Umstrittene Masken-Studie: Fachmagazin rudert zurück
Es ist nicht zum ersten Mal, dass es Erklärungsbedarf rund um eine Coronavirus-Studie gibt: Im Februar wurde eine Übersichtsstudie des unabhängigen Forschungsnetzwerks Cochrane von namhaften Wissenschaftern scharf kritisiert - die Analyse war zu dem Schluss gekommen, dass die Wirksamkeit von Masken gegen die Virausausbreitung nicht nachgewiesen sei.
Maskengegner fühlen sich bestärkt, die Studie fand eine hohe Verbreitung in sozialen Netzwerken. Der KURIER berichtete.
Worum ging es bei der Diskussion? Insgesamt wurden die Daten von 78 Studien ausgewertet - dabei handelte es sich um Studien zu allen physikalischen Maßnahmen zur Vireneindämmung, also etwa auch Hygienemaßnahmen wie Händewaschen oder Isolations- und Abstandsregeln. Nur zwei Studien (eine aus Indien und eine aus Dänemark) hatten einen direkten Bezug zu Covid-19.
Der Studienleiter Tom Jefferson arbeitet mit dem Brownstone Institute zusammen, das Masken als Maßnahme in der Pandemie-Bekämpfung ablehnte.
Als Kernaussage zum Thema Masken formulierten die Autoren: "Auf der Grundlage der von uns ausgewerteten Studien sind wir uns nicht sicher, ob das Tragen von Masken oder N95/FFP2‐Atemschutzmasken dazu beiträgt, die Verbreitung von Atemwegsviren einzudämmen." Weiterführend stellen sie fest: Das Tragen einer medizinischen (chirurgischen) Maske in der Allgemeinbevölkerung habe möglicherweise nur einen geringen oder gar keinen Einfluss auf die Häufigkeit von Erkrankungen mit Grippe oder Covid-19.
Die Entrüstung ob des Designs der Studie war groß, denn die Wirksamkeit einer Gesichtsmaske hänge nicht nur davon ab, welche Art von Gesichtsmaske und wie sie getragen wird, sondern auch davon, wie viele Menschen um einen herum Gesichtsmasken tragen.
So erklärte Lucky Tran, Wissenschaftskommunikator an der Columbia University, dass "das Papier Studien vermischt, die in unterschiedlichen Umgebungen mit unterschiedlichen Übertragungsrisiken durchgeführt wurden. Außerdem wurden Studien, bei denen Masken nur teilweise getragen wurden, mit Studien kombiniert, bei denen die Masken ständig getragen wurden. Und Studien, die sich mit Covid-19 befassten wurden mit Studien verglichen, die sich mit Influenza befassten."
Virologen hatten u.a. darauf hingewiesen, dass der Vergleich von Grippe und Covid-19 hinke, da sich Verbreitung und Ansteckung unterscheiden. Zu Beginn der Pandemie ging man davon aus, dass SARS-CoV-2 wie das Grippevirus in erster Linie durch große Tröpfchen in der Luft übertragen wird. Mittlerweile weiß man aber, dass besonders kleine Partikel (Aerosole) des Grippevirus nicht annähernd so gut in der Luft schweben können wie das Coronavirus.
Jetzt die Entschuldigung
Jetzt meldete sich die Chefredakteurin von der Cochrane Library, Karla Soares-Weiser, zu Wort: "Viele Kommentatoren haben behauptet, dass eine kürzlich aktualisierte Cochrane Review zeigt, dass 'Masken nicht funktionieren', was eine ungenaue und irreführende Interpretation ist". (Hier finden Sie die Stellungnahme)
"Der Wortlaut ließ Raum für Falschinterpretationen, wofür wir uns entschuldigen", so die Chefredakteurin.
Soares-Weiser beschrieb in ihrem Statement, was die systematische Übersichtsarbeit leisten kann und was nicht: "Es wäre richtig zu sagen, dass die Übersichtsarbeit untersuchte, ob Interventionen zur Förderung des Maskentragens dazu beitragen, die Verbreitung von Atemwegsviren zu verlangsamen, und dass die Ergebnisse nicht schlüssig waren. In Anbetracht der eingeschränkten Evidenz kann die Studie nicht die Frage beantworten, ob das Tragen von Masken das Risiko einer Ansteckung oder Verbreitung von Atemwegsviren verringert."
Stattdessen hat die Cochrane-Übersichtsstudie Maßnahmen untersucht, die darauf zielen, die Zahl der Maskenträger zu erhöhen. Die Studie sagt nichts über eine Maskenpflicht aus.
Abschließend sagt Soares-Weiser: "Wissenschaftliche Erkenntnisse sind zwar nie vor Fehlinterpretationen gefeit, aber wir übernehmen die Verantwortung dafür, dass wir die Formulierung nicht von Anfang an klarer formuliert haben. Wir arbeiten mit den Autoren der Studie zusammen, um die Zusammenfassung und den Abstract zu aktualisieren."
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