Was den Lebensstil betrifft, war schon bisher die Wirksamkeit klassischer Maßnahmen wie etwa der Gewichtsreduktion gut belegt. Ganz grob lässt sich dabei sagen: Bei Menschen mit Bluthochdruck sinkt dieser pro Kilogramm weniger Gewicht um 1 mm Hg. Weitere seit langem etablierte Maßnahmen sind ein Rauchstopp, weniger Alkoholkonsum, eine Ernährungsumstellung (z. B. weniger Salz), mehr Bewegung und ausreichend Schlaf. Die Internationale Bluthochdruckgesellschaft (International Society of Hypertension) hat ihre jüngsten Richtlinien zum Lebensstilmanagement aber noch ausgeweitet: „Stressreduktion und Achtsamkeit“ sind jetzt ein eigenes Kapital.
Diese Richtlinien sind im Journal of Hypertension publiziert worden.
Belegte Wirksamkeit
In den vergangenen Jahren sei das Interesse an Achtsamkeitspraktiken, bei denen es um die bewusste Konzentration auf den gegenwärtigen Moment geht, gestiegen, heißt es in dem Fachartikel. Gleichzeitig gebe es neue Daten zur Wirksamkeit.
Ein Beispiel sei die MBSR-Methode (Mindfulness Based Stress Reduction – Stressreduktion durch Achtsamkeit). Der Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn entwickelte MBSR vor 30 Jahren. Eine Metaanalyse von zwölf Studien ergab: Wer über mindestens acht Wochen hindurch diese Meditationsform praktiziert, kann damit den systolischen Blutdruck (erster Wert) im Schnitt um 6,6 und den diastolischen Blutdruck um 2,5 mmHg senken.
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Neue Daten gibt es auch zu Yoga: Tägliche Einheiten im Ausmaß von 45 Minuten konnten den Blutdruck nach 12 Wochen um durchschnittlich 6,5/2,8 mmHg senken.
Tägliches Musikhören (bzw. mindestens dreimal in der Woche) löst ebenfalls eine Tendenz zu niedrigeren Werten aus. Bluthochdruckpatienten, die über vier Wochen hindurch täglich 25 Minuten lang klassische Musik hörten, konnten den systolischen Blutdruck im Schnitt um 6,6 mmHg reduzieren.
Diese Daten führten dazu, dass die Blutdruckspezialisten auch folgende Empfehlungen aussprechen:
- Mindestens drei Stunden in der Woche eine Technik zur Stressreduktion praktizieren, etwa Meditation, progressive Muskelentspannung, Yoga oder Tai Chi.
- Täglich oder zumindest dreimal wöchentlich mindestens 25 Minuten Musik hören.
„Wichtiger Beitrag“
„Das klingt alles ein bisschen weich und flauschig und nicht so bedeutend wie zum Beispiel die Einnahme von Medikamenten, aber diese Dinge leisten einen so wichtigen Beitrag zur Verringerung der Auswirkungen von Stress auf das Herz-Kreislauf-System, und die Beweise häufen sich“, wird einer der Autoren, der britische Blutdruck-Spezialist Bryan Williams, in einem BBC-Interview zitiert.
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Betont wird in den Empfehlungen: Sollten Lebensstilmaßnahmen alleine nicht ausreichen, müssen sie mit einer medikamentösen Therapie kombiniert werden. Lebensstiländerungen verstärken den Effekt der Medikamente. Bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für Erkrankungen der Herzgefäße müssen medikamentöse Therapie und Lebensstiländerungen von Anfang an Hand in Hand gehen.
Dass Stress ein relevanter kardiovaskulärer Risikofaktor ist, zeigte kürzlich auch eine Studie aus Deutschland: So ist der Anteil der stressgeplagten Patienten mit einer kardiovaskulären Erkrankung in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, berichtete aerzteblatt.de. Bei etwa jeder oder jedem zehnten Betroffenen liegt demnach auch eine Stressdiagnose vor, in der Altersgruppe der berufstätigen 25- bis 64-Jährigen sogar bei jeder oder jedem siebenten.
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