Kann auch Rauchen vor einer Schwangerschaft dem Baby schaden?
Nur ein bis zwei Zigaretten am Tag in den drei Monaten vor einer Schwangerschaft: Kann sich das auf das Kind auswirken? Und welche Folgen haben ein bis zwei Zigaretten täglich in der Schwangerschaft? Diesen Fragen sind Wissenschafterinnen und Wissenschafter für eine neue Studie anhand von Daten aus den USA nachgegangen.
In den USA raucht etwa eine von zehn schwangeren Frauen – in Österreich raucht jede achte Frau während der Schwangerschaft zumindest gelegentlich – und bei den jungen Frauen unter 25 Jahren sind es sogar noch deutlich mehr – der KURIER berichtete. Rauchen während der Schwangerschaft ist mit einem eingeschränkten Wachstum des Kindes im Körper der Mutter, einem erhöhten Risiko für Frühgeburten und einem niedrigeren Geburtsgewicht verbunden.
Doch wenig bekannt ist, ob der Zeitpunkt und die Intensität des mütterlichen Zigarettenkonsums unterschiedliche Auswirkungen auf den Embryo bzw. das Neugeborene haben können. Denn viele Frauen würden fälschlicherweise glauben, dass es unproblematisch sei, vor der Empfängnis oder in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft zu rauchen - oder dass es unwahrscheinlich sei, dass "leichtes" Rauchen von ein bis zwei Zigaretten schädlich sei, betonen die Forscherinnen und Forscher der im Journal of Epidemiology & Community Health erschienenen Studie. Alle diese Ansichten sind aber falsch, so das Team der School of Public Health der Shandong University in Jinan in China.
Das Forschungsteam analysierte die statistischen Daten, die zu allen registrierten Geburten in den USA von 2016 bis 2019 vorlagen. Die Daten von Frauen mit Mehrlingsgeburten, Bluthochdruck oder Diabetes vor der Schwangerschaft bzw. mit fehlenden Angaben zum Rauchverhalten in den drei Monaten vor und während der Schwangerschaft wurden nicht in die Studie einbezogen. Übrig blieben aber immer noch mehr als 12.150.000 Mutter-Kind-Paare, die für eine Datenanalyse in Frage kamen.
Aus dem Tabakrauch gelangen Nikotin und Kohlenmonoxid durch die Plazenta in den Blutkreislauf des Embryos bzw. des Fetus und beeinträchtigen dessen Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen. Infolgedessen wachsen die Kinder von Raucherinnen weniger und wiegen bei Geburt durchschnittlich etwa 200 bis 300 Gramm weniger, sind kleiner und haben einen geringeren Kopfumfang als Kinder von Nichtraucherinnen.
Raucherinnen haben ein erhöhtes Risiko für Eileiterschwangerschaften und Schwangerschaftskomplikationen wie ein vorzeitiges Ablösen der Plazenta, eine fehlliegende Plazenta, einen vorzeitigen Blasensprung und Fehl- oder Frühgeburten.
Neun Prozent der Mütter gaben an, vor der Schwangerschaft geraucht zu haben. Sieben Prozent rauchten im ersten Drittel, sechs Prozent im zweiten und knapp sechs Prozent im dritten Drittel der Schwangerschaft.
Dabei zeigte sich generell: Rauchen vor der Schwangerschaft oder in jedem der drei Trimester der Schwangerschaft war mit einem erhöhten Risiko für schwerwiegende Gesundheitsprobleme der Neugeborenen verbunden. Dazu zählten etwa die Notwendigkeit einer unterstützenden Beatmung unmittelbar nach der Geburt bzw. in den Stunden und Tagen danach, die Notwendigkeit einer Spritze zur Lungenreife, der Verdacht auf eine Sepsis sowie Krampfanfälle oder schwere neurologische Probleme.
Über alle Raucherinnen hinweg lautete das Ergebnis der Datenanalyse: Das Risiko für mehr als eines dieser schwerwiegenden Gesundheitsprobleme war um 27 Prozent höher, wenn die Mutter vor der Schwangerschaft (in den drei Monaten davor) geraucht hatte.
Hatte die Mutter zu irgendeinem Zeitpunkt der Schwangerschaft geraucht, war das Risiko um 31 bis 32 Prozent erhöht.
Aber auch in der Gruppe der Frauen, die vor der Schwangerschaft täglich nur eine bis zwei Zigaretten konsumierten, zeigte sich ein deutlich erhöhtes Risiko für schwerwiegende Gesundheitsprobleme ihrer Babys: Es war um 16 Prozent erhöht. Bei 20 oder mehr Zigaretten am Tag war es um 31 Prozent erhöht.
Und das Risiko, dass das Neugeborene auf eine Intensivstation verlegt werden musste, war bei einem täglichen Zigarettenkonsum der Mutter in der Schwangerschaft um 13 Prozent erhöht, bei 20 oder mehr Zigaretten waren es 29 Prozent.
Das Team der Forscherinnen und Forscher kommt zu dem Schluss, dass ihre Ergebnisse darauf hindeuten, "dass es keinen sicheren Zeitraum und kein sicheres Maß für das Rauchen von Zigaretten kurz vor oder während der Schwangerschaft gibt". Und: Bereits dann, wenn Frauen schwanger werden möchten, sollten sie das Rauchen aufgeben, um die Gesundheit ihres Kindes zu schützen.
Laut dem deutschen Krebsforschungszentrum wirkt sich aber ein Rauchstopp vor – und auch noch während – der Schwangerschaft positiv auf die Gesundheit der Schwangeren und die Entwicklung des Ungeborenen aus. Denn der Verzicht auf das Rauchen während der Schwangerschaft verringert die negativen Auswirkungen des Rauchens auf das Wachstum des Fetus deutlich.
Auch beim österreichischen Rauchfrei-Telefon heißt es: "Immer noch geht das Gerücht um, dass ein abrupter Rauchstopp dem Ungeborenen schadet oder dass ein paar Zigaretten pro Tag nicht schaden. Beides stimmt nicht. Ein sofortiger Rauchstopp ermöglicht eine optimale Versorgung Ihres Kindes und kann keine negativen Auswirkungen auf das ungeborene haben. Auch wenige Zigaretten schaden dem Ungeborenen. Daher empfehlen wir einen ehestmöglichen Rauchstopp."
Dass rund ein Drittel der Raucherinnen auch nach Eintritt einer Schwangerschaft weiter raucht, "hat selten etwas mit mangelndem Verantwortungsgefühl oder Leichtsinn zu tun", heißt es auf den Internet-Seiten des Rauchfrei-Telefons. "Nikotin ist ein abhängig machendes Suchtgift, auf das stark abhängige Raucherinnen nicht von heute auf morgen verzichten können. Vor allem wenn Personen in der nahen Umgebung weiter rauchen, ist es schwer, das Verhalten allein zu ändern. Durch die Schwangerschaft verändert sich der Körper und Entzugssymptome werden noch stärker erlebt, was den Rauchstopp noch zusätzlich erschweren kann."
Der Druck der Gesellschaft und der Familie auf die Schwangeren sei oft groß, sofort rauchfrei zu werden, das erhöhe zusätzlich Scham- und Schuldgefühle. "Manche Schwangere rauchen sogar heimlich, aus Angst vor negativen Reaktionen. Allein ist es dann kaum möglich, in dieser außergewöhnlichen Situation rauchfrei zu werden. Mit Hilfe hingegen gelingt der Rauchstopp leichter."
Nähere Infos und Hilfsangebote:
Internet: https://rauchfrei.at
eMail- info@rauchfrei.at
Rauchfrei-Telefon: 0800 810 013.
Kommentare