Auch die Wiener Linien beobachten, dass manche Fahrgäste nachlässiger werden und den Mund-Nasen-Schutz bewusst falsch oder nicht tragen, obwohl die Beförderungsbedingungen in letzter Konsequenz eine Strafe von 50 Euro bei Verstößen gegen die Maskenpflicht vorsehen.
Seit wenigen Tagen machen die Wiener Linien sogar mit einem Reim auf das Phänomen aufmerksam: "Maske auf, Naserl rein - so muss das sein", ertönt aus den Lautsprechern.
Woran liegt es, dass Fahrgäste sich die Mühe machen, eine Maske aufzusetzen, diese aber dann bewusst falsch tragen? Gesundheitspsychologin Christina Beran im Interview mit dem KURIER: "Es ist noch immer weit verbreitet, dass wir meinen, unsere Entscheidungen würden rein rational getroffen. Viel eher stimmt, dass sich unsere Entscheidungen auch gut anfühlen müssen. Schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können, gelingt eher, wenn sie sich auch gut anfühlen."
Aber selbst dann ist es noch immer nicht leicht, neue Vorschriften einzuhalten. "Der Mensch ist nämlich ein Gewohnheitstier: Die Maske kratzt, juckt, ist stickig - wir sind sie nicht gewohnt. In Anlehnung an einen Songtext gilt: Alte Verhaltensmuster sind gekommen, um zu bleiben. Wir können alte Verhaltensmuster nur durch neue ersetzen."
Es brauche Zeit, bis wir uns daran gewöhnt haben, Stoff im Gesicht zu spüren. Und leider funktionieren Verhaltensmuster auch in die andere Richtung: "Wir gewöhnen uns auch an Risiken."
Ein einfaches Beispiel: "Wenn in unserem Bekanntenkreis bereits jemand erkrankt ist, erscheint die Gefahr realer und wir verhalten uns aus emotionaler Betroffenheit verantwortungsvoller."
Womit könnte man den Nasenblitzer vergleichen? Mit dem Anlegen von einem Sicherheitsgurt im Auto, meint die Expertin. Wobei der Vergleich etwas hinkt, wie sie erklärt: "Beim Sicherheitsgurt geht es nämlich in erster Linie um einen Selbstschutz. Bei der Maske geht es sowohl um meinen Schutz als auch einen Schutz der anderen. Je abstrakter die Gefahr, desto weiter weg erscheint sie uns und das schlägt sich auf unser Verhalten."
Bekannte Stimmen und Gesichter beeinflussen unser Handeln
Was hält die Expertin von den neuen Durchsagen in den Öffentlichen Verkehrsmitteln? "Sie helfen, damit wir uns erinnern. Allerdings besteht hier die Gefahr, dass wir – wenn immer gleich – uns an die Durchsagen gewöhnen."
Bei den Salzburger Festspielen weisen vor Beginn der Vorstellungen in einer Tonband-Ansage "Buhlschaft" Caroline Peters auf Deutsch und "Jedermann" Tobias Moretti auf Englisch die Besucher auf die Verhaltensregeln hin. Sie empfehlen, die Schutzmaske auch während der Aufführung zu tragen.
Beran hält das Setzen auf prominente Stimmen für eine gute Idee: "Aus der Wirtschaftspsychologie weiß man, dass Testimonials Identifikation schaffen. Es entsteht ein sogenannter Deutungsrahmen: Wir hören also eine bekannte Stimme, es werden Assoziationen zur Maske und auch positive Bilder zum Testimonial aktiviert: Und so kann unser Handeln beeinflusst werden."
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