Immunitätsausweis nach Covid? Deutscher Ethikrat sagt Nein

Immunitätsausweis nach Covid? Deutscher Ethikrat sagt Nein
Expertengremium warnt, dass es keine ausreichenden Erkenntnisse über den Schutz vor einer Neuansteckung gibt.

Der Deutsche Ethikrat rät von der Einführung eines Corona-Immunitätsausweises ab. Das Expertengremium begründete sein einstimmiges Votum mit den derzeit noch bestehenden Unsicherheiten über die Immunität nach einer überstandenen Infektion mit dem Coronavirus.

Derzeit gehen Experten zwar davon aus, dass genesene Patienten nur ein geringes Risiko haben, ein zweites Mal an Covid-19 zu erkranken. Bisher ist aber noch unklar, wie lange die Immunität bei Menschen mit überstandener SARS-CoV-2-Infektion anhält, wie robust diese ist und ob es von Mensch zu Mensch Unterschiede gibt.

Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn hatte einen solchen Immunitätsausweis ursprünglich geplant. Falls wissenschaftlich bewiesen ist, dass nach einer Coronavirus-Infektion Immunität besteht und ein Genesener niemanden mehr anstecken kann, sollten sich die Betroffenen diese Immunität bescheinigen lassen können - analog zum Impfpass. Wegen des Widerstands der mitregierenden SPD legte Spahn sein Vorhaben im Mai allerdings zunächst auf Eis. Zugleich bat er den Deutschen Ethikrat um eine Stellungnahme.

Der Ethikrat rät "angesichts erheblicher Unsicherheiten hinsichtlich der Ausprägung und des zeitlichen Verlaufs einer Immunität und Infektiosität sowie der Aussagekraft von Antikörpertests gegen Sars-CoV-2" im Moment von Immunitätsbescheinigungen ab. Stattdessen solle auf andere Maßnahmen für einen effektiven Infektionsschutz gesetzt werden.

Zudem fordern die Experten, frei verkäufliche Tests zum Nachweis einer Immunität gegen Corona "aufgrund ihrer zweifelhaften Verlässlichkeit und des daraus folgenden Gefährdungspotenzials" strenger zu regulieren. Nicht bei allen Genesenen etwa sind Antikörper nachweisbar, auch gibt es in seltenen Fälle falsche Ergebnisse.

Für den Fall, dass eine Immunität gegen SARS-CoV-2 künftig verlässlich nachweisbar sein sollte, ist der Ethikrat geteilter Meinung über den Sinn eines Immunitätsausweises. Die eine Hälfte der Experten hält dann unter bestimmten Voraussetzungen eine stufenweise anlass- und bereichsbezogene Einführung einer Immunitätsbescheinigung für sinnvoll. Zugleich warnt sie, dies dürfe nur auf freiwilliger Basis passieren, und es dürfe auch keinen Druck etwa von Arbeitgebern oder Versicherungen geben.

Die andere Hälfte der Ratsmitglieder lehnt einen solchen staatlich kontrollierten Immunitätsausweis auf jeden Fall aus praktischen, ethischen und rechtlichen Gründen ab.

Der Deutsche Ethikrat berät über zentrale ethische Fragen und gibt regelmäßig Stellungnahmen ab. Dem Gremium gehören 26 Mitglieder an, die je zur Hälfte auf Vorschlag von Parlament und Regierung berufen werden. Darunter sind etliche Wissenschafter aus verschiedenen Bereichen. Ein ähnliches Gremium gibt es auch in Österreich. Der im Bundeskanzleramt angesiedelten Bioethikkommission gehören 25 Wissenschafter verschiedener Fachrichtungen an.

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