Warum Junge heute immer öfter nüchtern sind

Jugendliche trinken heute weniger Alkohol.
Soziale Medien statt Komasaufen: Alkohol reizt Junge weniger – nicht zuletzt wegen des Internets.

Der Blick auf die berauschten Tage um den Jahreswechsel lässt anderes vermuten: Tatsächlich nimmt der Alkoholkonsum seit den 1970er-Jahren aber stetig ab (siehe Grafik). Der im Dezember erschienene Drogenbericht 2019 bestätigte dies erst kürzlich. Trotzdem konsumieren noch rund 14 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher Alkohol in einem problematischen Ausmaß. Bei den Jugendlichen sind es etwa fünf Prozent. 2016 wurden in der Bevölkerung ab 15 Jahren pro Kopf und Tag etwas mehr als ein großes Bier oder ein Viertelliter Wein getrunken.

Ist Komasaufen out?

Dass Hochprozentiges vor allem für Jugendliche immer weniger attraktiv ist, ergab die im Sommer 2019 veröffentlichte europäischen Kinder- und Jugendgesundheitsstudie (WHO-HBSC-Survey 2018), die in Kooperation mit dem Europabüro der WHO durchgeführt wird. Ist Komasaufen also out?

"Ganz so würde ich es nicht formulieren", sagt Studienautorin und Psychologin Rosemarie Felder-Puig, "aber heute trinken jedenfalls weniger Jugendliche regelmäßig, also jede Woche, Alkohol als früher". In Österreich ist der diesbezügliche Anteil bei 15-Jährigen zwischen 1994 und 2014 von 35 Prozent auf 17 Prozent gesunken.

"Bei den 17-Jährigen, die wir erst seit 2010 erheben, waren es 2010 noch 48 Prozent der Burschen und 40 Prozent der Mädchen, die mindestens einmal wöchentlich Alkohol getrunken haben. Im Jahr 2018 waren es 32 Prozent der Burschen und 26 Prozent der Mädchen", erläutert Felder-Puig, die den Fachbereich Kinder- und Jugendgesundheit am Institut für Gesundheitsförderung und Prävention leitet. Trotz dieses Rückgangs seien diese Raten "noch immer zu hoch", unterstreicht die Expertin.

Dass sich junge Menschen von Bier, Wein und anderen alkoholischen Getränken nicht mehr so stark angezogen fühlen, hat diverse Gründe: Zum einen hätten Berichte über jugendliche Komasäufer "die relevanten Stakeholder aufgerüttelt und dazu veranlasst, entsprechende Maßnahmen, wie etwa Kampagnen zur Bewusstseinsbildung und Projekte in Schulen sowie eine Verschärfung des Zugangs zu Alkohol zu setzen". Auch die sich wandelnde Jugendkultur sei ein Faktor: "Der Aufbau sozialer Kontakte erfolgt heutzutage eher über soziale Medien als über das gemeinsame Ausprobieren von gesundheitlichen Risikoverhaltensweisen, sprich Komatrinken."

Vorbild sein

Stichwort soziale Kontakte: Gruppenzwang spielt laut Felder-Puig noch immer eine große Rolle beim Trinkverhalten von Jugendlichen. Im Hinblick darauf, dass Alkohol nach wie vor als soziales Schmiermittel gilt, seien Erwachsene oft "mehr als schlechte Vorbilder". Eltern sollten ihr eigenes Verhalten reflektieren und Kinder darüber informieren, welche Folgen übermäßiger Alkoholkonsum haben kann. "All das setzt voraus, dass Eltern versuchen, langfristig eine vertrauensvolle Gesprächsbasis mit ihrem Kind aufrecht zu erhalten. Nur dann werden sie erfolgreicher dabei sein, ihrem Kind, das möglicherweise zu früh oder übermäßig Alkohol trinkt, zu helfen."

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