Mammografie-Screening: Braucht es Änderungen?
Nur vier von zehn Frauen nutzen das seit 2014 angebotene Screening-Programm "Früh erkennen". Es richtet sich an Frauen zwischen 45 und 69 Jahren, die alle zwei Jahre automatisch per Post zu einer kostenlosen Mammografie, einer radiologischen Untersuchung der Brust, eingeladen werden. Auch Frauen zwischen 40 und 44 sowie über 69 Jahren können teilnehmen, wenn sie sich dafür anmelden.
"Jede achte Frau in Österreich wird mit der Diagnose im Laufe ihres Lebens konfrontiert. Es ist bei Frauen die häufigste Krebserkrankung, die aber mittlerweile sehr gut behandelbar ist. Dazu braucht es aber Vorsorge – Brustkrebs wird hauptsächlich durch das Mammografie-Screening diagnostiziert", sagte Marija Balic, Internistische Onkologin am LKH Graz, bei einer Pressekonferenz anlässlich des Brustgesundheitsmonats Oktober am Donnerstag. Insgesamt erkranken in Österreich rund 5.500 Frauen und Männer jährlich am sogenannten Mammakarzinom.
Die meisten Erstdiagnosen erfolgen zwischen dem 50. und 69. Lebensjahr. Bei jüngeren Frauen ist die Mammografie weniger sinnvoll, da aufgrund des noch dichteren Brustgewebes Tumore schwerer erkennbar sind. Aus diesem Grund ist das Screening erst ab 45 Jahren bzw. auf Wunsch ab 40 Jahren kostenlos.
Diskussionen um Häufigkeit
Die regelmäßige Mammografie im Abstand von zwei Jahren wird aktuell von Expertinnen und Experten diskutiert. So überlegen Ärztekammer und Gesundheitskasse ÖGK eine Änderung, etwa ein risikobasiertes Screening. Das heißt: Wann eine Mammografie erfolgt, soll je nach individuellem Risiko entschieden werden, und nicht automatisch alle zwei Jahre. Das Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) rät allerdings von einer Änderung des derzeitigen Systems ab. Studien würden zeigen, dass das individuelle Brustkrebsrisiko nur unzureichend vorhergesagt werden kann. Noch fehlen ausreichende Daten, die Vorteile einer Änderung des Früherkennungsprogramms belegen.
Bei vielen Frauen werde Brustkrebs spät diagnostiziert, da sie zum einen nicht an der Vorsorge teilnehmen, zum anderen Veränderungen der Brust häufig ignorieren. "Das Screening sowie bessere Behandlungsmöglichkeiten haben zu einer deutlichen Verbesserung des Überlebens geführt. 90 Prozent der Betroffenen haben ein Fünf- oder Zehn-Jahres-Überleben. Das gibt Frauen Mut, wenn sie die Diagnose erhalten", so Balic.
Auch Christian Singer, Leiter des Zentrums für Familiären Brust- und Eierstockkrebs am AKH Wien, spricht sich dafür aus das Mammografie-Screening in seiner jetzigen Form beizubehalten. "Risikoadaptierte Früherkennungsprogramme gibt es bereits. Der Arzt oder die Ärztin hat die Möglichkeit ein jährliches Früherkennungsprogramm (statt zweijährlich, Anm.) vorzuschlagen, wenn etwa eine erstgradige Verwandte erkrankt ist. Im Rahmen des existierenden Systems ist ein risikoadaptiertes Früherkennungsprogramm möglich. Wichtiger als dies zu diskutieren, wäre, bei Frauen das Bewusstsein zu schaffen, das aktuelle Programm wahrzunehmen", betonte Singer.
Spätes Erkennen verschlechtert Heilungsaussicht
Neben der Teilnahme am Mammografie-Screening sind außerdem Gesundenuntersuchungen und Selbstabtastungen der Brust zur Früherkennung wichtig. Das zumindest einmal monatlich empfohlene Selbstabtasten der Brust und die jährliche Vorsorgeuntersuchung bei der Frauenärztin oder dem Frauenarzt sind wesentliche Bestandteile der Früherkennung.
Denn: Wird die Erkrankung erst spät erkannt, wenn etwa bereits Metastasen gebildet wurden, sind die Heilungsaussichten schlechter, allerdings gibt es auch hier neue Therapiemöglichkeiten, die das Leben bei guter Lebensqualität verlängern können. Je mehr sich die Krankheit bereits ausgebreitet hat, desto invasiver sei die Behandlung. "Viele Frauen haben Angst vor dem Ergebnis der Mammografie und vor einer möglichen Chemotherapie. Die kann jedoch manchmal erspart bleiben, wenn Brustkrebs frühzeitig erkannt wird“, betonte Tanja Schneider, Medizinerin und Vertreterin der Brustkrebs Organisation Europa Donna.
Manche fürchten die Strahlenbelastung der Mammografie und nehmen die Einladung dazu deshalb nicht wahr. "Das Risiko dadurch ist aber gering, der Benefit ist deutlich größer", so Schneider, die auch die geschlossene Facebook-Gruppe "Brustkrebs" als Plattform für Betroffene betreut.
Risikobasierte Vorsorge bei Genmutation
Ein risikobasiertes Screening gibt es bereits, und zwar bei Frauen und auch Männern, die eine Genmutation aufweisen und dadurch bereits in jungen Jahren ein erhöhtes Erkrankungsrisiko aufweisen. Bisher sind zwei Gene bekannt, BRCA1 und BRCA2, die die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Brustkrebs und auch Eierstockkrebs erhöhen. "80 Prozent der Frauen mit BRCA1-Mutation erkranken und das häufig jung, zwischen 25 und 30 Jahren. Auch andere Krebserkrankungen wie Bauchspeicheldrüsenkrebs sind mit Veränderungen in BRCA1 assoziiert", erklärte Singer. Eine bzw. einer von 300 Frauen und Männern trägt eine Veränderung in den Brustkrebsgenen in sich.
Bekannt wurden diese vor allem auch, als die US-Schauspielerin Angelina Jolie 2013 öffentlich machte, dass sie sich aufgrund einer BRCA1-Mutation beide Brüste entfernen ließ. Jolies Mutter starb mit 56 Jahren an Eierstock- und Brustkrebs, auch ihre Großmutter und ihre Tante verlor sie an die Krankheit.
"Eine Gentestung sollte bei Familienhäufungen erfolgen, wenn also in einer Familie mehrere Fälle von Brust- oder Eierstockkrebs aufgetreten sind. Wer eine solche Genmutation aufweist, gibt sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an seine Kinder weiter", so Singer. Wie bei Angelina Jolie könne das Risiko für eine Erkrankung durch Entfernung des Brustdrüsengewebes minimiert werden. Bei einer BRCA-Mutation kann das zusätzlich zur ersten Operation auch die Entfernung des Brustdrüsengewebes der nicht befallenen Brust bedeuten. Dies sei heute kosmetisch sehr gut machbar. Eine genetische Beratung ist in einem der rund 90 Behandlungszentren in Österreich möglich (www.brustgenberatung.at).
Neben der operativen Entfernung von Brustgewebe gibt es zudem auch medikamentöse Therapien und personalisierte Behandlungen, die die Überlebensaussichten verbessern.
Bei familiären Häufungen wird die kostenintensive Blutuntersuchung von der Sozialversicherung übernommen. Ein positiver Befund auf die Genmutation wird zur Sicherheit noch einmal nachgetestet. Das Ergebnis liegt - bei Erkrankten - in zwei bis drei Wochen vor, bei Gesunden dauert es etwa ein bis zwei Monate. Bei einer bestätigten Genveränderung könnte beispielsweise eine Kernspintomografie für eine noch bessere Früherkennung als mit der Mammografie durchgeführt werden.
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