Schlafapnoe: Wenn Schnarchen gefährlich wird
Lautes Schnarchen in der Nacht, Müdigkeit und Konzentrationsprobleme am Tag: „Tritt beides gemeinsam auf, sollte man das nicht ignorieren“, sagt der Lungenfacharzt Sabin Handzhiev: „Da können ernsthafte Gesundheitsprobleme wie eine Schlafapnoe dahinterstecken, aber es fehlt an Bewusstsein dafür.“ Handzhiev ist Oberarzt im Uni-Kinikum Krems, NÖ, und Leiter der Fachgruppe „Schlafbezogene Atemstörungen“ der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologe.
Was genau ist obstruktive Schlafapnoe?
Apnoen sind Atemaussetzer, Schlafapnoe bedeutet also „Atemstillstand im Schlaf“. – „Schlafapnoe ist der Sammelbegriff für Krankheitsbilder mit unterschiedlichen Ursachen und Symptomen, bei denen es während des Schlafens zum Auftreten von Atemstörungen kommt“, erklärt Handzhiev. Die häufigste Form ist die obstruktive Schlafapnoe: Dabei sind die Atemwege so verengt, dass die Atmung deutlich erschwert ist oder sogar vollständig aussetzt.
Welche gesundheitlichen Folgen kann das haben?
„Generell werden die gesundheitlichen Risiken stark unterschätzt“, betont der Lungenfacharzt. Durch den Sauerstoffmangel wird das zentrale Nervensystem aktiviert, es kommt zu einer Aufwachreaktion, meist ohne es zu merken. Das Herz beginnt rascher zu schlagen, der Blutdruck steigt. „Schädigungen der Zellen und Gefäßentzündungen – Arteriosklerose – können die Folge sein, bis hin zum Herzinfarkt.“
Schlafapnoe
Bei einer obstruktiven Schlafapnoe kommt es durch die Erschlaffung von Muskulatur und Weichteilen in den oberen Atemwegen während des Schlafs zu einer Verengung oder Verlegung (Obstruktion) der Atemwege. Im Extremfall können diese Atemstillstände bis zu zwei Minuten andauern.
Häufigkeit
Die Daten dazu schwanken stark, laut Schätzungen sind mindestens zwischen vier und acht Prozent der Bevölkerung betroffen, Männer häufiger als Frauen.
Risikofaktoren
Die Mehrzahl der Betroffenen ist älter als 40 Jahre. Starkes Übergewicht, Bluthochdruck und Bewegungsmangel sind Risikofaktoren. Gewichtsabnahme kann die Symptome lindern. Allerdings kann Schlafapnoe auch bei schlanken jungen Menschen auftreten.
Können Smartwatches und sogenannte Sleep Tracker Hinweise auf eine Schlafapnoe liefern?
„Diese Geräte werden immer besser und können zumindest erste Daten zur Beurteilung der Schlafqualität liefern.“ Dies gilt besonders für Geräte, die die Sauerstoffsättigung des Blutes messen: „Scheinen hier regelmäßig niedrige Werte auf, so ist das ein Warnzeichen.“ Ebenso wie ein Aufwachen bzw. Aufschrecken in der Nacht mit Atemnot, Albträume oder starker nächtlicher Harndrang.
Wie wird die Diagnose gestellt?
„Ergibt sich ein Verdacht auf Schlafapnoe, sollte eine ambulante Polygraphie erfolgen.“ Dabei erhält man für eine Nacht ein kleines Aufzeichnungsgerät, über das Atembewegungen, Atemfluss, die Körperlage und die Sauerstoffsättigung während des Schlafs aufgezeichnet werden.
„Die ambulante Polygraphie kann zu Hause durchgeführt werden. Sie wird vor allem von niedergelassenen Lungen- und HNO-Ärztinnen und Ärzten angeboten und ist von den meisten Krankenkassen abgedeckt. Mit dieser Methode kann man heute die Diagnose ziemlich genau stellen.“
Muss man nach dieser Datenaufzeichnung überhaupt noch in ein Schlaflabor?
„Ja, das ist die standardmäßige Vorgangsweise, allerdings reicht dann auf jeden Fall eine Nacht im Schlaflabor aus.“ Die gängigste Therapie ist nach wie vor das Tragen einer speziellen Atemmaske in der Nacht – sie erzeugt einen Überdruck, der die Atemwege offen hält.
„Mittlerweile gibt es aber eine große Auswahl unterschiedlicher Maskenmodelle – etwa nur eine Maske über die Nase, oder über Nase und Mund. Im Schlaflabor wird das passende Modell ausgewählt und beobachtet, wie gut die Patientin oder der Patient damit zurechtkommt. Damit wollen wir auch verhindern, dass die Betroffenen ihre Masken selten oder gar nicht tragen. Gleichzeitig muss auch der Druck in der Maske individuell angepasst und eingestellt werden.“ Derzeit findet diese Einstellung nur in Einzelfällen beim niedergelassenen Facharzt statt.
Wie wirksam sind diese Masken?
„Viele Patientinnen und Patienten berichten nach dem Start der Therapie über eine deutliche Linderung der Tagesmüdigkeit. Hier steht die Wirksamkeit der Masken außer Frage.“ Allerdings haben in den vergangenen Jahren mehrere große Studien gezeigt, dass sie das Risiko für Herzerkrankungen nicht reduzieren können.
„Deshalb findet gerade ein Umdenken statt und wir behandeln nicht mehr jeden Patienten mit Schlafapnoe mit solchen Masken.“ Wer zwar die Diagnose Schlafapnoe hat, aber grundsätzlich gesund ist, und nicht unter Tagesmüdigkeit leidet, dem wird keine Atemmasken mehr verordnet. „Die Überdrucktherapie erhalten vor allem jene Patienten, die unruhig schlafen, unter großer Tagesmüdigkeit leiden oder Gefäßerkrankungen haben.“
Welche anderen Therapieformen gibt es sonst?
Für ausgewählte Patienten, die die Atemmaske nicht tolerieren, kann ein Zungenschrittmacher eine Alternative sein. Dabei wird der Zungennerv während des Schlafens gezielt mit einer Elektrode stimuliert. Dadurch wird verhindert, dass die Zunge im Schlaf erschlafft, zurückfällt und die Atemwege verschließt.
Eine andere Alternative ist eine Schnarchschiene, die wie eine herausnehmbare Zahnspange getragen wird. Sie zieht Zungenmuskel und Unterkiefergewebe nach vorne, wodurch die Atemwege besser offen gehalten werden. Eine Zukunftshoffnung sind Tabletten, die die Spannung der Rachenmuskulatur erhöhen und so eine freie Atmung ermöglichen sollen. Handzhiev: „Die bisher publizierten Daten machen Hoffnung auf baldige Zulassung.“
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