Ob das Phänomen tatsächlich existiert, dem sind jetzt Suchtforscher der Stanford University in Kalifornien nachgegangen. Und zwar deshalb, weil der Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und körperlicher Anziehungskraft bisher noch nicht systematisch untersucht worden war.
Andere, frühere Studien waren zu gemischten Ergebnissen gekommen:
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Dass noch keine systematische Analyse durchgeführt worden ist, überrascht. Zumal das „Schöntrinken“ gut bekannt ist, nicht nur im deutschsprachigen Raum. In den USA oder in Großbritannien setzt man sich beer goggles („Bierbrillen“) auf. Das ist immerhin ein Eingeständnis einer durch Alkohol veränderten Wahrnehmung.
In bisherigen Studien bewerteten Personen nüchtern und alkoholisiert die Attraktivität anderer Menschen auf Fotos. „Die vorhandenen Ansätze stützen sich häufig auf einfache Attraktivitätsbewertungen“, schreiben die Autoren der aktuellen Studie im Fachblatt Journal of Studies on Alcohol and Drugs.
Realistisches Element
Die Stanford-Wissenschafter um Hauptautorin Molly Bowdring vom Stanford Prevention Research Center fügten dem Studiendesign daher noch ein zusätzliches – realistisches – Element hinzu: Den Probanden wurde gesagt, sie könnten einige der zuvor bewerteten Personen auch persönlich treffen. Dieser realistische Aspekt habe in der bisherigen Forschung gefehlt, sagt die britische Psychologin Rebecca Monk von der Edge Hill University in Ormskirk im Guardian.
Experiment
Bowdring und ihr Team luden für ihre Studie 18 männliche Freundespaare ein. Die zwischen 21 und 27 Jahre alten Männer nahmen an zwei Laborsitzungen teil, in denen sie bei der einen Alkohol, und bei der anderen ein alkoholfreies Getränk konsumierten. Der Blutalkoholspiegel lag bei maximal 0,8 Promille. Die insgesamt 36 Studienteilnehmer bewerteten die Attraktivität von Männern und Frauen auf Fotos und in Videos anhand einer Skala. Dann sollten sie jene auswählen, mit denen sie für ein weiteres Experiment zusammenarbeiten wollten. Die Forscher analysierten danach, ob unter Alkoholeinfluss andere Bewertungen vorgenommen wurden.
Das Ergebnis spricht gegen die vermeintliche Wirkung des „Schöntrinkens“ oder der beer goggles: Der Alkoholkonsum hatte keinen Einfluss auf die Wahrnehmung der Attraktivität der bewerteten Personen.
Der in das Studiendesign integrierte realistische Aspekt zeigte aber ein zusätzliches – neues – Ergebnis. „Wir haben festgestellt, dass die Menschen nach dem Konsum von Alkohol eher mit jenen Personen interagieren, die sie als besonders attraktiv empfinden“, sagt Bowdring. Die Wahrscheinlichkeit, dass alkoholisierte Teilnehmer einen ihrer vier attraktivsten Kandidaten für ein Treffen wählten, lag deutlich höher als nüchtern. Offenbar machte Alkohol die Probanden mutiger, mit aus ihrer Sicht attraktiven Menschen in Kontakt zu kommen.
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