Nachtlinsen
Nachtlinsen nennt man sie, weil die speziell angepassten Linsen während des Schlafs getragen werden. Mit herkömmlichen Tages-Kontaktlinsen, die nachts entfernt werden sollen, haben sie wenig gemeinsam. „Es handelt sich um formstabile, harte, sauerstoffdurchlässige, trapezförmige Linsen“, sagt der Wiener Optikermeister Peter Hochhauser.
Da Form und Dicke der Hornhaut Auswirkungen auf das Sehvermögen haben, können die Linsen, die an bestimmten Stellen Druck auf die Hornhaut ausüben, auf die Sehfähigkeit einwirken. Es verändert sich etwa die Brechung des Lichts, das Sehvermögen verbessert sich dadurch.
Für Optiker Hochhauser erfüllen Ortho-K-Linsen nicht nur kosmetische Bedürfnisse, sie haben auch Therapie-Effekte. „Man kann damit bei Kindern und Jugendlichen die voranschreitende Kurzsichtigkeit eindämmen. Durch die Nachtlinsen wird das kindliche Auge nicht angeregt, in die Länge zu wachsen.“ In asiatischen Ländern wie Südkorea gilt das System als eine Standardbehandlung, um die steigende Kurzsichtigkeit bei Kindern und Jugendlichen einzudämmen.
Helga Azem erklärt: „Bei fortschreitender Kurzsichtigkeit bei Kindern gibt es mehrere Therapieansätze: Spezielle Kontaktlinsen in weichen und formstabilen Materialien, welche tagsüber getragen werden. Oder eben auch die Nachtlinsen, die Ortho-K-Linsen.“ Nicht das Nachttragen habe hier den therapeutischen Effekt, sondern die geringere Naheinstellung der Augen, etwa bei Handy und Tablet durch diese Spezialkontaktlinsen. Bei Kindern verwendet sie dennoch lieber die Speziallinsen für tagsüber. „Ortho-K-Linsen verformen die Hornhaut, die Sauerstoffversorgung ist reduziert, ein Infektionsrisiko erhöht. Für Kinder erscheint mir dieses Risiko zu hoch. Die Therapietreue und das Trageverhalten gerade bei Kindern ist zu unsicher.“
Sie sieht für Ortho-K-Linsen allgemein Einschränkungen: „Die Hornhaut ist die empfindlichste Fläche des Körpers, Ortho-K-Kontaktlinsen sind ein Eingriff in die Anatomie und Physiologie der Hornhaut.“ Diese wird nachts verformt, die oberflächliche Zellschicht verändert, die Zellen wandern in die Peripherie und die Hornhaut wird zentral flacher. „Dadurch nimmt die Kurzsichtigkeit ab und nach dem Entfernen der Kontaktlinse hat man optimalerweise ein gutes Sehen. Tagsüber strebt die Hornhaut aber zunehmend ihre alte Form an und das Sehvermögen nimmt gegen Abend oft wieder ab.“
Grenzen
Grenzen sind höhere Dioptrien, etwa mehr als -6 dpt, der Gesundheitszustand der Hornhaut und die Therapietreue des Trägers. Ortho-K-Linsen sind im Gegensatz zu einer Korrektur mittels Laser keine dauerhafte Lösung, betont Azem.
Generell müssen Ortho-K-Linsen mit größerer Vorsicht angepasst werden, als herkömmliche Tageslinsen. „Eine enge Kooperation von Augenärzten und Optikern wäre wünschenswert“, sagt Azem. „Es ist schließlich ein Eingriff in die normale, gesunde Hornhaut. Regelmäßige augenärztliche Kontrollen sind dringend notwendig, um rechtzeitig krankhafte Veränderungen zu erkennen.“
Vor der Entscheidung für dieses spezielle Linsensystem müssen in einem eingehenden Aufklärungsgespräch Nutzen, Risiken und die Beweggründe besprochen werden, empfiehlt sie. Optiker Hochhauser setzt auf ein enges Kontrollsystem. Die Therapietreue der Linsenträger sei besonders wichtig. „Die Träger müssen die Termine unbedingt einhalten.“ Sonst droht ein Abbruch. Der Berufsverband der deutschen Augenärzte berichtete vor einigen Jahren von rund einem Viertel der Träger, die wegen Problemen (Schmerzen, zu fest sitzende Linsen usw.) wieder aufhörten.
Vielleicht ist auch der Preis ein Kriterium, dranzubleiben. Billig sind die Nachtlinsen nicht. Die Kosten werden nur in seltenen Fällen von den Kassen übernommen. Wer sich dafür entschließt, muss mit rund 1.600 bis 2.400 Euro für zwei Jahre rechnen.
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