Auffällige Hepatitis bei Kindern: Was man bisher darüber weiß
In mehreren Ländern sind laut Weltgesundheitsorganisation WHO bei Kindern unklare Fälle von akuter Hepatitis aufgetreten. Unklar deshalb, weil die Hepatitisviren A, B, C, D und E, die üblicherweise Leberentzündungen auslösen, nach Laboruntersuchungen ausgeschlossen wurden, und keine anderen Ursachen erkenntlich sind. Bekannt sind Fälle aus Großbritannien, Dänemark, Irland, den Niederlanden, Spanien und den USA.
In Österreich wurde noch keine Häufung festgestellt, sagt Reinhold Kerbl, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde. Kürzlich startete aber eine Umfrage unter Kinderärzten in Österreich, um festzustellen, ob es einen Anstieg gibt. "Bisher ist kein auffallendes Signal in Österreich bekannt, aber es gibt die Meldungen aus England und anderen Ländern von Fällen unklarer Hepatitis, teilweise auch mit schweren Verläufen", betont Kerbl. Teilweise musste betroffenen Kindern eine Leber transplantiert werden.
Was ist bisher über die Entzündungen bekannt? Welche Rolle spielt dabei Covid-19? Können die Leberentzündungen auf die Covid-Impfung zurückgeführt werden? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.
Welche Länder meldeten bisher eine Zunahme an Hepatitis-Fällen bei Kindern?
Als eines der ersten Länder meldete Schottland Anfang April eine Häufung akuter Hepatitis-Fälle bei zuvor gesunden Kindern unter zehn Jahren. Mitte April wurden aus weiteren Landesteilen Großbritanniens zusätzliche Fälle gemeldet, insgesamt sind es 84 Fälle seit 5. April 2022, bei denen die Ursache der Leberentzündung unklar ist. Die meisten betroffenen Kinder waren zwischen zwei und fünf Jahre alt. Ebenfalls Mitte April vermeldete die Europäische Gesundheitsbehörde ECDC, dass auch Leberentzündungen unklarer Ursache bei Kindern in Dänemark, Irland, den Niederlanden und Spanien aufgetreten sind. Auch in den USA gibt es bisher dokumentierte Fälle. "In allen Ländern mit gemeldeten Fällen laufen die Ermittlungen", erklärte die ECDC. Es handelt sich dabei um Häufungen, die über dem zu erwarteten Wert an Leberentzündungen in dieser Altersgruppe liegen.
Am 31. März 2022 meldete etwa die schottische Gesundheitsbehörde fünf Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren, die sich mit schwerer Hepatitis unbekannter Ursache innerhalb von drei Wochen im Royal Hospital for Children in Glasgow vorstellten. Die typische Anzahl von Hepatitis-Fällen unbekannter Ursache in ganz Schottland würde üblicherweise weniger als vier pro Jahr betragen.
Welche Symptome traten bei den Kindern auf? Worauf müssen Eltern achten?
Hepatitis ist eine Entzündung der Leber, bei der es zu einer Schädigung der Leberzellen kommen kann. Dies kann durch Medikamente und Gifte erfolgen, aber auch durch Krankheitserreger wie Bakterien und Viren. Bekannt sind etwa die Hepatitisviren A, B, C, D und E, die zu Leberschäden führen. "Aber auch viele andere Viren können zu einer Hepatitis führen, etwa das Eppstein-Barr-Virus, das routinemäßig die Leber befällt, oder Herpesviren, Adenoviren und etliche andere kommen in Betracht", sagt Kindermediziner Kerbl.
Die von der Hepatitis unklarer Ursache betroffenen Kinder hatten laut ECDC in den meisten Fällen kein Fieber, aber erhöhte Leberenzymwerte, viele hatten Gelbsucht. Einige berichteten über Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen in den vorangegangenen Wochen. Einige der Kinder brauchten eine Behandlung in spezialisierten Leberzentren für Kinder, einige wenige brauchten eine Lebertransplantation.
Die Symptome einer Hepatitis sind allgemein sehr unterschiedlich. Häufig kommt es in der Anfangsphase zu Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Fieber, Appetitlosigkeit, Gelenk- bzw. Muskelschmerzen. Der Urin kann sich dunkel färben, der Stuhl wird hingegen hellfärbig. Oft kommt es zu Schmerzen im Bereich des rechten Rippenbogens, da sich die Leber vergrößert und bei Druck empfindlich ist. Später kann, muss aber nicht, Gelbsucht auftreten – die Haut färbt sich gelblich, da der Gallenfarbstoff Bilirubin im Blut angestaut wird. Die Diagnose erfolgt über eine Blutuntersuchung.
Was wird als Ursache der Leberentzündungen bisher vermutet?
Vermutet wird ein Infektionserreger, allen voran ein Adenovirus oder eine Covid-Infektion, oder der Kontakt mit Giftstoffen. Bei allen dokumentierten Fällen wurden über einen Fragebogen Informationen zu konsumierten Lebensmitteln, Getränken und persönlichen Gewohnheiten gesammelt – es konnten aber keine Gemeinsamkeiten festgestellt werden, die für die Leberentzündungen ursächlich sein können. "Eine Hypothese ist, dass das Adenovirus eine gewisse Rolle spielt. Ob SARS-CoV-2 die Ursache ist, ist noch völlig unklar. Allerdings ist nicht verwunderlich, dass bei hohen Covid-Fallzahlen auch einige der betroffenen Kinder positiv getestet sind“, meint Kerbl.
Adenoviren können eine Vielzahl an Erkrankungen auslösen, etwa des Magen-Darm-Traktes oder der Augenbindehaut. "Wie bei anderen Viren auch, kann es bei einer Infektion zu einer Leberbeteiligung kommen. Die Leberwerte können ansteigen, meist aber in geringem Maße, sodass sie in kurzer Zeit wieder normal sind. Es gibt aber schwere Verläufe, wo Leberzellen zerstört werden." Bei Adenoviren ist laut Kerbl eine Lebermitbeteiligung häufig, ebenso bei Durchfallviren wie Rota- und Noroviren, schwere Verläufe seien aber die Ausnahme. Auch das Coronavirus kann zu Entzündungen im Körper und in einzelnen Organen wie der Leber führen.
Im schlimmsten Fall – bei vollkommener Zerstörung der Leber – braucht es eine Transplantation. Kerbl: "Das ist grundsätzlich bei jeder Hepatitis möglich, auch bei jenen durch Virusinfektionen, aber selten." Bei schweren Vergiftungen, etwa durch den Knollenblätterpilz oder einer Überdosierung von Medikamenten kann es rasch zu einer Leberzellzerstörung kommen.
Was konnte ausgeschlossen werden?
Laboruntersuchungen zeigten, dass die dokumentierten Fälle nicht mit den Hepatitisviren A, B, C, D und E infiziert waren. Einige der Kinder, aber nicht alle, wurden positiv auf SARS-CoV-2 getestet, ebenfalls ein Teil der Kinder wies eine Adenovirus-Infektion auf, aber ebenfalls nicht alle. Manche der Kinder hatten sowohl eine Covid- als auch eine Adenovirus-Infektion.
Laut ECDC sind toxikologische Untersuchungen noch im Gange, aufgrund des bisherigen Wissenstandes wird aber von einem Infektionserreger ausgegangen.
Kann die Covid-Impfung die Ursache sein?
Schottische Forscher beschreiben in einem Fachartikel, dass keines der Kinder in Schottland, das bis 12. April 2022 an einer Hepatitis unklarer Ursache litt, geimpft war. Reinhold Kerbl hält einen Zusammenhang mit der Covid-Impfung für unwahrscheinlich. "Bisher gibt es keinen objektiven Hinweis darauf, dass es sich um einen Impfschaden handelt, auch wissend, dass die Impfrate unter Kindern noch sehr gering ist. Allerdings wird das natürlich auch genau angeschaut", so Kerbl.
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