Was könnte in den Beteiligten derzeit vorgehen? Laut Psychologin Barbara Juen, Spezialistin für Krisenintervention beim Roten Kreuz und Lehrende an der Universität Innsbruck, hängt das sehr stark davon ab, welche Dynamik unter den fünf Personen an Bord entsteht. "In dieser und ähnlichen vergleichbaren Situationen, etwa bei in einem Bergwerk oder in einer Höhle eingeschlossenen Personen, kommt es vor allem darauf an, ob es eine Person gibt, die die Führung übernimmt. Vielleicht ist das eine erfahrene Person, es kann aber auch jemand sein, der von außen betrachtet, Laie ist, aber mit Hochstresssituationen Erfahrung hat."
Es sei zu erwarten, dass jene Personen, die professionell an der Fahrt teilnehmen, also etwa der Leiter der Expedition, Stockton Rush, oder aber der erfahrene Taucher Paul Henry Nargeolet, der bereits unzählige Expeditionen zur Titanic leitete, diese Rolle einnehmen.
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Es braucht Information und Vertrauen
"Beim Einzelnen und in der Gruppe kommt es in derartigen Situationen darauf an, wie weit man in der Lage ist, eine Balance zwischen der Konfrontation mit der Bedrohlichkeit der Lage und gleichzeitig der Hoffnung, einen Weg herauszufinden, zu bewahren", sagt Juen. Um ruhig bleiben zu können, brauche es vor allem Information. Und: Eine oder mehrere Personen, denen man Vertrauen entgegenbringt, dass sie in der Lage sind, mit der Situation umzugehen, etwa das U-Boot zu beherrschen.
"Auch objektive Faktoren spielen eine wichtige Rolle, zum Beispiel, wie viel Sauerstoff noch vorhanden ist. Aber auch die Verbundenheit, ob also das Gefühl besteht, zusammenzuhalten, ein Team zu sein. Das können ganz banale Dinge sein, wenn zum Beispiel eine Person anfängt, ein Lied zu singen", meint Juen.
Mehr und weniger Hoffen auf Rettung
Ziel sei, in der schwierigen Situation, auch mit absurd erscheinenden Handlungen Normalität zu erfahren. Dass die Beteiligten in Panik geraten, sei zwar möglich, aber weniger wahrscheinlich. Juen: "Normalerweise reagieren Menschen in solchen Situationen so, dass die Emotionen sozusagen abgeschaltet werden, vor allem bei Todesgefahr. Oft kommt es zu einem Schwanken zwischen der Bewusstwerdung der Gefahr und einem Verleugnen, um sich zu schützen. Dass die ganze Gruppe in Panik gerät, würde dann passieren, wenn niemand die Führung übernimmt und es keine Informationen zur Lage gibt.“ Typisch sei, dass es zu einem ständigen Auf und Ab kommt, einem Wechsel von mehr und weniger Hoffnung auf Rettung.
Gedanken, was alles passieren hätte können, würden meist erst nach der Rettung aus solchen extremen Bedrohungssituationen aufkommen.
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Mangel an Platz und Sauerstoff
Psychiater Georg Psota, Leiter der Psychosozialen Dienste Wien, geht davon aus, dass die Beteiligten auch mit dem Mangel an Platz zu kämpfen haben. "Das ist eine Situation, wo man extrem klaustrophob werden kann. Die Bedrohung einer nicht mehr kompensierbaren Angst ist hoch. Es ist nicht nur eng und grauslich, es ist auch sehr gefährlich und existenziell bedrohend", betont Psota.
Eine große Rolle spiele, dass der Sauerstoff begrenzt ist. Wie die einzelnen Personen damit umgehen können, hänge sehr stark von ihren Vorerfahrungen ab. "Erfahrene Tiefseetaucher haben sicherlich schon ähnlich mühsame Situationen erlebt. Generell gilt: Wenn wir in Aufregung geraten, dann atmen wir schneller und verbrauchen mehr Sauerstoff, gleichzeitig scheiden wir mehr CO2 aus. Wenn es gelingt, die Atmung einigermaßen ruhig zu gestalten, verlängert das die Zeit, für die Sauerstoff verfügbar ist. Wenn sie es geschickt angehen, haben sie vielleicht ein paar Stunden mehr, das ist ein extremer Stress", sagt Psota.
Medikamente und Beruhigungstechniken können helfen
Helfen könnten Medikamente, die beruhigen, also die Anspannung heruntersetzen. Unklar ist allerdings, ob die Mannschaft damit ausgerüstet ist. Ebenso wenig ist bekannt, ob sie im Vorfeld auf diese Situation vorbereitet wurden und etwa Beruhigungstechniken trainiert haben. Psota: "Ich gehe davon aus, dass diejenigen, die an dieser Expedition teilnehmen, einen Wagemut haben, es aber nicht leichtfertig tun. Im besten Fall kennen sie Strategien, nicht in Panik zu geraten. Ob das aber gelingt, ist eine andere Frage."
Hoffnung gebe der Gedanke an das Danach, insbesondere an Menschen, die einem wichtig sind, und auf die man sich nach einer Rettung freuen kann. "Das ist der größte Motivator zu überleben."
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