"Wissen nichts": Experte kritisiert Omikron-Suche in Österreich

CORONA: ELLING
"Wir blicken in den Rückspiegel": Die Dunkelziffer bei Omikron sei nicht erfassbar, sagt Genetiker Ulrich Elling. In Westösterreich würden wohl täglich neue Fälle importiert.

Die Omikron-Variante breitet sich rasend schnell aus. Aktuellstes Beispiel sind die USA, dort waren Schätzungen zufolge rund 73 Prozent der neuen Corona-Infektionen in der vergangenen Woche Ansteckungen mit der neuen Virus-Variante. Sie ist damit in den USA bereits dominant geworden.

In Österreich gibt es bisher knapp 300 bestätigte Omikron-Fälle oder Verdachtsfälle.

Die tatsächlichen Zahlen sollen aber wesentlich höher liegen, berichtet das Ö1-Morgenjournal. Der Grund: Es wird nicht überall sequenziert, es wird nicht überall auf die neue Variante getestet, daraus ergibt sich auch das Ungleichgewicht in der Verteilung der bisher bekannten Fälle – also ein Löwenanteil für Wien, das bereits sequenziert.

Laut Ulrich Elling, Sequenzierungs-Experte von der Akademie der Wissenschaften, hinkt Österreich bei der konsequenten Suche nach Omikron hinterher: "In Ländern wie Dänemark wird annähernd jede Probe, die positiv ist, innerhalb von wenigen Tagen sequenziert. Und die Proben, die wir bekommen sind relativ sporadisch und zusätzlich auch noch typischerweise mehrere Wochen alt." So das vernichtende Urteil des Experten.

"Wir blicken in den Rückspiegel und zwar ziemlich weit zurück, während wir Vollgas vorausfahren," so Ellings Fazit auf Ö1.

Viele Tests, wenige Sequenzierungen

Es werde in Österreich zwar viel getestet, aber wenig sequenziert. Es gebe auch wenige Virusvarianten-Vortests, also Mutations-spezifische PCR-Analysen. So machen einige Bundesländer noch gar keine derartigen Vortestungen.

Mario Dujaković, Sprecher des Wiener Gesundheitsstadtrats, Peter Hacker, auf Ö1 dazu: "Wien hat sich als einziges Bundesland dazu entschieden, alle positiven PCR-Proben auf Virusvarianten vorzutesten. Und nicht fünf bis zehn Tage auf Sequenzierungsergebnisse zu warten."

"Wissen nichts"

Aber auch die 200 Fälle in Wien sind wohl viel zu kurz gegriffen. Laut Elling seien die vorliegenden Informationen zu lückenhaft, "um einschätzen zu können, wie hoch die Dunkelziffer in Wien ist. Für viele andere Regionen, wissen wir einfach nur, dass wir nichts wissen."

Von der AGES erwartet sich Elling ein strukturiertes Logistiksystem für Stichproben-Sequenzierungen. Was sich Elling davon erhofft: "Um bei diesen Stichproben die Daten miteinander verschränken zu können, über das Alter der Patienten, den Impfstatus der Patienten und die Frage, wie schwer die Verläufe sind, um sofort einschätzen zu können, ob man sich bei neuen Varianten Sorgen machen muss." Derzeit müsse man sich in solchen Fragen auf die Daten aus Dänemark und Großbritannien verlassen.

Ruf nach Vortests in Westösterreich

Wichtig wären Vortests in Westösterreich. Bezugnehmend auf dutzende Flieger aus Großbritannien, die allein über das Wochenende in Innsbruck und Salzburg gelandet sind, müsse man davon ausgehen, dass pro Tag "15 Fälle importiert werden und die dann natürlich direkt in die Skigebiete gehen und in die Hotels".

Ankündigungen

Laut AGES hätten mehrere Bundesländer bereits angekündigt - nunmehr 666 Tage nach den ersten positiven Fällen in Österreich - Virusvarianten-Vortests zu starten. Hierfür seien aber spezielle Testkits und Reagenzien erforderlich und somit sei es eine Frage der Zeit, bis das anlaufen werde.

Elling rechnet jedenfalls damit, dass bereits ab dem Jahreswechsel Omikron und somit auch die Corona-Neuinfektionszahlen sprunghaft ansteigen könnten.

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