Kann eine Omikron-Infektion eine vierte Impfung ersetzen?
Wer sich mit der Omikron-Variante infiziert, hat zumindest einen Trost, sagt der Virologe Lukas Weseslindtner, MedUni Wien: „Er ist auf jeden Fall für zwei, drei Monate immun gegen eine neuerliche Ansteckung mit BA.2. Eine Infektion mit BA.2 nach BA.1 ist aber nicht auszuschließen: Die zwei Subvarianten verhalten sich – was den Antikörperschutz betrifft – wie zwei völlig verschiedene Viren.“
Bei Dreifach-Geimpften führt eine Omikron-Infektion zu einer breiten Immunantwort auch gegen das ursprüngliche Virus: „Diese Personen brauchen derzeit keine vierte Impfung.“ Eine solche wird vom Impfgremium derzeit nur für Menschen ab 65 Jahren und für immungeschwächte Personen in Betracht gezogen, bei denen ein kürzeres Anhalten des Impfschutzes zu erwarten ist. Ob es im Sommer /Herbst eine allgemeine Empfehlung für eine vierte Impfung geben wird, wird von Daten abhängen, die zeigen, wie stark mit dem Zeitverlauf nach drei Impfungen der Schutz vor schweren Erkrankungen zurückgeht.
"Rascher Rückgang der Antikörper"
„Ob eine Omikron-Infektion im März auch noch im Herbst eine vierte Impfung ersetzen kann (sollte diese dann allgemein empfohlen werden), ist noch offen: „Nach meinem derzeitigen Gefühl eher nicht, weil wir einen raschen Rückgang der Antikörper nach einer Infektion sehen.“ Studien haben gezeigt, dass nach einer Omikron-Infektion deutlich weniger Antikörper gebildet werden als nach einer Booster-Impfung: „Andererseits wirkt eine Infektion auch an den Schleimhäuten in der Nase und im Mund und bewirkt dort eine lokale Immunität, die das Virus gleich beim ersten Körperkontakt abwehren kann – und das sieht man in den Antikörperspiegeln nicht.“ Sollte sich jemand im Herbst neuerlich mit BA.2 infizieren, sei aber die Wahrscheinlichkeit einer schweren Infektion geringer.
„Eine weitere Impfung hat auf jeden Fall den Effekt, dass man wieder für einige Wochen keine Infektionen weitergeben kann.“ Daten aus Israel zeigen, dass die 4. Impfung schwere Verläufe und Todesfälle deutlich reduziert. „Eines aber ist klar: Wir werden in den kommenden Jahren mit Infektionen oder Impfungen das Immunsystem an das Virus erinnern müssen, weil die Immunität nicht lange anhält.“
Wobei mit jedem neuen „immunologischen Event“ immer die Antikörper gegen jene Variante am stärksten geboostert werden, mit der man als erstes Kontakt hatte – sei es durch Impfung oder Infektion.
Weseslindtner: „Wer geimpft ist hat einen sehr guten Schutz gegen das ursprüngliche Virus. Wer sich dann mit der ähnlichen Delta-Variante infiziert hat, hat sehr hohe Antikörperspiegel gegen Delta. Bei einer weiteren Infektion gegen Omikron sind die Antikörperspiegel gegen Omikron deutlich niedriger – das Risiko einer baldigen Reinfektion nach einigen Monaten also deutlich größer, weil der Antikörperabfall von einem deutlich niedrigeren Niveau aus erfolgt.“
Weseslindtner betont auch, dass es auch bei den Corona-Impfungen eine Herdenimmunität gibt: „Aber eben nur zwei, drei Monate nach der Impfung. In diesem Zeitraum ist man in der Regel nicht ansteckend, sind also auch Ungeimpfte geschützt. Aber gesamtepidemiologisch gesehen ist diese Zeit eben zu kurz, um von einer wirksamen Herdenimmunität zu reden. “
Wenn also Menschen, die drei Mal geimpft und einmal infiziert sind, im Herbst ein viertes Mal impfen gehen, werden sie auf jeden Fall dazu beitragen, die Infektionswelle flach zu halten, weil sie eine zeitlang zumindest keine Virusüberträger sind.
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