Keine und kleine Auffälligkeiten
In Österreich ist Covid-19 seit Anfang Juli keine meldepflichtige Erkrankung mehr. Auch die Auswertungen des COVID Prognose Konsortiums zu den Belegzahlen auf Normal- und Intensivstationen liegen nicht mehr vor. Der vorerst letzte Bericht wurde Ende Juni veröffentlicht.
Neu ist seit Donnerstag hingegen das SARI-Dashboard. SARI steht für Schwere Akute Respiratorische Infektionen. Es weist aus, wie viele Menschen mit schweren Atemwegserkrankungen – mit der Grippe oder dem RS-Virus etwa, aber auch mit Covid-19 – im Spital liegen. Dafür genutzt werden tagesaktuelle Spitalsmeldungen der Aufnahmen und Entlassungen an die Sozialversicherungen.
Die ersten veröffentlichten Daten zeigen noch keine Auffälligkeiten. Das deckt sich zumindest mit der Situation in den Wiener Spitälern. Auf Anfrage des KURIER beim Wiener Gesundheitsverbund heißt es, dass auf den Normal- und Intensivstationen derzeit ebenfalls "keinerlei Auffälligkeiten zu bemerken sind".
Für die – besonders interessanten – vergangenen zwei Wochen können am Dashboard allerdings nur unvollständige Daten ausgewiesen werden. Besonders interessant deshalb, weil das Abwassermonitoring zur Überwachung des Coronavirus zeigt: SARS-CoV-2 zirkuliert – auf niedrigem Niveau – derzeit wieder stärker, in nahezu allen Bundesländern.
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Eris in Österreich angekommen
Einzelne Virusproben werden hierzulande kaum mehr genauer untersucht. So finden sich laut Bergthaler in der Datenbank GISAID (eine weltweite Wissenschaftsinitiative, die den Zugang zu Covid-Genomdaten fördert) seit Juli nur elf Virussequenzen aus Österreich. "Das spiegelt die Situation in vielen europäischen Ländern wider", sagt Bergthaler. Ein engmaschiges epidemiologisches Beobachten des mutationsfreudigen Virus, wie es von der WHO empfohlen wird, werde dadurch erschwert.
Einen "guten Gesamtüberblick über das Infektionsgeschehen" liefern auch Berechnungen einer Forschungsgruppe unter Bergthalers Leitung, die das Abwassermonitoring miteinbeziehen. Auch Eris konnte man nachweisen: "EG.5 wird in den meisten Kläranlagen detektiert", sagt Bergthaler. "Laut unseren Analysen hat es dort einen Anteil von rund 35 Prozent am Infektionsgeschehen."
Doch welche Symptome löst Eris aus – und macht es kränker als seine Vorgänger? Laut dem indischen Epidemiologen K. Srinath Reddy sind „eine rinnende Nase, Niesen und trockener Husten“ charakteristisch für eine Eris-Infektion, wie er gegenüber der Washington Post erklärte. "Es liegen bisher keine Daten in ausreichendem Maß vor, dass EG.5 zu schwereren Verläufen als andere Omikron-Varianten führt", betont Bergthaler. Das sehen auch die WHO und andere führende Corona-Expertinnen und -experten so.
Zu beurteilen, wie krank eine Variante macht, gestaltet sich zunehmend schwieriger. "Das war schon in den letzten Jahren gar nicht so einfach", sagt Bergthaler. Hinzu komme, "dass nach drei Jahren Pandemie jede Person eine unterschiedliche Historie an immunologischen Ereignissen durch Impfungen und natürlichen Infektionen aufweist". Weil weltweit weniger getestet und beobachtet werde, seien belastbare Daten Mangelware.
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Welle im Herbst
Bergthaler geht davon aus, dass sich der jetzt im Abwasser abzulesende Trend fortsetzen wird. Eine Welle im Herbst sei "zu erwarten". Wie sie sich auf die Menschen auswirkt, lasse "sich nur bedingt einschätzen". Ein wesentlicher Faktor: Die Immunität in der Bevölkerung. "Ich gehe aktuell davon aus, dass die aufgebaute Immunität dafür sorgt, dass wir trotz steigender Infektionszahlen verhältnismäßig wenig schwere Fälle sehen", sagt Bergthaler.
Die Impfempfehlungen des Nationalen Impfgremiums für den Herbst stehen noch aus. Auf KURIER-Anfrage heißt es, dass "die finale Empfehlung rechtzeitig im September verfügbar sein wird, um die Impfaktionen, die ab Herbst geplant sind, umsetzen zu können und neue Impfstoffe, die wir erwarten, entsprechend einsetzen zu können". Dabei müsse berücksichtigt werden, "wann welche Impfstoffe zur Verfügung stehen, was wiederum von der Zulassung der europäischen Behörden abhängt".
Die großen Pharmafirmen – allen voran Biontech/Pfizer und Moderna, aber auch Novavax – haben ihre Impfstoffe jedenfalls bereits an Omikron-Subtypen angepasst. Nun heißt es warten auf die Zulassungen für die Vakzine. Sie sollten laut Bergthaler auch gut auf Eris abgestimmt sein und älteren und vorerkrankten Menschen "zusätzlichen Schutz bieten".
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