„Und auch Herzrhythmusstörungen als Folge einer übergangenen oder auch akuten Herzmuskelentzündung können eine Ursache sein“, sagt der Wiener Herzchirurg Peter Poslussny.
„In Deutschland hat man 37 Todesfälle von Sportlern unter 35 Jahren untersucht: 36 hatten nie eine sportmedizinische Untersuchung durchgeführt“, erzählt Niebauer: „Das regt niemanden auf. Aber was wäre los, wenn 36 von 37 untersuchten Autos kein Pickerl hätten?“
Dabei könnte man schon mit einer relativ einfachen Basisuntersuchung bis zu 60 Prozent der Herzerkrankungen erkennen, betont der Sportmediziner: „Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt deshalb generell das vorbildhafte italienische Modell.“ Dort muss zum Beispiel vor einem Laufereignis eine Bestätigung vorgelegt werden, dass folgende Untersuchungen durchgeführt wurden: „Eine Anamnese (Patientengespräch), eine Familienanamnese (sind in der Familie bereits Herzerkrankungen aufgetreten?), eine körperliche Untersuchung (Statuserhebung des Gesundheitszustands, inklusive Abhorchen von Lunge und Herz sowie Blutdruckmessung) und ein Ruhe-EKG. „Italien konnte damit die Todesfälle bei Laufereignissen deutlich reduzieren. Dieses Untersuchungsprogramm ist ein Kompromiss, wäre aber auch in Österreich leicht für Sportereignisse und Sportvereine als verpflichtende Diagnostik umzusetzen.“
Belastungs-EKG
Jeder, der sich auf einen Marathon vorbereitet, wäre allerdings gut beraten, auch ein Belastungs-EKG zu machen, betonen die Mediziner: „Um zu sehen, ob der körpereigene Motor überhaupt so einer Aufgabe gewachsen ist.“ Durchblutungsstörungen zum Beispiel können damit nachgewiesen werden – ein Herzultraschall wäre bei Auffälligkeiten der nächste Schritt.
Auf einen gesunden Lebensstil – Stichwort: sportlich, schlank, Nichtraucher – sollte man sich nicht als Schutz vor Herzproblemen verlassen. Poslussny: „Mein jüngster Bypasspatient war 30 Jahre, ein schlanker, durchtrainierter Fitnesscentertyp. Er hatte ein Blutgerinnsel im Hauptstamm der linken Koronararterie. Wenn dieses die Arterie komplett verschließt, ist der Mann tot.“
Eine diagnostizierte Herzerkrankung schließt einen Halbmarathon oder Marathon übrigens nicht unbedingt aus, betont Niebauer: „Gerade diese Patienten sind in der Regel optimal untersucht und gut betreut. Sie wissen aber auch, in welcher Intensität und in welchem Umfang sie trainieren und Läufe absolvieren dürfen.“
So stark sinkt das Herztodrisiko
„Dass sportmedizinische Untersuchungen das Risiko senken, ist eindeutig belegt“, sagt die Kardiologin Andrea Podolsky vom Institut für Präventiv- und angewandte Sportmedizin im Universitätsklinikum Krems, NÖ. In der Gesamtbevölkerung unter 35 Jahren gibt es pro 100.000 Menschen 0,9 Fälle von plötzlichem Herztod pro Jahr. Bei 100.000 Sportlern ohne sportmedizinische Untersuchung sind es 2,3 Fälle pro Jahr – also ein zweieinhalbfaches Risiko.
„Durch eine Untersuchung sinkt das Risiko von Sportlern aber unter das der Gesamtbevölkerung – weil rechtzeitig die entdeckt werden, die ein gesundheitliches Problem haben.“ Bei Personen über 35 steigt das Risiko für den plötzlichen Herztod generell an: Auf einen Fall pro 15.000 bis 50.000 Menschen. „Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen.“
Wer (auch im Amateurbereich) leistungs- bzw. vereinsmäßig Sport ausübt (egal ob z. B. Laufen oder Fußball), sollte regelmäßig eine Basisuntersuchung wie oben beschrieben durchführen lassen. Podolsky: „Bei Jugendlichen empfehle ich das sogar jährlich.“ Sie betont aber auch: „Natürlich gibt es Gefahren, der gesundheitliche Nutzen von Sport ist aber deutlich größer.“
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