Gynäkologin zu Menstruationsurlaub: "Frauen nicht als krank abstempeln"
Etwa jede dritte Frau leidet unter Schmerzen bei der Regelblutung, der sogenannten Dysmenorrhö. Braucht es also den monatlichen Menstruationsurlaub? Der KURIER hat bei der Gynäkologin Christine Kurz von der MedUni Wien nachgefragt.
KURIER: Was halten Sie von dem Vorschlag eines Menstruationsurlaubs?
Christine Kurz: Der Zugang ist nett, aber meines Erachtens nach überzogen. Für Frauen, die unter starken Beschwerden der Regelblutung leiden, gibt es sehr viele Therapieansätze. Wird die Ursache nicht behandelt oder angegangen, nimmt man die Menstruation aber als Krankheit wahr. Ich finde es nicht empfehlenswert, wenn bereits jungen Frauen vermittelt wird, dass die monatliche Blutung eine Krankheit ist. Ich glaube, ich spreche für viele Frauen, wenn ich sage, dass wir uns das nicht wünschen. Die Menstruation ist Teil unseres Frauseins, auch wenn ein gehöriger Anteil mehr oder weniger darunter leidet. Ich würde mich als Frau dagegen wehren, mich als krank abstempeln zu lassen.
Was versteht man unter Dysmenorrhö?
Das sind Schmerzen, starke Beschwerden bei der Regelblutung. Sie betreffen in erster Linie junge Mädchen mit unreifer Gebärmutter, aber auch viele Frauen mit Endometriose oder Verdacht auf Endometriose. Als Gynäkologin versuche ich einen Weg zu finden, dass die Menstruation nicht nur als körperliche Belastung empfunden wird.
Wie gelingt das?
Es gibt sehr viele schulmedizinische und alternativmedizinische Ansätze, aus denen für die jeweilige Frau das Passende gefunden werden muss. Manchmal ist es ein aufwendigerer Zugang, aber eine Therapie ist möglich. Das kann medikamentös sein, etwa hormonell mithilfe der Pille, indem für mehrere Monate die Menstruation ausgeschaltet wird, aber auch mittels Entzündungshemmern, krampflösenden Medikamenten und Schmerzmitteln. Auch Bewegungstherapie, Ansätze aus der Ernährungsmedizin, Selbsthypnose, Atemtechniken, Akupunktur bis hin zu Tees wie Frauenmanteltee können helfen.
Wahrscheinlich möchte nicht jede Frau ihre Menstruation „ausschalten“, etwa bei Kinderwunsch?
Ja, natürlich, das ist sehr individuell. Teils hat es auch mit der Kultur zu tun, manche Frauen sind sehr irritiert, wenn ihnen das vorgeschlagen wird. Das ist dann für sie der falsche Ansatz und man muss andere Therapiewege finden. Es gibt wahnsinnig viel, aber die Regelblutung sollte nicht als Krankheit gesehen und stigmatisiert werden.
Stichwort Attest: Wie werden Regelbeschwerden erfasst?
Über die Anamnese wird erfragt, wann, wie lange etc. die Beschwerden bestehen und was die Frau bereits ausprobiert hat, was vielleicht hilft, was nicht. Es ist ein sehr komplexes Thema und subjektiv sehr unterschiedlich, wie stark Schmerzen empfunden werden.
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