Einsamkeit überwinden: Wie AR/VR-Spiele Gamer psychisch stärken

Mann mit AR-Brille
Nutzer berichten in neuer Studie der Michigan State University von psychischem Wohlbefinden. Plus: Neue Umfrage über Einsamkeit im 21. Jahrhundert.

E-Sport-Gamer mit Virtual- oder Augmented-Reality-Brille (AR/VR) fördern ihr psychisches Wohlbefinden, indem sie den Spielern helfen, sich mit anderen verbunden zu fühlen und in Echtzeit kommunizieren. 

Das haben Forscher der Michigan State University festgestellt. Die positiven Effekte seien bei Menschen, die unter Einsamkeit leiden, besonders groß.

Wohlbefinden hat viele Facetten

"Diese Ergebnisse erinnern uns daran, dass psychisches Wohlbefinden viele Facetten hat. Selbst beim Gaming wird es nicht nur durch das geprägt, was Menschen in virtuellen Umgebungen erleben, sondern auch dadurch, wie diese Erfahrungen mit ihren realen Beziehungen und sozialen Bindungen zusammenhängen", schreiben die Forscher Sanghoon Kim und Sangchul Park.

Die Forscher haben die Ergebnisse einer Umfrage unter 345 Personen analysiert, die verschiedene AR/VR-Sportspiele wie Tischtennis, Bowling oder Billard spielten. Diese sind auf Plattformen wie "Wii Sports" (Nintendo), "Home Sports" (Meta) und anderen zu finden. Die Gamer beantworteten Fragen zur Spielbeteiligung, dem psychischen Wohlbefinden, Einsamkeit und weiteren Faktoren. Laut den Forschern fühlen sich diejenigen, die diese Art von Spielen oft nutzen, psychisch wohler.

Avatare für mehr Zusammenhalt

Die Forscher haben außerdem ermittelt, dass AR/VR-Sportspiele durch den Einsatz von Avataren, Echtzeitkommunikation und nonverbalen Signalen ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit mit anderen erzeugen. "Wenn Menschen sich durch Avatare oder virtuelle Interaktion mit anderen verbunden fühlen, wird das Erlebnis zu mehr als nur einem Spiel", sagt Kim.

AR/VR-Sportspiele könnten als Therapie für Menschen dienen, die unter Einsamkeit oder psychischen Problemen leiden, vermuten die Wissenschaftler. Sie seien allerdings keine Allheilmittel zur Behebung von Einsamkeit, warnen sie. Sie fanden heraus, dass sich einige Nutzer unwohl fühlen, wenn sie in virtuellen Umgebungen kommunizieren und interagieren, was es ihnen erschwere, durch das Spielen ein Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln.

Neue Umfrage: Einsamkeit im 21. Jahrhundert

Eine neue Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Marketagent mit 30.674 Befragten aus 14 europäischen Ländern (Österreich, Schweiz, Deutschland, Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Frankreich, Ungarn, Italien, Polen, Slowakei, Slowenien, Spanien und Türkei) beleuchtet die vielfältigen Facetten des Phänomens Einsamkeit im 21. Jahrhundert: Von den Unterschieden zwischen den Ländern, über den Umgang mit Alleinsein bis zur Frage, wie sehr Einsamkeit heutzutage die Lebensqualität beeinträchtigt.

Fast die Hälfte der über 30.000 Befragten (44%) gibt an, (sehr) oft allein zu sein. Hierzulande liegt dieser Wert mit 44% exakt im Durchschnitt. Es fällt allerdings auf, dass die Österreicher*innen Zeit für sich besonders schätzen: 72% geben an, gerne allein zu sein. Damit liegt die Alpenrepublik im europäischen Spitzenfeld, nur übertroffen von Italien (73%) und der Schweiz (74%, Europa-Auswahl: 66%). Spannend: In Ungarn wird nicht nur am wenigsten Zeit allein verbracht (37%), das Alleinsein wird auch am wenigsten geschätzt (49%).

Was das allgemeine Glücksniveau betrifft, liegt Österreich ebenfalls knapp über dem Durchschnitt: Ein Fünftel der heimischen Bevölkerung (21%) bezeichnet sich selbst als (sehr) glücklich, im Europa-Vergleich sind es 19%. In der Schweiz zeigt sich das Glücksniveau ähnlich (22%), während Deutschland mit 17% gemeinsam mit Frankreich (16%) und Ungarn (15%) auf den untersten Plätzen zu finden ist.

Einsamkeit trifft vor allem Jüngere und Alleinstehende

Länderübergreifend berichten 19% der Befragten, sich oft oder sogar (fast) immer einsam zu fühlen. Unter jungen Menschen liegt dieser Wert besonders hoch: Jede*r Vierte (26%) der Unter-29-Jährigen verspürt häufig Einsamkeit, in der Gruppe der 30–49-Jährigen sind es 20% und bei den Über-50-Jährigen nur noch 15%. In Hinblick darauf, dass Herr und Frau Österreicher überdurchschnittlich gern Zeit ohne die Gesellschaft anderer verbringen, überrascht es wenig, dass sich nur 13% der Bevölkerung häufig einsam fühlen und damit den niedrigsten Wert im Ländervergleich erreichen. Am häufigsten einsam fühlt man sich übrigens in der Türkei (28,1%) und in Frankreich (27,3%).

Auch bei den Folgen des Alleinseins zeigen sich klare Unterschiede. Während europaweit insgesamt rund jede*r Dritte durch Einsamkeit in der Lebensqualität (stark) beeinträchtigt ist (32%), trifft das in Österreich auf nur etwas mehr als ein Fünftel (22%) zu. Zum Vergleich: Beim traurigen Spitzenreiter Italien ist dieser Anteil fast doppelt so hoch (42%). Am stärksten leidet die Lebensqualität von alleinstehenden Personen (ledig: 39%, verwitwet: 37%, geschieden bzw. getrennt: 33%), wohingegen sich Personen in Beziehung (29%) und Ehe (26%) deutlich resilienter zeigen.

Fehlende Kontakte und Partnerschaft als Hauptgründe für Einsamkeit

Nicht nur das Fehlen einer Partnerschaft löst Einsamkeit aus, auch wenn es für 17% der Befragten eine der Hauptursachen darstellt. Insbesondere ein Mangel an sozialen Kontakten und Freundschaften führt europaweit dazu, dass man sich einsam fühlt (21%). Je 16% geben außerdem an, im Alltag zu wenig Zeit zu haben, um bestehende Kontakte zu pflegen und ihre Familie und Freund*innen zu selten zu sehen. Auch veränderte Lebensumstände, wie Trennungen, Jobverlust oder Umzüge, spielen für 14% eine Rolle.

Für mehr als die Hälfte (55%) schwankt die Einsamkeit mit den Jahreszeiten. So fühlen sich im Winter 36% der Befragten besonders einsam, im Herbst sind es 15%. In den warmen Jahreszeiten treten Einsamkeitsgefühle dagegen deutlich seltener auf (Sommer: 9%, Frühling 4%).

Verbunden im digitalen Raum, einsam in der realen Welt?

Social Media wird zwar von fast jedem*r Dritten (29%) als Mittel gegen Einsamkeit genutzt, erweist sich allerdings als zweischneidiges Schwert: 32% sagen aus, dass soziale Medien es ihnen erleichtern, mit Freund*innen und Bekannten in Kontakt zu bleiben, 37% sehen jedoch durch die zunehmende Digitalisierung einen Rückgang echter Kontakte. 

Beinahe jede*r Zweite (45%) ist der Ansicht, dass Social-Media-Interaktionen nicht in der Lage sind, reale Beziehungen zu ersetzen. Insbesondere bei jungen Menschen setzt offensichtlich die sogenannte „FOMO“ (Fear Of Missing Out) ein, wenn sie durch Aktivitäten ihres Freundeskreises in sozialen Medien das Gefühl bekommen, etwas zu verpassen (23% der Unter-29-Jährigen, Durchschnitt: 12%).

„Einsamkeit ist ein wachsendes gesellschaftliches Problem, das vor allem Jüngere und Alleinstehende trifft – unabhängig davon, wie digital vernetzt wir sind. Virtuelle Kontakte können persönliche Begegnungen nicht ersetzen und tragen in manchen Fällen sogar dazu bei, das Gefühl des Abgeschnitten-Seins zu verstärken“, analysiert Thoma Schwabl, Gründer und Geschäftsführer von Marketagent.

Unabhängig von der Rolle der Digitalisierung ist man sich über die Ländergrenzen hinweg mehrheitlich einig, dass Einsamkeit in der Gesellschaft in den vergangenen Jahren zugenommen hat (56%). Obwohl man hierzulande vergleichsweise weniger stark von der Problematik betroffen fühlt, teilen 58% der Österreicher*innen diese Einschätzung. 

Einleuchtend ist daher auch die Angst vor Isolation im Alter. Knapp die Hälfte (46%) fürchtet sich davor, im Alter einsam zu sein. In Österreich liegt dieser Wert bei 35% - deutlich unter dem Schnitt, aber noch immer auf hohem Niveau. Spitzenreiter sind Polen und Frankreich, wo fast 60% diese Angst teilen.

Die Marketagent-Studie macht deutlich: Einsamkeit wird als wachsendes Problem empfunden, das die Lebensqualität vieler Menschen beeinträchtigt. Österreich steht im internationalen Vergleich zwar besser da, doch auch hier wächst die Sorge vor Isolation im Alter und einem generellen Anstieg von Einsamkeit.

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