Neue Variante "BJ.1" in Österreich: Was bisher bekannt ist
Die Variante "BJ.1" ist in Österreich angekommen. Der österreichische Genetiker Ulrich Elling verkündete auf Twitter, dass die Omikron-Unterlinie erstmals hierzulande nachgewiesen wurde. Insgesamt sind bisher sechs BJ.1-Fälle in Wien und Niederösterreich bei Patienten festgestellt worden, konkretisiert der Experte im KURIER-Gespräch.
Die Zahlen sind also noch sehr niedrig, dennoch betont Elling, dass BJ.1 einige neue Mutationen aufweist, die "wirklich eine böse Kombination an kritischen Stellen" sei. Was über BJ.1 bekannt ist und wie die aktuelle Covid-Lage in Österreich ist.
Was weiß man derzeit über BJ.1?
Bisher breitete sich BJ.1, die wie viele andere Varianten und Subvarianten beobachtet wird, vor allem in Indien aus, wo sie vor etwa einem Monat entdeckt wurde. "Im West Bengal (indischer Bundesstaat, Anm.) nimmt BJ.1 sehr schnell zu. Zusammen mit den vielen Mutationen, die die Variante aufweist, kann man davon ausgehen, dass eine relativ starke Immunschutzumgehung vorliegt. Theoretisch könnte sie auch infektiöser sein, aber dazu gibt es noch keine Daten, da muss man noch abwarten", sagt Elling.
Die Anzahl und Dichte der Mutationen an der Rezeptorbindungsdomäne, jener Teil des Spike-Proteins, mit dem das Virus an die menschlichen Zellen andockt und auf den viele Antikörper abzielen, ist höher als etwa bei der Variante BA.2.75. Das heißt: BJ.1 könnte es besser gelingen, sich dem Immunschutz zu entziehen.
Welche Bedeutung hat BJ.1 für das Infektionsgeschehen in Österreich?
Derzeit gehen hierzulande mit ca. 95 Prozent nahezu alle Fälle auf die Variante BA.5 zurück. Nur ein kleiner Teil der Covid-Infektionen wird durch die Unterlinien BA.2.75, BA.2.75.2, BJ.1 sowie BA.5-Ableger bedingt. "Noch ist BJ.1 nicht aktuell relevant. Es handelt sich um eine molekularbiologisch sehr auffällige Variante, die wir beobachten, um für die Zukunft vorbereitet zu sein. Es wird sich in den nächsten Wochen herausstellen, wie sich BJ.1 entwickelt. Die Daten aus indischen Analyselabors zeigen aber einen starken Trend“, betont Elling. Weltweit wurden bisher 70 Fälle bekannt.
Wie ist die Krankheitsschwere bei BJ.1?
"BJ.1 ist eine Omikron-Variante, genauer gesagt so wie BA.5 und BA.2.75 auch ein BA.2-Ableger, sodass zu hoffen bleibt, dass die Krankheitsschwere weiterhin eher mild bleibt, vor allem bei jenen, die immunisiert sind. Noch fehlen dazu aber die Daten", sagt Elling.
Es sei durchaus möglich, dass die vielen Mutationen für das Virus auch Nachteile bringen, etwa, dass es weniger infektiös ist. "Das hat man bei Omikron beobachtet, dass einige andere Eigenschaften schlechter geworden sind. Aber auch hier weiß man noch zu wenig."
Womit ist im Herbst zu rechnen?
Laut aktuellem Gecko-Report ist das Infektionsgeschehen derzeit rückläufig. Es werden jedoch Anstiege erwartet, zum einen, da durch den Schulbeginn Kontakte wieder zunehmen, zum anderen seien saisonale Effekte zu erwarten. Auch ein gesunkener Immunschutz könne zu einem Anstieg der Infektionen führen. Ulrich Elling geht davon aus, dass es zu einer Covid-Winterwelle kommen wird, allein aufgrund des Jahreszeiteneffekts. Der deutsche Virologe Christian Drosten rechnet "noch vor Dezember" mit einer starken Welle an Coronainfektionen und dadurch bedingten erheblichen Arbeitsausfällen, wie er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte.
Laut Gecko wäre bereits im Herbst eine "Twindemic" möglich – gemeint ist das gleichzeitige Auftreten steigender Covid-19- und Grippeinfektionszahlen. Einer der Hauptgründe dafür sei die geringere Maskenhygiene. "Da in den vergangenen beiden Jahren Maske getragen wurde, war die Grippe in diesem Zeitraum massiv unterdrückt und damit kaum vorhanden. Es besteht die Sorge, dass Masken im kommenden Herbst weniger getragen werden. Daher ist von einem Anstieg der Covid-19- und Influenzazahlen auszugehen", heißt es im aktuellen Bericht.
Wie dies verlaufen könnte, zeigt ein Blick nach Australien, wo aktuell das Ende des Winters naht: Die Grippewelle begann dort im Herbst heuer bereits um zwei Monate früher, mit einer höheren Anzahl von Fällen als in den vergangenen fünf Jahren und einer hohen Belastung bei Kindern. Die Stärke der Welle – gemessen an Krankenständen und Patienten auf Intensivstationen – wird in Australien aber als niedrig bis moderat eingestuft. Laut Gecko-Bericht ist davon auszugehen, "dass es in diesem Jahr bereits ab Oktober zu einem Anstieg des (Influenza-, Anm.)Fallgeschehens kommen könnte".
Gibt es noch weitere Varianten, die sich derzeit ausbreiten?
Laut Gecko wird international derzeit ein relatives Wachstum von BA.2.75 beobachtet. Das gilt vor allem für Indien, wo BA.2.75 inzwischen die dominante Variante ist, sowie für Japan, Singapur und die USA. "Ob sich BA.2.75 in größerem Ausmaß durchsetzen wird, ist unklar und wird auch von der Entstehung weiterer BA.5-Subvarianten abhängen", heißt es im Bericht. In Österreich wurden vereinzelt Fälle von BA.2.75 gefunden, aber auf "konstant niedrigem Niveau".
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