Neue Untersuchung: Covid-19-Todesfälle werden zunehmen

Die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen steigt derzeit stark an.
Deutsche Experten prognostizieren einen deutlichen Anstieg bis Mitte November. Auch in Österreich ist bereits eine Zunahme der täglichen Covid-19-Sterbefälle zu bemerken.

Es ist eine Abschätzung für Deutschland, eine ähnliche Entwicklung könnte sich aber auch in Österreich anbahnen: Laut einer Studie des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen könnte sich in Deutschland die Zahl der Todesfälle durch Covid-19 in den ersten beiden Novemberwochen jeweils verdoppeln. Zu dem Ergebnis kommt ein Team um Viola Priesemann in einer modellbasierten Analyse. Demnach sind die immer noch relativ niedrigen Zahlen von Todesfällen darauf zurückzuführen, dass sich das Coronavirus Sars-CoV-2 bis Ende September vor allem bei unter 60-jährigen ausbreitete.

Seither steigt die Zahl der gemeldeten Infektionen auch bei Menschen über 60. Das führt mit einem Zeitverzug von etwa zwei Wochen auch zu einem Anstieg der Todesfälle, der in Deutschland jetzt klar zu beobachten ist, schreiben die Studienautoren. In der Woche vom 21. bis 28.10. starben in Deutschland 335 Menschen an oder mit Covid-19. "Unsere Modellrechnungen zeigen aber auch, dass die Zahl der Todesfälle durch Covid-19 in Deutschland bereits Anfang November auf 500 bis 800 pro Woche zunehmen dürfte", erklärt Priesemann in einer Aussendung des Max-Planck-Instituts. Möglicherweise fällt der Anstieg sogar stärker aus.

Auch in Österreich gibt es seit Mitte Oktober einen deutlich merkbaren Anstieg der Todefälle. Bis 18.10. lag die tägliche Zahl der neu hinzugekommenen Todesfälle mit einer Ausnahme immer (meist sogar deutlich) unter zehn. Zwischen 19.10. und 27.10. waren es täglich zwischen zehn und zwanzig neu gemeldete Todesfälle, am 18. 10. dann 22, am 29.10 erstmals 30 und am 30.10 schließlich 25 neu gemeldete Todesfälle.

Wie mit dem Alter die Sterblichkeit steigt

Die deutsche Gruppe analysierte den Anstieg der gemeldeten Neuinfektionen nach Altersgruppen und ermittelte aus der beobachteten Sterblichkeit in der jeweiligen Altersfraktion, wie sich die Zahl der Todesfälle durch Covid-19 entwickelt. Nach einer umfangreichen Metastudie verzehnfacht sich die Sterblichkeitsrate bei einer Coronainfektion alle 20 Lebensjahre und erreicht um das 82 Lebensjahr rund 10 Prozent. Bei ihren Modellrechnungen nahmen die Forscherinnen und Forscher zudem an, dass die Entwicklung der Todesfälle den gemeldeten Neuinfektionen mit einem Verzug von 14 Tagen folgt.

"Die Ergebnisse unserer Modellrechnungen stimmen sehr gut mit den beobachteten Entwicklungen in allen Altersgruppen überein", sagt Priesemann. "Deshalb dürften auch unsere Prognosen für die kommenden zwei Wochen zuverlässig sein." Vorhersagen darüber hinaus seien aber schwierig, weil die Entwicklung tödlicher Covid-19-Erkrankungen vom Verlauf der Infektionszahlen insbesondere in der Altersgruppe der über 80-jährigen abhängt.

Den wesentlichen Grund, warum sich seit Ende September auch wieder vermehrt Menschen über 60 mit Sars-CoV-2 anstecken (das trifft auch auf Österreich zu), sehen die Wissenschaftler darin, dass die Gesundheitsämter die Kontaktpersonen von Trägern des Virus in den jüngeren Altersgruppen nicht mehr konsequent verfolgen und isolieren können. "Die Dunkelziffer, also die Zahl der unerkannten Träger des Virus steigt offensichtlich“, sagt Priesemann. "Damit haben wir in vielen Landkreisen einen Kipppunkt im Infektionsgeschehen überschritten, ab dem es schwierig wird, die Epidemie zu kontrollieren."

"Um die Kontrolle über das Infektionsgeschehen wiederzuerlangen, müssen die Fallzahlen unverzüglich gesenkt werden", schreiben die Forscherinnen und Forscher im Deutschen Ärzteblatt, und weiter: "Andernfalls werden die Eindämmung der Ausbreitung und der Schutz der Risikogruppen zwangsläufig sehr viel restriktivere Maßnahmen erfordern – spätestens wenn die Krankenhauskapazität ausgeschöpft ist."

 

 

 

 

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