligkeit helfen:
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Kalt-warm
Regelmäßige Kneippkuren und Saunagänge bereiten den Körper auf starke Temperaturschwankungen im Wetter vor. Durchblutung, Kreislauf und Immunsystem profitieren. - Raus aus dem Raum
Klimaanlagen, die im Büro rund um die Uhr laufen, machen den Organismus träge. Das Rezept dagegen: Geräte öfters mal ausschalten, Pausen machen und hinausgehen, um den Körper an die klimatischen Verhältnisse im Freien zu gewöhnen. Im Prinzip gilt: Selbst Regen oder fallende Temperaturen stellen kein Hindernis für einen Spaziergang dar. Eine Ausnahme davon sind Gewitter und dergleichen. -
Fitness steigern
Wer schon vor der Haustür steht (siehe Tipp 2), integriert regelmäßige Bewegung in den Alltag. Je größer die Fitness, desto besser reagiert der Körper auf veränderte Gegebenheiten. Ideal sind Ausdauersportarten wie Schwimmen, Radfahren, Nordic Walking. Durch den Sprung ins Wasser lehrt Schwimmen zudem dem Organismus, auf veränderte Außenreize zu reagieren. Übertreiben darf man es nicht: Der Körper soll gestärkt, nicht geschwächt werden. -
Gesunder Tag-Nacht-Rhythmus
Ausreichender Schlaf kann Wetterfühligkeit lindern, daher ist es gut, auf fixe Schlafzeiten zu achten. Wer untertags ein Mittagsschläfchen einlegt, sollte sich nicht mehr als eine halbe Stunde gönnen. Mehr zum Thema guter Schlaf von Seite 6 bis 11. -
Wettertagebuch
Bringt man Beschwerden mit dem Wetter in Verbindung, kann ein Tagebuch Aufklärung bringen. Zeitpunkt, Art und Stärke der Probleme werden dabei notiert. Eine tägliche Eingabe ist nicht erforderlich. Dem Arzt bzw. Medizinmeteorologen geben die Aufzeichnungen Aufschluss, ob ein Zusammenhang mit dem Wetter besteht – oder gar eine noch nicht diagnostizierte Grunderkrankung dahintersteckt.
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