Was die echte Virusgrippe für Kinder so gefährlich macht
„Es macht uns sehr betroffen, wenn wir Kinder nicht retten können“, sagt die Privatdozentin und Oberärztin Ariane Biebl von der Uni-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde des Kepler Uniklinikums in Linz zum Tod von zwei Kindern in Verbindung mit der Grippe. Bei einem „bahnte die Influenza den Boden für eine bakterielle Infektion, es kam zur Sepsis (Blutvergiftung, Anm.)“. Beim anderen ist die Todesursache noch unbekannt.
Insgesamt mussten in dieser Grippe-Saison bereits fünf Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zweieinhalb und 14 Jahren mit einer Influenza-Infektion am Kepler Uniklinikum intensivmedizinisch behandelt werden.
Ein Kind erlitt als Folge der Infektion ein akutes Herzversagen, muss derzeit noch über der Herz-Lungen–Maschine (ersetzt bzw. unterstützt die Pumpfunktion des Herzens und die Lungenfunktion) versorgt werden und schwebt in akuter Lebensgefahr: „Aber wir hoffen, dass wir in den kommenden zwei Tagen die Herz-Lungen-Maschine ausbauen können.“ Die anderen zwei intensivmedizinisch betreuten Kinder sind außer Lebensgefahr: „Eines war drei Wochen lang wegen einer Gehirnentzündung auf der Intensivstation.“ Das fünfte Kind litt am Guillain Barre Syndrom (plötzlich einsetzende, aufsteigende Lähmungserscheinungen).
Alle fünf Kinder waren vor der Influenza-Erkrankung völlig gesund, litten an keinen Vorerkrankungen.
Gefahr fürs Herz
„Die Gefährlichkeit des Influenza-Virus liegt darin, dass es den Herzmuskel angreifen und zur Herzmuskelentzündung führen kann“, sagt die Kinderärztin zum KURIER. Säuglinge, (kleine) Kinder, Schwangere, chronisch Kranke und ältere Menschen ab 60 Jahren sind für schwere Verläufe besonders gefährdet. Bei Kindern in den ersten sechs Lebensjahren ist eine Influenzainfektion ein häufiger Grund für eine Krankenhausaufnahme.
„Wir kennen diese schweren Verläufe bei der Influenza, und wir kennen dieses Virus mittlerweile sehr gut. Aber eine derartige Häufung schwerer Komplikationen haben wir noch nicht erlebt.“ Biebl vermute, dass durch die ausgebliebenen Grippewellen in den Vorjahren – bedingt durch die Corona-Schutzmaßnahmen – die Immunisierung mehrerer Jahrgänge zeitgleich und nicht hintereinander stattfinde. „Das Immunsystem hat sich aber nicht verändert, ist nicht schwächer geworden. Und es ist auch das Influenza-Virus nicht gefährlicher geworden. Es ist offenbar ein Nachholeffekt, der uns aber genauso betroffen macht.“
Vergleich mit Corona und RSV
Wenn sie die drei Viren – Influenza, SARS-CoV-2 und RSV – vergleiche, dann zeige sich, dass bei Kindern über alle Altersgruppen die Influenza-Viren jene sind, die sie am häufigsten so krank machen, dass ein Aufenthalt auf einer Intensivstation notwendig werde. „Bei den Erwachsenen ist das anders, da spielt Corona die größere Rolle.“ Und in den ersten beiden Lebensjahren sind die RS-Viren ebenso eine häufige Ursache für intensivmedizinische Behandlungen.
Appell zur Impfung
Biebl appelliert an alle Eltern, ihre Kinder gegen die Influenza impfen zu lassen: „Bei geimpften Kindern sehen wir solche schweren Verläufe nicht. Und noch ist die Grippe-Welle nicht vorbei.“ Vom vollendeten 24. Lebensmonat bis zum vollendeten 18. Lebensjahr gibt es die Impfung als Nasenspray. Bis zum vollendeten 15. Lebensjahr ist sie kostenlos.
Grippe-Gefahr
Mehr als 60 Prozent aller auf Influenza zurückzuführenden Spitalsaufnahmen und rund 90 Prozent der Todesfälle fallen in die Altersgruppen der Kinder und Älteren.
Neun Todesfälle
wurden in Österreich 2017/2018 bei Kindern mit einer Influenzainfektion beobachtet, das sind mehr Todesfälle als im gesamten Jahr 2017 durch Infektionen mit Meningokokken, Pneumokokken und Haemophilus influenzae (Erreger der eitrigen Meningitis ab dem 3. Lebensmonat) zusammen. Auch in der Saison 2018/2019 traten mindestens fünf Influenza-assoziierte Todesfälle bei Kindern auf.
Die Kinderärztin betont, dass hohes Fieber bei Kindern meist kein Grund zur Sorge ist, sofern diese gut auf ihre Umgebung reagieren und ausreichend essen und vor allem trinken. Werden die Kinder jedoch apathisch und trinken und essen sie unzureichend, sollte der Hausarzt aufgesucht werden. „Bei länger anhaltenden Symptomen empfehlen wir, eine Kinderärztin bzw. einen Kinderarzt zu besuchen.“
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