Narzissten: "Die Einhörner der Psychotherapie"

Eine Illustration einer Frau mit Größenwahn.
In einer Zeit, in der Narzissmus – wie es oft heißt – grassiert, wird privat viel über das Gefühl der Großartigkeit diskutiert. Warum der Hang zur Selbstsucht auch hochpolitisch ist und ob sich dem Hochmut Positives abgewinnen lässt, erklärt ein Experte im Interview.

Agiert jemand rücksichtslos, selbstgefällig oder abgehoben, laufen Hobbypsychologen zur Höchstform auf. "Narzissmus" lautet dann die Diagnose. "Meist versucht man mit der Zuschreibung, egozentrische Züge von stark narzisstischen Menschen hervorzuheben", weiß Florian Kwauka. "Aus der Perspektive des Umfelds ist sie akkurat", ergänzt der auf Narzissmus spezialisierte Psychotherapeut.

Nicht richtig sei, dass narzisstische Menschen automatisch an einer krankheitswertigen Störung leiden. "Es gibt die narzisstische Persönlichkeitsstörung – und narzisstische Persönlichkeitsanteile, die wir alle in irgendeiner Ausprägung besitzen." Ob die Schwelle zur Krankheit überschritten wird, hängt davon ab, wie ausgeprägt diese Eigenschaften sind. "Es müssen gewichtige Funktionsbeeinträchtigungen in sozialen Settings, im familiären oder beruflichen Kontext vorliegen. Wenn die von anhaltender Dauer sind, kann man von einer Persönlichkeitsstörung sprechen", präzisiert Kwauka.

Im KURIER-Interview beschreibt Kwauka, warum sich ein Blick hinter die narzisstische Maske jedenfalls lohnt. 

KURIER: Sie sind auf Narzissmus spezialisiert. Warum?

Florian Kwauka: Was mich immer beschäftigt und ein bisschen stutzig gemacht hat, ist, wie unangenehm es vielen Kolleginnen und Kollegen ist, mit Narzissten zu arbeiten – und mit der Überheblichkeit, dem Gefühl der Grandiosität oder der Prahlerei umzugehen. Oft steckt hinter klassisch narzisstischen Zügen starke Unsicherheit. Wenn man hinter die Maske blickt, erkennt man ein verkümmertes, hilfloses, gar ohnmächtiges Wesen, das viel Aufmerksamkeit benötigt. Und dahinter steckt oft ein sehr liebenswerter Mensch. Dieser Gegensatz fasziniert mich. 

Wie oft suchen stark narzisstische Personen überhaupt eine Psychotherapie auf?

Narzissten sind die Einhörner der Psychotherapie – sprich viel zu selten. Viel häufiger suchen ihre Opfer eine Therapie auf. Um mit narzisstischen Partnern umgehen zu lernen, oder mit ihren narzisstischen Müttern oder Vätern. Narzissten selbst kommen nur in starken Krisen.

Was stürzt sie in Krisen? Woran scheitern sie?

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