Krasser Anstieg
Laut CDC ist die Zahl der Fälle in den vergangenen Wochen sprunghaft angestiegen. Eine beträchtliche Anzahl an Kleinkindern und älteren Menschen, sie tragen ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe, müssten bereits in Krankenhäusern behandelt werden. Mitte März lag die Zahl der HMPV-Ansteckungen etwa 36 Prozent über den durchschnittlich gemessenen saisonalen Spitzenwerten von vor der Pandemie.
Das Infektionsgeschehen in den USA lässt sich einerseits über den saisonalen Zyklus des Virus, anderseits über den Effekt der Pandemie erklären: So wie bei anderen Atemwegsviren, etwa der Influenza oder dem RS-Virus, habe es laut Aberle während der Corona-Pandemie keine HMPV-Aktivität gegeben. "Mit dem Auslaufen der Pandemie beziehungsweise der Corona-bedingten Maßnahmen beginnen auch krankmachende Viren wieder in ihrem normalen Rhythmus zu zirkulieren", fügt Monika Redlberger-Fritz, Virologin und Leiterin des Referenzlabors für die Erfassung und Überwachung von Influenza-Virusinfektionen in Österreich, hinzu.
Viel weniger bekannt
Das humane Metapneumovirus ist wie die Influenza oder das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV oder RS-Virus) ein saisonales Atemwegsvirus. Mit dem RS-Virus ist es zudem eng verwandt. "Allerdings ist es viel weniger bekannt", sagt Aberle. HMPV wurde im Jahr 2001 erstmals in den Niederlanden beschrieben. In den Folgejahren konnte gezeigt werden, dass es sich dabei keineswegs um ein neuartiges Virus handelt, sondern seine späte Entdeckung vielmehr darauf beruht, dass erst technische Neuerungen seine erfolgreiche Isolierung ermöglichten.
Besonders schwere Krankheitsverläufe werden bei Erstinfektionen im Säuglings- oder Kleinkindalter beobachtet. Aberle: "Das HMP-Virus grassiert in Wellen: einmal im Winter und einmal im darauffolgenden Frühling. Vor allem bei den Frühlingswellen haben bis zu 30 Prozent der Kinder, die mit schweren Atemwegserkrankungen ins Spital kommen, eine HMPV-Infektion." Man kann sich das ganze Leben lang erneut mit dem Erreger anstecken. Bei älteren Menschen kann es ebenfalls zu heftigeren Verläufen kommen.
Unterschätzte Gefahr?
Dass das HMP-Virus nicht zu unterschätzen ist, zeigen auch US-Untersuchungen. Eine Studie mit Patientenproben, die über einen Zeitraum von 25 Jahren gesammelt wurden, ergab, dass es nach RSV die zweithäufigste Ursache für Atemwegsinfektionen bei Kindern ist. Das RS-Virus ist einer der bedeutendsten Erreger von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen, insbesondere Frühgeborenen und Kleinkindern.
Handelt es sich bei dem Virus also tatsächlich um eine massiv unterschätzte Gefahr? "Nein", beruhigt Aberle. "Es verursacht im Vergleich zum RS-Virus deutlich kleinere Infektionswellen, kann aber für Betroffene natürlich höchst unangenehm sein."
Lage hierzulande "ruhig"
In Österreich ist die Lage diesbezüglich "derzeit ruhig", sagt Redlberger-Fritz. "Aktuell verzeichnen wir nur sporadisch Infektionen. Im März und April haben aber auch wir eine Aktivität verzeichnet, die allerdings nicht sonderlich hoch war." Die letzte massive HMPV-Welle sei paradoxerweise unmittelbar vor Beginn der Corona-Pandemie dokumentiert worden. "Das war sogar die stärkste Saison seit Beginn der Aufzeichnungen. Sie fand allerdings mit dem Lockdown im März 2020 ein abruptes Ende."
Nicht auszuschließen sei laut Redlberger-Fritz, dass die aktuelle HMPV-Infektionswelle aus den USA "zu uns herüberschwappt und sich in einigen Wochen in steigenden Ansteckungszahlen bei uns niederschlägt". Da die Aktivitäten unterschiedlichster Viren in Österreich allerdings laufend überwacht werden, "wird uns das zum gegebenen Zeitpunkt auch auffallen".
Forschung zu Therapie und Impfstoff
Bei der Behandlung ist man derzeit auf Symptomlinderung angewiesen. "Eine virusspezifische Therapie oder Impfung existiert aktuell nicht", berichtet Aberle. Geforscht werde daran aber sehr wohl. Optimistisch stimmt Aberle die Tatsache, dass bei Impfstoffen gegen das verwandte RS-Virus kürzlich große Erfolge verzeichnet wurden: "Das wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch einen Effekt auf die Forschung zur Therapie und Prophylaxe bei HMPV haben." Die USA haben den weltweit ersten RSV-Impfstoff kürzlich zugelassen. In Europa steht eine Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) bevor.
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