von Antonia Fliesser und Michael Hammerl
Erbrechen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Durchfall und heftige Bauchkrämpfe: Diese Leiden sind Begleiterscheinungen der Menstruationsblutung. Aktuellen Studien zufolge kennen 90 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter solche Symptome. Jede dritte Frau hat ausgesprochen starke Schmerzen.
Spanien führt als erstes EU-Land deshalb eine bezahlte, dreitätige Arbeitsfreistellung während der Menstruation ein – auf Staatskosten und nach Vorlage eines ärztlichen Attests. Auf einen entsprechenden Gesetzesentwurf einigte sich die linke Regierungskoalition. Neu ist dieser „Urlaub“ nicht, in Japan gibt es ihn seit 1947.
Das Thema ist nicht nur für Arbeitnehmerinnen von großer Bedeutung. Niederländische Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass die Arbeitsleistung von mehr als 80 Prozent der Frauen während der Periode teils massiv nachlässt. Die Unternehmen in der EU koste der Produktionsverlust 107 Milliarden Euro im Jahr.
Wie geht Österreich mit dieser Situation um? Ist bei uns eine ähnliche gesetzliche Regelung wie in Spanien vorstellbar? Eine KURIER-Umfrage unter den Frauensprecherinnen der Parlamentsparteien zeigt ein gespaltenes Bild – auch in der Koalition.
Koalition gespalten
Grünen-Sprecherin Meri Disoski befürwortet das spanische Modell der dreitätigen Menstruationsfreistellung: „Ich begrüße diesen Schritt. Er trägt zur Enttabuisierung der Menstruation bei und schafft mehr Fairness für Frauen.“
Die Hälfte der österreichischen Unternehmensvertreter würde diese Idee laut einer Umfrage auch unterstützen, betont Disoski: „Das ist eine gute Basis für eine weitere Diskussion dazu.“ Auch Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) bewertet Spaniens Gesetzesentwurf positiv. Das spanische Beispiel „sowie eine mögliche Übernahme für Österreich“ solle geprüft werden.
Eine Mehrheit für den Vorschlag gibt es jedoch nicht. „Die Einführung eines ‚Menstruationsurlaubes‘ würde die Chancen von Frauen am Arbeitsmarkt sicherlich verschlechtern“, sagt ÖVP-Sprecherin Elisabeth Pfurtscheller. In Österreich gebe es glücklicherweise die Möglichkeit des Krankenstandes.
Betroffene Frauen können in Krankenstand gehen, dabei „sollte es bleiben“, meint auch Henrike Brandstötter (Neos). Rosa Ecker (FPÖ) befürchtet, dass bezahlte Menstruationsfreistellung „zu weiteren Nachteilen für Frauen am Arbeitsmarkt“ führen könnte. „Wer überprüft denn, ob die Frau wirklich unter starken Schmerzen und Einschränkungen durch die Periode leidet? Was ist hier mit der ärztlichen Schweigepflicht?“, fragt Ecker.
"Tue mir wirklich schwer"
Silvia Hruška-Frank, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik der Arbeiterkammer, hält eine „Menstruationspause“ prinzipiell rechtlich nicht für die richtige Maßnahme. Frauen würden dadurch gezwungen, am Arbeitsplatz über ihre Diagnosen zu sprechen, was stigmatisierend wirke. „Da tue ich mir wirklich schwer. Ich glaube nicht, dass es den Frauen etwas bringen würde“, meint Hruška-Frank. Krankenstände seien die bestehende Lösung.
Hruška-Frank plädiert aber für einen Kulturwandel bei den Krankenstandszeiten. Diese würden nämlich nicht zurückgehen, weil die Menschen seltener krank seien, sondern weil sie zum Beispiel ihre Kollegen nicht im Stich lassen wollen oder Angst um ihren Arbeitsplatz haben. „Da müssen wir uns auch grundsätzlich ansehen, wie es Menschen mit chronischen Erkrankungen in Österreich am Arbeitsplatz geht“, meint die Expertin. FPÖ-Sprecherin Ecker sieht das ähnlich: „Wie wird aber mit anderen schmerzhaften Erkrankungen, wie etwa bei einem Rheumaschub, umgegangen?“
Was bei uns gilt
Die Reformen in Spanien umfassen neben der Menstruationsfreistellung auch besseren Zugang zu Monatshygiene und Schwangerschaftsabbrüchen. Schulen sollen verpflichtend Mädchen Monatsbinden zur Verfügung stellen, und Schwangerschaftsabbrüche können zukünftig bei 16- und 17-Jährigen ohne Einverständnis der Eltern durchgeführt werden.
In Österreich müssen Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber keine Gründe für ihren Krankenstand angeben. Allerdings braucht es fast immer eine ärztliche Krankmeldung, die der Arbeitgeber schon ab dem ersten Tag verlangen kann. Die Mehrwertsteuer auf Binden und Tampons wurde von der Regierung 2021 von 20 auf 10 Prozent gesenkt.
Einer Studie von Kearney und WASH United zufolge könnte ein periodenfreundlicher Arbeitsplatz mit flexibleren Arbeitszeiten, Rückzugsorten und kostenlosen Hygieneartikeln dem Produktionsverlust der Betroffenen entgegenwirken.
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