Mysteriöse Hepatitis bei Kindern: Hinweise auf wahrscheinliche Ursache
Es ist eine schwere Erkrankung, die international für Aufmerksamkeit sorgt: Bei rund 400 Kindern in mehr als 20 Ländern wurden seit Anfang April Leberentzündungen festgestellt, deren Ursache unklar ist. Vier Fälle traten in Österreich auf.
Die mysteriösen Hepatitis-Fälle gehen nicht auf die bekannten Hepatitisviren A, B, C, D und E zurück – diese Erreger wurden bei keinem der Kinder nachgewiesen. Zudem konnte kein Zusammenhang mit Nahrungsmitteln, toxischen Substanzen oder Verhaltensweisen festgestellt werden.
In den vergangenen Wochen entstand eine Debatte darüber, was die Ursache für die teils schweren Erkrankungen – bei einigen Kindern brauchte es eine Lebertransplantation – ist. Eine aktuelle Studie, die noch nicht von Fachkollegen begutachtet wurde, weist nun darauf hin, dass eine Infektion mit Covid-19 die Ursache der Hepatitis ist. Die Infektion mit Adenoviren kann aber ebenfalls eine Rolle spielen, wenn eine Covid-19-Infektion vorausgegangen ist.
Schon zuvor galten eine Infektion mit SARS-CoV-2 oder eine Infektion mit Adenoviren vom Subtyp 41F als wahrscheinlichste Auslöser der Leberentzündungen. Einige Forscherinnen und Forscher präferierten bisher die Theorie, dass die Hepatitis durch eine Infektion mit Adenoviren verursacht wird, da bei vielen der betroffenen Kindern keine Covid-Infektion nachgewiesen wurde bzw. bekannt war. In dem aktuellen Bericht schreibt das Forscherteam allerdings, dass von dem Adenovirus 41F nicht bekannt ist, dass es die Leber angreift. Es sei aber möglich, dass die betroffenen Kinder milde oder asymptomatische Covid-Infektionen hatten, die unbemerkt blieben. Diese vorangegangene Covid-Infektion könne dann dazu führen, dass das Immunsystem empfindlicher auf eine Infektion mit Adenoviren reagiert.
Virenpartikel im Magen-Darm-Trakt
Die Theorie: Verbleibende Partikel des Coronavirus im Magen-Darm-Trakt der Kinder können das Immunsystem dazu veranlassen, auf das Adenovirus 41F mit großen Mengen an Entzündungsproteinen zu reagieren, die letztlich die Leber schädigen. Das Spike-Protein des Coronavirus mache das Immunsystem überempfindlich, sodass es bei manchen Kindern, die sich dann mit dem Adenovirus infizieren, zu dieser Reaktion kommen könne.
"Wir schlagen vor, dass Kinder mit akuter Hepatitis auf SARS-CoV-2-Persistenz im Stuhl untersucht werden“, schreiben die Forscher. Bisher war unklar, ob es sich bei den festgestellten Infektionen mit Adenoviren um die Ursache der Leberentzündungen handelt oder nicht, da sie nicht bei allen Kindern nachgewiesen wurden. Dies gilt auch für Covid-Infektionen. Laut dem aktuellen Bericht ist es aber eine Kombination der beiden Infektionen, wobei die Covid-Infektion vorausgeht und das Immunsystem empfindlicher gegenüber einer Infektion mit Adenoviren reagieren lässt. Nicht immer aber konnte bei den Kindern eine Covid-Infektion nachgewiesen oder berichtet werden - die Forscher erklären dies damit, dass es wahrscheinlich eine unbemerkte Infektion gab.
In der Studie wurden die Daten von fast 800.000 Kindern im Alter von ein bis zehn Jahren untersucht, darunter rund 245.000, die sich im Zeitraum März 2020 bis März 2022 mit Covid-19 infiziert hatten, und rund 550.000, die sich im gleichen Zeitraum eine nicht-Covid-bedingte andere Atemwegsinfektion zugezogen hatten. Kinder, die eine Covid-19-Infektion überstanden hatten, hatten ein signifikant höheres Risiko für Leberschäden als jene, die mit anderen Atemwegsinfektionen infiziert waren. Daraus schließen die Autoren, dass Covid-19 auch bei Kindern zu Leberschäden führen kann. Bei Erwachsenen war bereits zuvor festgestellt worden, dass Covid-19 Organe, darunter die Leber, schädigt. Die Studie kann hier nachgelesen werden.
Berichtete Symptome
Die betroffenen Kinder hatten laut europäischer Gesundheitsbehörde ECDC in den meisten Fällen kein Fieber, aber erhöhte Leberenzymwerte, viele hatten Gelbsucht. Einige litten unter Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen. Die Symptome einer Hepatitis können sehr unterschiedlich sein. Oft beginnt sie mit Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Fieber. Oft kommt es zu Schmerzen im Bereich des rechten Rippenbogens, da sich die Leber vergrößert und bei Druck empfindlich ist. Später kann, muss aber nicht, Gelbsucht auftreten – die Haut färbt sich gelblich, da der Gallenfarbstoff Bilirubin im Blut angestaut wird. Die Diagnose erfolgt über eine Blutuntersuchung.
Adenoviren können – wie viele andere Vireninfektionen auch – in seltenen Fällen die Leber schädigen. Dies ist allerdings äußerst selten der Fall, noch seltener sind schwere Verläufe, sollte die Leber beteiligt sein. Adenoviren können eine Vielzahl von Erkrankungen auslösen, etwa des Magen-Darm-Traktes oder der Augenbindehaut. Auch das Coronavirus kann zu Entzündungen im Körper und in einzelnen Organen wie der Leber führen.
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