Hohe Temperaturen am Arbeitsplatz: Gibt es ein Recht auf "hitzefrei"?

Hohe Temperaturen am Arbeitsplatz: Gibt es ein Recht auf "hitzefrei"?
Welche arbeitsrechtlichen Regelungen derzeit in Österreich zum Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vorhanden sind.

Bei hohen Temperaturen am Arbeitsplatz leidet die Arbeitsqualität sowohl bei geistigen als auch bei körperlichen Tätigkeiten. Die Fehlerhäufigkeit und das Unfallrisiko nehmen zu. Dennoch kennt das österreichische Arbeitsrecht grundsätzlich kein Recht auf "hitzefrei", betont Birgit Kronberger vom Vorlagenportal, einer Datenbank für Arbeitsrecht und Personalverrechnung.

Im Einverständnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer kann aber Zeitausgleich genommen oder Urlaub verbraucht werden. Schickt der Arbeitgeber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hingegen ohne deren Einverständnis in die "Hitzeferien", ist dies als bezahlte Dienstfreistellung ohne Abbuchung von Zeit- und Urlaubsguthaben zu werten.

Sonderregelung für Bauarbeiter

Für Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter gibt es eine gesetzliche Sonderregelung, da im Freien stattfindende Bauarbeiten der Witterung naturgemäß besonders stark ausgeliefert sind, erläutert Kronberger. Deshalb wurde das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz geschaffen. Seinerzeit vor allem für kalte und unfreundliche Wettersituationen, wie Regen, Schnee, Frost, Stürme usw., gedacht, wird seit 2012 vom Gesetz auch besonders hohe Hitze als Schlechtwetter gewertet. "Als Grenzwert gilt eine Außentemperatur ab 32,5 Grad im Schatten. In solchen Fällen kann der Arbeitgeber entscheiden, ob weitergearbeitet wird oder ob die Arbeit eingestellt wird", sagt Kronberger.

Wenn der Betrieb die Schlechtwetterregelung in Anspruch nimmt, erhalten die Bauarbeiter eine Schlechtwetterentschädigung in der Höhe von 60 Prozent vom Lohn für die ausfallende Arbeitszeit. Man spricht hier von so genannten Schlechtwetterstunden. Die Auszahlung erfolgt durch den Betrieb im Rahmen der Lohnverrechnung. Der Betrieb reicht die Rückerstattung der bezahlten Schlechtwetterentschädigung bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse ein. Zu beachten ist, dass die Schlechtwetterentschädigung nicht zeitlich grenzenlos möglich ist, sondern es für die Sommerperiode (Mai-Oktober) und für die Winterperiode (November-April) jeweils ein Höchstkontingent an Schlechtwetterstunden gibt. 

Wie warm darf es am Arbeitsplatz sein?

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass die Lufttemperatur in Arbeitsräumen innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs bleibt, führt Kronberger aus:

  • in Räumen, wo mit geringer körperlicher Belastung gearbeitet wird (z. B. im Büro) zwischen 19 und 25 Grad Celsius.
  • und bei normaler körperlicher Belastung (z. B. im Verkauf in der Feinkostabteilung) zwischen 18 und 24 Grad Celsius.

Die Arbeitsstättenverordnung enthält ausdrücklich eine Sonderregelung für die warme Jahreszeit. "Bei Vorhandensein einer Klima-, oder Lüftungsanlage ist dafür zu sorgen, dass die Lufttemperatur 25°C nicht überschreitet. Gibt es keine Klima- oder Lüftungsanlage, müssen alle sonstigen Maßnahmen ausgeschöpft werden, um die Temperatur so gut wie möglich zu senken", erläutert Rainer Kraft vom Vorlagenportal. Möglich wäre zum Beispiel nächtliches Lüften, eine Beschattung der Fenster und die Bereitstellung von Ventilatoren. Es gibt also keine gesetzliche Verpflichtung für den Betrieb, eine Klimaanlage einbauen zu lassen.

Hohe Temperaturen am Arbeitsplatz: Gibt es ein Recht auf "hitzefrei"?

Vorlagenportal-Geschäftsführung Birgit Kronberger und Rainer Kraft.

Bei längeren Arbeiten im Freien bei hohen Temperaturen unter direkter Sonneneinstrahlung muss der Arbeitgeber Trinkwasser oder geeignete alkoholfreie Getränke bereitstellen, für eine bestmögliche Beschattung der Arbeitsplätze sorgen und entsprechende Ausrüstungen zum Schutz gegen direkte Sonneneinstrahlung zur Verfügung stellen, wie z.B. luftdurchlässige UV-sichere Kleidung, Kopfbedeckung, Sonnenschutzbrillen und Sonnenschutzmittel.

Darf man bei Hitze die Kleidungsvorschriften lockern?

"Allgemein ist es so, dass der Arbeitgeber Richtlinien für die Kleidung im Betrieb festlegen kann", heißt es in einer Aussendung des Vorlagenportals. "Welche Vorgaben es im Detail gibt, hängt naturgemäß stark von der Branche ab. Es macht einen Unterschied, ob es sich zum Beispiel um eine Bank oder eine Anwaltskanzlei handelt, wo in der Regel ein seriöser "Business-Look" gefragt ist und daher zum Beispiel kurze Hosen in der Regel tabu sind, oder ob es zum Beispiel um einen Installateurbetrieb geht."

Hitzebedingte Lockerungen bei den Kleidungsvorschriften (z. B. Ablegen der Krawatte, Ausziehen des Jacketts oder Blazers, Erlaubnis kurze Hosen zu tragen) sind empfehlenswert, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben, so die Experten.

Allerdings: Laut einer vor kurzem von Arbeiterkammer und ÖGB beauftragten Studie gab fast die Hälfte der Befragten, deren Betrieb von Hitze betroffen ist, an, dass der Arbeitgeber (eher) keine Maßnahmen zum Schutz vor Hitze ergreift. Laut KURIER-Informationen will Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) das Gespräch mit den Sozialpartnern suchen. Ziel: Ein Austausch auf Expertenebene, um konkrete, sinnvolle und umsetzbare Lösungsvorschläge zu finden, wie der Arbeitsmarkt künftig auf Hitzewellen reagieren kann.

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