Ist die 1-G-Regel rechtlich überhaupt möglich?

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Ungeimpfte dürfen möglicherweise bald nicht mehr in Lokale, Fitnessstudios und ähnliche Orte. Wie dies rechtlich aussieht.

Die Diskussion rund um eine 1-G-Regel ist in vollem Gange. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und Bundeskanzler Sebastian Kurz kündigten bereits am Wochenende strengere Maßnahmen für Ungeimpfte an, wenn die Infektionszahlen weitersteigen. Vorerst wurden nur Diskotheken und Nachtgastronomie als Einsatzbereiche einer 1-G-Regel genannt. Infektiologe Herwig Kollaritsch sprach sich am Dienstag im Ö1 Morgenjournal dafür aus, eine 1-G-Regel auch auf andere Problemzonen auszuweiten - in Abhängikgeit von der Datenlage. "Ich sehe zunehmend weniger Spielraum, dass man nicht doch auf etwas wie die 1-G-Regel umsteigt, weil das reine Sprechen und Reden darüber nicht hilft“, so Kollaritsch.

"Gute Chancen"

Können Ungeimpfte tatsächlich aus Lokalen, Fitnessstudios und ähnlichen Freizeiteinrichtungen ausgeschlossen werden? Laut dem Medizinrechtsexperten Karl Stöger könne die 1-G-Regel jederzeit per Verordung eingeführt werden, diese Ermächtigung finde sich im Covid-19-Maßnahmengesetz, wie er gegenüber Ö1 sagte. Diese Verordnung müsse man allerdings - um vor einer möglichen Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof standzuhalten - medizinisch überzeugend begründen können, aber auch die Kosten für die Tests könnten eine Rolle spielen. "Eine mit Augenmaß gemachte 1-G-Regel hat meines Erachtens gute Chancen, vor dem Verfassungsgerichtshof zu bestehen."

Auch Verfassungsrechtsexperte Heinz Maier hält eine 1-G-Regel für rechtlich möglich und auch geboten, um die Geimpften von Beschränkungen zu befreien. Auch eine Impfpflicht sei verfassungsrechtlich zulässig, wenn es notwendig sei, um eine größere Gefahr für die Gesundheit von Menschen abzuwenden. Diese Meinung vertritt auch Verfassungsexperte Christoph Bezemek von der Uni Graz. Es sei ein legitimes Ziel der Politik, das Risiko für die „Volksgesundheit“ zu reduzieren, indem man Maßnahmen für eine möglichst hohe Impfrate setzt. „Man muss aber sachlich begründen können, dass die Impfung gesundheitspolitisch klare Vorteile gegenüber dem laufenden Testen bringt.“

Kritik

Der Wiener Rechtsanwalt Florian Höllwarth ist hingegen überzeugt, dass Ankündigungen wie ein Lokalverbot für Ungeimpfte ein Fall für den Verfassungsgerichtshof seien. „Schlimm, wie sich das ganze Thema entwickelt“, sagte er gegenüber dem KURIER. Und er bereitet bereits eine entsprechende Klage vor. Er ruft „Ungeimpfte, die sich das nicht bieten lassen wollen“, dazu auf, sich bei ihm zu melden. „Je mehr, desto besser.“ Er hält die Regelung unter anderem für problematisch, weil es Menschen gebe, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können. Druck auf Ungeimpfte auszuüben, sei „ein weiterer erfolgreicher Schritt, die Bevölkerung zu spalten.“

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