"Modeerscheinung": Long Covid Patientin kämpft mit Schikanen durch Behörden
Es gibt Tage, an denen Monika R. nicht aufstehen kann. Bis zu 18 Stunden liegt sie dann im Bett. Sie leidet unter Atemproblemen, Erschöpfungszuständen, Nervenschmerzen und Kreislaufproblemen. "Man kann das mit nichts Anderem vergleichen. Mir fehlt völlig die Kraft. Wenn ich in der Wohnung in einem Zimmer staubgesaugt habe, atme ich wie nach einem Dauerlauf und muss mich hinsetzen", erzählt die 54-Jährige.
Teilweise sei sogar der Gang zur Toilette sehr anstrengend, da sie schwer Luft bekommt. "Ich muss sehr auf Erschöpfung aufpassen, sonst kommt es danach wieder zu einem Abfall. Ich achte sehr darauf, nicht über meine Grenze zu gehen, damit ich hin und wieder Tage habe, an denen es etwas besser ist", erzählt die Oberösterreicherin.
Existenzängste
Seit März 2021 leidet Frau R. nach einer Covid-Infektion unter Long Covid und kann nicht mehr als Berufskraftfahrerin arbeiten. Das sorgt für einige Schwierigkeiten mit den Behörden. Denn: Die 54-Jährige ist in Krankenstand und muss immer wieder Nachweise über ihren Gesundheitszustand vorlegen. Nur noch bis Mitte August erhält sie Krankengeld, in Pension darf sie laut Pensionsversicherung aber nicht gehen. Auch eine Reha und Reha-Geld wurden ihr nicht genehmigt. "Ich war immer eine sehr arbeitssame Person, mein ganzes Leben. Ich möchte wieder in die Arbeitswelt, aber ich kann nichts an meinem Gesundheitszustand ändern. Wenn ich wüsste wie, würde ich es sofort tun", berichtet R.
Zusätzlich zu ihren gesundheitlichen Problemen kämpft sie nun mit finanziellen: "Die Wohnbeihilfe wurde abgelehnt, ich bekomme derzeit 1200 Euro, 800 Euro sind allein schon die Wohnkosten. Ich weiß oft gar nicht, wie ich das alles stemmen soll. Ich habe mein ganzes Leben gearbeitet und jetzt schaut jeder weg. Teilweise ist meine körperliche Verfassung so, dass es mir lieber wäre, es würde zu Ende gehen."
Hausärztin veröffentlicht Brief
Ihre Hausärztin Lisa-Maria Kellermayr nimmt das Krankheitsbild ernst und engagiert sich. Sie veröffentlichte jetzt auf Twitter einen Brief der Österreichischen Gesundheitskasse, in dem nach der Arbeitsfähigkeit der Patientin gefragt wird. "Jeden Monat müssen Betroffene Befunde, Atteste zu ihrer Erkrankung vorlegen. Sie sollen zu Spezialisten gehen, teilweise in andere Bundesländer fahren. Die Patienten haben keine Energie dafür, solche Streitereien auszutragen. Und es werden immer mehr, die das betrifft", sagt Kellermayr.
Für viele Betroffene sei der Kampf mit den Institutionen entweder eine schwere zusätzliche Belastung oder erst gar nicht möglich. Sie können oft nicht leisten, was von ihnen verlangt wird. "Long Covid Patienten werden zum Spielball der Institutionen. Der Ursprungsberuf geht oft nicht mehr, in den meisten Arbeitsstätten ist eine Rücksichtnahme auf die Belastungsintoleranz nicht möglich. Bei denen, bei denen eine Teilzeit- oder geringfügige Stelle möglich wäre, reicht das Geld oft nicht. Was sollen sie also tun?", fragt die Allgemeinmedizinerin.
"Modeerscheinung"
Das Problem werde negiert. Zwar verstehe Kellermayr, dass es eine Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit braucht. Sobald der Krankenstand länger als ein Jahr dauere, werde es aber "problematisch". "Manche Aussagen, mit denen Patienten konfrontiert werden, sind himmelschreiend, dabei ist es ganz klar, dass manche Betroffene nicht in den Arbeitsmarkt vermittelt werden können. Sie können nicht gehen, haben stärkste Schmerzen und können sich nicht wachhalten", betont Kellermayr. Oft werde gesagt, Long Covid sei eine "Modeerscheinung", die Betroffenen sollen sich "mehr bemühen" oder die Symptome seien psychosomatisch. Kellermayr: "Das Krankheitsbild wird oft vermischt mit psychischen oder psychosomatischen Problemen. Das ist es aber einfach nicht. Long Covid muss endlich als Krankheit anerkannt werden, damit Ausflüchte nicht möglich sind."
Schwierig sei, dass es derzeit keine Heilung für Long Covid gebe. Die 54-Jährige Patientin aus Oberösterreich hat bereits vieles probiert – sämtliche Therapieoptionen erfolgen Off-Label, also ohne Zulassung. "Wir haben wirklich alles versucht, sämtliche Fallberichte und Studien gelesen, wo es etwas gibt, das bereits einmal funktioniert hat. Sie ist wirklich bereit, alles zu tun, jede Therapie, jede Zuweisung, weil es für sie auch nicht aushaltbar ist", sagt Kellermayr.
Eine echte Verbesserung brachte bisher leider nichts. Für alle Beteiligten sei die Lage frustrierend. Bei den Patientinnen und Patienten führen die Strapazen mit den Behörden oft noch zu einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Frau R. hat vor allem einen Wunsch: "Dass ich ernst genommen werde und nicht so viele Steine in den Weg gelegt bekomme. Ich möchte wieder gesund werden."
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