Schwere Verläufe der echten Grippe: Zwei Kinder gestorben

Schwere Verläufe der echten Grippe: Zwei Kinder gestorben
Im Kepler-Uniklinikum in Linz sind derzeit mehrere Kinder mit gefährlichen Folgeerkrankungen der Influenza in Behandlung. Zwei Kinder sind verstorben.

In Oberösterreich sind zwei Kinder an den Folgen einer echten Grippe (Influenza) gestorben. Das gab am Montag das Kepler Universitätsklinikum in einer Aussendung bekannt. Wörtlich heißt es in der Mitteilung: "Zwei Todesfälle bei Kindern in Verbindung mit der echten Grippe in Oberösterreich, ein weiteres Kind, das auf Grund einer Herzmuskelentzündung in akuter Lebensgefahr schwebt und kleine Kinder, die als Folge der Grippe an Gehirnentzündungen bzw. Guillain Barre Syndrom (akute aufsteigende Lähmungen) leiden. Die massiven Auswirkungen der Grippewelle, die aktuell über Oberösterreich schwappt, machen die betreuenden Mediziner des Kepler Universitätsklinikums betroffen. Vor allem, weil eine Impfung vor solch schweren Verläufen schützen würde." Die Grippewelle 2022/23 sei aufgrund der "weitgehenden Separation" (der Corona-Schutzmaßnahmen, Anm.) in den vergangenen beiden Jahren "so hoch wie noch nie".

Kinder waren vor Influenza gesund

All diese Kinder waren zuvor völlig gesund, litten also nicht an irgendwelchen Vorerkrankungen, werden die beiden Medizinerinnen Ariane Biebl von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde und Gudrun Huber von der Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin in der Aussendung zitiert. Aktuell werden im Kepler Uniklinikum - wie auch in vielen anderen Spitälern österreichweit - sehr viele Kinder und Jugendliche stationär mit Influenza betreut.

Die Virologin Judith Aberle von der MedUni Wien schrieb am Montag auf Twitter, dass die Influenza-Aktivität in Österreich nach wie vor "stark" ist. Auch die RS-Viren sind weiterhin stark verbreitet. Und neun Prozent aller mit Influenza-Infizierten, deren Proben vom Überwachungsnetzwerk der MedUni Wien ausgewertet wurden, haben Doppel- bzw. sogar Mehrfachinfektionen, sind also zeitgleich etwa auch mit dem neuen Coronavirus, mit RSV oder einem Erkältungsvirus infiziert.

Grippeimpfung schützt und ist schmerzlos

"Angesichts der gefährlichen Folgen der Influenza, möchten wir an alle Eltern appellieren, ihre Kinder gegen Grippe impfen zu lassen. Diese Impfung ist völlig schmerzlos, da sie als Nasenspray verabreicht wird, kostenlos und schützt vor schweren Verläufen", appellieren die beiden Ärztinnen vom Kepler Uniklinikum. Überdies passen die Grippeimpfstoffe für diese Saison perfekt zu den derzeit grassierenden Influenza-Viren, wodurch sich die Schutzrate deutlich erhöht.

Die Medizinerinnen weisen daraufhin, dass hohes Fieber bei Kindern meist kein Grund zur Sorge ist, sofern die Kinder gut auf ihre Umgebung reagieren und ausreichend essen und vor allem trinken. "Werden die Kinder jedoch apathisch, trinken und essen unzureichend, sollte der Hausarzt aufgesucht werden. Bei länger anhaltenden Symptomen empfehlen wir, einen Kinderarzt zu besuchen."

Wolfgang Högler, Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde: "Die Prävention von schwerwiegenden Infektionen wie der echten Grippe ist eine essentielle Aufgabe unseres Gesundheitssystems zum Schutz der Bevölkerung. Wie wir hier zeigen, kann es jeden treffen." Laut Högler führe der aktuelle Impfplan des Gesundheitsministeriums gute Gründe an, warum die kostenlose Impfung ab dem vollendeten 6. Lebensmonat allgemein empfohlen ist.

Flu Virus

Säuglinge, Kleinkinder, Schwangere, chronisch Kranke und ältere Menschen ab 60 Jahren sind für schwere Verläufe besonders gefährdet: Mehr als 60 Prozent aller auf Influenza zurückzuführenden Spitalsaufnahmen und rund 90 Prozent der Todesfälle fallen in die Altersgruppen der Kinder und Älteren. Neben Personen mit Grunderkrankungen besteht auch bei Schwangeren ein hohes Risiko für Komplikationen und Spitalsaufnahmen.

Hohes Risiko in ersten sechs Lebensjahren

Bei Kindern in den ersten sechs Lebensjahren ist eine Influenzainfektion ein häufiger Grund für eine Krankenhausaufnahme. Gründe für die stationäre Aufnahme sind der Verdacht auf eine schwere Infektion, Fieberkrampf, Atemnot, Austrocknung sowie Durchfall und Erbrechen.

"Obwohl Todesfälle in dieser Altersgruppe selten vorkommen, wurden in Österreich in der Influenza-Saison 2017/2018 neun Todesfälle bei Kindern mit einer nachgewiesenen Influenzainfektion beobachtet, das sind mehr Todesfälle als im gesamten Jahr 2017 durch Infektionen mit Meningokokken, Pneumokokken und Haemophilus influenzae (Erreger der eitrigen Meningitis ab dem 3. Lebensmonat) zusammen", heißt es im aktuellen Impfplan. Auch in der Saison 2018/2019 traten insgesamt mindestens fünf Influenza-assoziierte Todesfälle bei Kindern in Österreich auf.

Immunsystem nicht geschwächt

Laut Medizinern ist es nicht ein geschwächtes Immunsystem, das zu mehr Erkrankungen führt, sondern die starke Verbreitung mehrerer Viren zur selben Zeit und die Tatsache, dass viele Kinder keine Immunität haben, weil in den vergangenen zwei Jahren kaum Influenza-Viren oder auch RS-Viren zirkuliert sind. Dadurch kommt es in dieser Saison zu einem Nachholeffekt.

"Durch die Infektionsschutzmaßnahmen der letzten Jahre sind die Kinder teilweise von Erstinfektionen verschont worden", schrieb der Gesundheitsökonom und Mediziner Thomas Czypionka kürzlich auf Twitter. "Diese werden jetzt nachgeholt (Kohorteneffekt)."

Durch das Tragen von Masken, Abstandhalten und Lockdowns sei das Immunsystem aber jedenfalls nicht geschwächt, betont Czypionka: "Das Immunsystem ist täglich mit vielen Erregern in Kontakt, aus dem Essen, der Luft und von Oberflächen. Die Infektionsschutzmaßnahmen haben es also nicht 'geschwächt' oder sonst wie geschädigt."

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