Welt-Nichtrauchertag: Deutsche Gefäßspezialisten für E-Zigaretten

E-Zigaretten erfreuen sich großer Beliebtheit
Ausschließlich zur Rauchentwöhnung. Fachleute verweisen auf aktuelle internationale Studienergebnisse.

Ein heißes Eisen haben jetzt die Fachleute von der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) angefasst. Anlässlich des Welt-Nichtrauchertages (31. Mai) sprechen sie sich auch für E-Zigaretten als Mittel zur Raucherentwöhnung aus. Den positiven Effekten hätten wissenschaftliche Studien bereits erbracht.

Die wissenschaftliche Evidenz zeige, so die DGG, dass E-Zigaretten sich besser zur Raucherentwöhnung eignen als Medikamente oder Verhaltenstherapie und die Schadstoffexposition um 95 Prozent verringern, stellten die Experten in einer Aussendung fest. In Österreich dürften noch immer rund 21 Prozent der Menschen täglich zur Zigarette greifen. In Deutschland ist die Raucherrate im Laufe der Covid-19-Pandemie auf bis zu 35 Prozent gestiegen.

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"Von einem Rückgang des Zigarettenrauchens kann also nicht die Rede sein", stellte der deutsche Chirurg Martin Storck fest, er ist Direktor der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie am Städtischen Klinikum Karlsruhe. Seit Jahren liege Deutschland bei der Tabakkontrolle, den staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Rauchens, weit hinten und nehme derzeit in Europa Platz 34 von 37 ein. Österreich holte ehemals in dieser Rangliste mit dem vergleichsweise späten Gastro-Rauchverbot auf und lag 2022 auf Platz 26 dieser Rangliste.

"Großbritannien hingegen geht konsequent neue Wege, um dem 'blauen Dunst' den Kampf anzusagen - dort rauchten im Jahr 2021 nur noch 13 Prozent der Bevölkerung. Aktuell verschenkt die britische Regierung kostenlose E-Zigaretten an eine Million Raucher, um sie zum Verzicht auf Tabakrauch zu ermutigen", schrieb die deutsche Ärztegesellschaft.

DGG-Experte Storck: "Diese Maßnahme ist weltweit einmalig, zeigt aber die positive Bewertung der E-Zigarette in anderen Ländern. Nicht das Nikotin in den Zigaretten sei todbringend, giftig sei der Rauch. Das habe auch das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ/Heidelberg) feststellt. "Beim Vaping oder bei Tabakerhitzern entsteht dieser Rauch nicht", erläuterte Storck. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hätte in Laboranalysen mehrfach ermittelt, dass bei E-Zigaretten bis zu 95 Prozent weniger Schadstoffe nachweisbar sind als beim Tabakrauch.

Damit sei die E-Zigarette nicht nur aus Sicht Großbritanniens, sondern auch für die DGG ein wirksames Instrument zur "Harm Reduction". Mittlerweile konnte wissenschaftlich in verschiedenen randomisierten (Zufallsauswahl der Probanden, Anm.) Studien gezeigt werden konnte, dass E-Zigaretten erfolgreicher bei der Rauchentwöhnung sind als andere Maßnahmen", argumentierte Storck.

Eine systematische Analyse von diesbezüglichen Studien durch das unabhängige Cochrane-Netzwerk kam erst im November vergangenen Jahres zum Schluss, dass sich Verwendung von E-Zigaretten und ähnlichem die Abstinenzrate nach sechs Monaten um 63 Prozent erhöht. Damit schnitten andere Medikamente oder Nikotinersatzmittel deutlich schlechter ab In der Analyse waren 78 klinische Untersuchungen mit rund 22.000 Teilnehmern ausgewertet worden.

Eine erst vor wenigen Tagen im "American Journal of Medicine" herausgekommene ähnliche Literaturanalyse mit fünf randomisierten und Placebo-kontrollierten Studien (3.253 Teilnehmer) kam auf ein ähnliches Ergebnis: Im Vergleich zu den herkömmlichen Verfahren mit Nikotinersatz stieg die Abstinenzrate bei Verwendung von E-Zigaretten um 77 Prozent.

"Weitestgehend entkräftet ist außerdem die These, wonach E-Zigaretten für Jugendliche eine Einstiegsdroge zum Tabakrauchen darstellen könnten. "Die aktuellen DEBRA-Daten (deutsche Umfrage, Anm.), aber auch viele internationale Studien widerlegen die sogenannte Gateway-Theorie", betonte DGG-Experte Storck. Seine Fachgesellschaft will sich jetzt bei der Neufassung eine Ärzte-Leitlinie zu "Rauchen und Tabakabhängigkeit" einbringen, die derzeit zur Rauchentwöhnung an erster Stelle noch Medikamente oder eine alleinige Verhaltenstherapie empfiehlt.

Die Universitätsklinik Aachen hat eine große Studie zur Rauchentwöhnung mit gefäßkranken Patientinnen und Patienten gestartet, an der 20 Gefäßzentren teilnehmen und die vom deutschen Staat mit fast zwei Millionen Euro gefördert wird. "In der ASCHR-Studie werden streng wissenschaftlich verschiedene Therapieformen verglichen - Verhaltenstherapie, zusätzliche medikamentöse Begleittherapie oder E-Zigarette", berichtete der Gefäßchirurg. "Wir sind auf das Ergebnis gespannt."

Trotz der Empfehlung für E-Zigaretten bleibe der komplette Rauchstopp das Ziel, stellt Storck klar. "Auf dem Weg dorthin sollte man Tabakraucher aber möglichst breit unterstützen - auch mit der Option E-Zigarette", so der DGG-Experte. "Durch einen Rauchstopp können wir bei unseren gefäßkranken Patientinnen und Patienten die Erkrankung zumindest verlangsamen und Herzinfarkte, Schlaganfälle und Amputationen verhindern helfen."

Eine Diskussion zu den E-Zigaretten gab es erst Mitte vergangener Woche auch bei den Prävenire Gesundheitstagen Seitenstetten. "Es gibt gute Programme zur Raucherentwöhnung. Wir bieten sie an. Die Erfolge sind aber noch bescheiden. Wir sehen aber auch Leute, die nicht imstande sind, völlig mit dem Rauchen aufzuhören", sagte dort der oberösterreichische Hausarzt Erwin Rebhandl. Für solche Personen könnten auch E-Zigaretten oder ähnliches für eine gewisse Zeit eine "sinnvolle Alternative" darstellen. Das Ziel müsse aber immer das Wegkommen vom Rauchen und vom Nikotinkonsum sein, erklärte der Hausarzt.

Deutlich anders sah dies der Obmann-Stellvertreter der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss: "Ich habe zu dieser 'Harm Reduction' ein gespaltenes Verhältnis." Die Tabakindustrie wolle offenbar via E-Zigaretten & Co. einfach die herkömmlichen Zigaretten durch anderer Produkte ersetzen. "Leider werden diese Produkte breit beworben und als Lifestyle-Produkte angesehen. Da habe ich ein Problem damit." Auch diese Produkte könnten süchtig machen. Das oberste Ziel müsse es sein, dass die Politik gesundheitsschädliches Verhalten anspreche und den Zugang zu schädlichen Produkten erschweren.

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