Pille gegen Covid-19: Israel testet Schluckimpfung am Menschen
In Israel werden die weltweit ersten Studien-Teilnehmer eventuell noch diesen Sommer eine Schluckimpfung gegen Sars-CoV2 zu sich nehmen. Wie das Magazin Forbes berichtet, hat das Unternehmen Oravax Medical grünes Licht vom Prüfungsausschuss des Ichilov-Krankenhauses, dem wichtigsten Krankenhaus in Tel Aviv, für den Start seiner klinischen Studie erhalten.
Die Studie, die in den kommenden Wochen von der Rekrutierung der Studienteilnehmer und der endgültigen Genehmigung durch das Gesundheitsministerium abhängen wird, wird zunächst als "Proof of Concept" für den Kapselimpfstoff dienen, sagte Nadav Kidron, CEO von Oramed Pharmaceuticals, in einem Interview mit der Jerusalem Post.
Die erste Studie wird 24 ungeimpfte Freiwillige einbeziehen, die jeweils eine oder zwei Tabletten einnehmen. Sie wird die Sicherheit des Impfstoffs und Indikatoren für die Immunität untersuchen sowie im Erfolgsfall zu größeren Phase-3-Studien übergehen, um die Wirksamkeit nachzuweisen.
Der Impfstoff sollte "viel widerstandsfähiger gegen Covid-19-Varianten sein", sagte Kidron, da er das Immunsystem gegen drei virale Proteine trainiert, anstatt gegen das einzelne Protein, auf das die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna abzielen.
Oravax entwickelt die Pille auch als Auffrischungsimpfung für Menschen, die bereits gegen Covid-19 geimpft wurden. Hier gibt es allerdings noch keinen Zeitplan für einen Studien-Start.
Schluckimpfung für die Dritte Welt
Eine Schluckimpfung birgt mehrere Vorteile: Sie erleichtert in jenen Ländern, in denen es an medizinischem Fachpersonal mangelt bzw. wo es schwer fällt, hygienische Mindeststandards einzuhalten, einen einfachen Zugang zu Impfstoffen. Zudem stellt sie eine bequeme Möglichkeit dar, einen Booster (eine Auffrischung) zu sich zu nehmen, ohne zu einem Arzt oder in eine Impfstraße zu müssen.
Trotz ihrer Vorteile sind nur wenige Schluckimpfstoffe weit verbreitet, da der menschliche Verdauungstrakt sehr empfindlich ist. Jene, die es gibt - vor allem für Polio, Cholera, Rotavirus und Typhus -, enthalten oft robustere Erreger, die den Bedingungen standhalten können.
Sollten sich die Versuche als erfolgreich erweisen, könnte es noch lange dauern, bis der orale Impfstoff in den USA oder Europa zugelassen wird.
Laut Kidron liegt die Priorität des Unternehmens bei Ländern, die dringend Impfstoffe benötigen würden. Oravax würde eine beschleunigte Notfallzulassung in Ländern anstreben, die nicht in der Lage waren, genügend Impfstoffe zu beschaffen.
Angesichts der großen Unterschiede beim Zugang zu Impfstoffen auf der ganzen Welt kritisierte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus, die "Gier" von Pharmaunternehmen, für Auffrischungsimpfungen zu werben, während viele Menschen noch gar nicht geimpft sind.
Schluckimpfungen sind leichter zu transportieren, zu lagern und müssen nicht so stark gekühlt werden wie die mRNA-Impfstoffe.
Deutsche Wissenschafter der Universität Würzburg und das biopharmazeutische Unternehmen Aeterna Zentaris arbeiten ebenso an einem Corona-Impfstoff, der in Form einer Kapsel geschluckt werden kann. Die präklinische Entwicklung, die den Weg zu ersten klinischen Studien an Menschen ebnen soll, hat bereits angefangen.
Mikrobiologe Thomas Rudel erläuterte vor wenigen Monaten das Prinzip: "Wir verwenden einen Ansatz, der schon seit vielen Jahren, millionenfach als Schutz vor einer Typhus-Infektion im Einsatz ist." Der orale Typhus-Impfstoff basiert auf dem speziellen Bakterienstamm Salmonella Typhi Ty21a. Die Wissenschafter haben die Bakterien jetzt so programmiert, dass sie SARS-CoV-2-Antigene produzieren.
Die Bakterien sind durch eine Kapsel vor der Magensäure geschützt und entfalten ihre Wirkung im Dünndarm. Man geht davon aus, dass die Bakterien dort die Antigene dem Immunsystem präsentieren können.
Weltweit finden auch Forschungen zu Nasensprays gegen Covid-19 statt.
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