Recht auf "Hitzefrei"? Kocher und die Sozialpartner suchen nach Lösungen

Die Zahl der Hitzetage in Österreich, also Tage mit mehr als 30 Grad Celsius, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vervielfacht. Aktuell noch statistische Extremwerte, wie 40 Hitzetage pro Jahr, werden laut Klimaforschern ohne Maßnahmen zum Normalfall. Die durchschnittliche Zahl der Hitzetage nimmt stetig zu, soll sich bis 2050 verdoppeln. Wie wirkt sich das auf den Arbeitsalltag aus?
Negativ. Arbeiten bei hohen Temperaturen kann zu körperlichen Begleiterscheinungen wie Kreislaufproblemen oder Kopfschmerzen führen – und zu einem deutlichen Rückgang der Produktivität.
Suche nach konkreten, sinnvollen Lösungen
Derzeit gibt es in Österreich keinen Rechtsanspruch auf „Hitzefrei“ oder „Hitzeferien“. Die Arbeiterkammer fordert diesen beispielsweise für alle Beschäftigten, die im Freien arbeiten – bei Temperaturen über 30 Grad. In diese Diskussion dürfte im Sommer Bewegung kommen.
Laut KURIER-Informationen will Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) das Gespräch mit den Sozialpartnern suchen. Ziel: Ein Austausch auf Expertenebene, um konkrete, sinnvolle und umsetzbare Lösungsvorschläge zu finden, wie der Arbeitsmarkt künftig auf Hitzewellen reagieren kann. Das geplante Gespräch soll am 26. Juni im Wirtschafts- und Arbeitsministerium (BMAW) stattfinden.
"Hitzefrei" in der Praxis kaum umsetzbar
In Österreich ist bei der Änderung arbeitsrechtlicher Regelungen, die jahrzehntelange Praxis sind, im Normalfall eine starke Mitwirkung der Sozialpartner vorgesehen. Dem Vernehmen nach will sich Kocher für jene Anpassungen der aktuellen Regelungen einsetzen, auf die sich auch die Sozialpartner einigen können.
Welche Lösungen könnten die Experten zustande bringen? Das gilt derzeit als völlig offen. Einen Anspruch auf „Hitzefrei“ für alle Arbeitsplätze im Freien durchzusetzen, dürfte wohl schwierig bis unmöglich werden. Freibäder oder Badeseen müssten bei Temperaturen über 30 Grad zusperren, der Bahnverkehr käme zum Erliegen.
Was bereits gilt
Nicht hitzefrei, aber immerhin ein Schlechtwetterentschädigungsgesetz gibt es übrigens bereits in der Baubranche. Zumindest in der Theorie haben Bauarbeiter derzeit die Möglichkeit, bei Temperaturen über 32,5 Grad Celsius im Schatten ein Arbeitsende zu beantragen. Dem muss allerdings der Arbeitgeber zustimmen. Für jene Stunden, die der Bauarbeiter nicht arbeitet, erhält er dann 60 Prozent seines Lohns.
Die Kriterien der BUAK (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse) für die Schlechtwetterentschädigung sind:
- Folgen drei Stunden mit mehr als 32,5° C aufeinander, so bedeuten diese Schlechtwetter für den Rest des Tages.
- Für durch diese Hitze entfallene Arbeitsstunden kann der Arbeitgeber seinen Bauarbeitern also Hitzefrei geben. Als Entschädigung erhalten die Arbeiter in diesem Fall 60 Prozent ihres Stundenlohns
Einer "Berufsgruppe" ist das Arbeiten bei hohen Temperaturen gesetzlich sogar verboten:
- Fiaker-Pferden. Ab 35 Grad Celsius dürfen sie nicht mehr zum Einsatz kommen und müssen im Stall bleiben.
Wozu Arbeitgeber jetzt schon angehalten sind: Sie sollen geeignete Maßnahmen treffen, um der Hitze entgegen zu wirken. Er soll beispielsweise für Schatten sorgen, besonders anstrengende Arbeiten in die Morgen- oder Abendstunden verlagern, Sonnenschutz sowie alkoholfreie Getränke bereitstellen und Pausen verlängern. Bei Büroarbeiten sollen 25 Grad Celsius nicht überschritten werden. Michael Hammerl
- bei geringer körperlicher Belastung, also wenn die Arbeit hauptsächlich sitzend verrichtet wird: Die Raumtemperatur muss zwischen 19 und 25 Grad Celsius betragen.
- bei normaler körperlicher Belastung, also wenn die Arbeit hauptsächlich stehend verrichtet wird: Die Raumtemperatur muss zwischen 18 und 24 Grad Celsius betragen.
- bei hoher körperlicher Belastung, also wenn hauptsächlich körperliche Arbeit verrichtet wird: Hier wird die Sache schon schwieriger. Weil körperliche Arbeit häufig im Freien verrichtet wird, gilt es nur, eine Mindest-Raumtemperatur von 12 Grad Celsius zu gewährleisten.
- Ist keine Klimaanlage vorhanden, so müssen sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um heiße Temperaturen zu senken. Dazu zählen beispielsweise nächtliches Lüften, beschattete Fenster oder Ventilatoren, die auf jeden Fall vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden sollten.
Das Gesetz sieht nicht vor, dass der Arbeitsplatz klimatisiert werden muss. Ist aber eine Klimaanlage vorhanden, so gelten besondere Bestimmungen:
- Die Raumtemperatur sollte 25 Grad Celsius nicht übersteigen.
- Die relative Luftfeuchtigkeit muss einen Wert zwischen 40 und 70 Prozent aufweisen.
- Es darf keine Zugluft entstehen.
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