Wie Doskozil die Pflege im Burgenland neu regelt

Dass es „der wichtigste Landtag des Jahres“ wird, wie SPÖ-Klubobmann Robert Hergovich am Dienstag angekündigt hat, ist angesichts des noch jungen Jahres eine gewagte Behauptung. Gewichtig ist die Tagesordnung der Landtagssitzung am Donnerstag aber allemal.
Nicht nur wegen der rekordverdächtigen Zahl von 27 Tagesordnungspunkten, sondern weil mittendrin das Burgenländische Sozialeinrichtungsgesetz 2023 (SEG) beschlossen werden soll, das bereits ab kommendem Montag „Bewilligung, Betrieb und Organisation von Sozialeinrichtungen“ regelt.
Mit dem SEG wird der ambitionierte Pflegeplan des Landes gesetzlich unterlegt, denn bis auf die Anstellung pflegender Angehöriger umfasst das SEG alle Pflegeangebote, von Altenheimen über mobile Pflege bis zu den geplanten 71 regionalen Pflege- und Betreuungsstützpunkten.

Wer künftig ein Heim oder einen Stützpunkt betreiben will, muss die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, sonst gibt‘s kein Geld vom Land.
71 Pflegestützpunkte
Gemeinsam mit dem Mindestlohn (derzeit laut Land bereits 2.000 Euro netto) ist die Neuorganisation der Pflege ein Kernstück des von LH Hans Peter Doskozil propagierten „burgenländischen Weges“. Obwohl Landesrat Leonhard Schneemann zuständig ist, hat Doskozil selbst den Gesetzesentwurf als Regierungsvorlage in den Landtag eingebracht.
„Ob wir uns bewerben, hängt vom Inhalt der Ausschreibung ab – aber die wird ja immer weiter nach hinten verschoben“, sagt Thomas Steiner auf die Frage, ob sich das Hilfswerk für einen oder mehrere der regionalen Pflege- und Betreuungsstützpunkte interessiert.
Hilfswerk-Präsident und ÖVP-Abgeordneter Steiner ist einer der wenigen, die öffentlich Kritik am Pflegeplan des Landes üben. „Funktionierende Strukturen werden zerschlagen, den betroffenen Menschen wird die Vielfalt und Wahlfreiheit genommen“, meint Steiner und befürchtet eine Verschlechterung der Pflegequalität und Mehrkosten für den Steuerzahler.
Der SPÖ gehe es nicht um „Versorgung der Pfleglinge, sondern um die Versorgung SPÖ-naher und SPÖ-bestimmter Organisationen und Gesellschaften“, glaubt FPÖ-Parteisekretär Christian Ries.
Andere reden zwar mit dem KURIER, wollen aber keinesfalls zitiert werden. Tenor: Was im Gesetz stehe, sei „eine schöne Fantasie“, es fehle schlicht an Personal und mehr Geld für die Pflege. Dass es mit dem Modell des Landes nicht mehr oder gar weniger koste, sei eine Mär.
Gleich zu Beginn des SEG findet sich die Verpflichtung zur „Gemeinnützigkeit“ des Betriebs von Pflege- und Behinderteneinrichtungen. Etwaige „Einnahmenüberschüsse aus dem Betrieb“ müssen „zur Verbesserung des Angebotes“ (...) in der betreffenden Einrichtung oder einer anderen Einrichtung der gleichen Art desselben Rechtsträgers im Burgenland“ verwendet werden, wird klargestellt.
Breiter Raum ist auch dem Mittelstück zwischen Pflege daheim und Pflege im Heim gewidmet: den regionalen Pflege- und Betreuungsstützpunkten. In diesem Bereich lässt das rote Burgenland keinen Stein auf dem anderen.
Wie bereits mehrfach berichtet, wurde das Land dafür in 28 Regionen eingeteilt. Jede Region wird noch einmal gedrittelt oder geviertelt, sodass am Ende 71 Pflegestützpunkte herauskommen, die eine „gemeindenahe Versorgung“ mit mobiler Pflege, Seniorentagesbetreuung und Wohnen im Alter sowie „eine Effizienzsteigerung aus versorgungstechnischer, personeller und wirtschaftlicher Sicht gewährleisten“ sollen.
Mit dieser behaupteten Effizienzsteigerung wird auch begründet, dass das Land für die regionalen Stützpunkte nicht mehr ausgeben müsse als die 37 Millionen Euro, die bisher jährlich in die nicht-stationäre Pflege geflossen sind.
Betreiben sollen die Stützpunkte die einschlägigen Anbieter – von Caritas bis Hilfswerk. Die Ausschreibung folgt im Laufe des Jahres.
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