Bei gesunden Personen wird ein Abstand zur letzten Corona-Infektion oder Impfung von sechs bis zwölf Monaten empfohlen. Valipour: "Wenn man kürzlich einen unklaren Infekt hatte und zur Risikogruppe gehört, kann man trotzdem nach Abklingen der Symptome impfen."
Neue Varianten-Impfstoffe bereits bestellt
Aktuell zirkuliert ein Corona-Subtyp der sogenannten KP-Gruppe. Er hat den - ebenfalls von Omikron abstammenden - Typ JN.1 abgelöst. An JN.1 sind die hierzulande verfügbaren Impfstoffe angepasst.
Kürzlich wurden auch auf KP.2 abgestimmte Vakzine von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassen. Laut Österreichischem Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH) ist eine Bestellung dieser erfolgt. Mit ihrem Eintreffen wird in den kommenden Wochen und Monaten gerechnet. Zu spät für die aktuelle Welle, weswegen Valipour davon abrät, auf sie zu warten.
Auch wenn Corona inzwischen deutlich seltener zu schweren Verläufen oder Spitalsaufenthalten führt, plädiert Valipour für eine jährliche Auffrischungsimpfung: "Risikogruppen sind durch das sich verändernde Virus nach wie vor gefährdet", betont er. Die Impfung schütze zwar nur wenige Wochen vor einer Ansteckung und nur rund ein halbes Jahr vor schwersten Verläufen. "Sie wirkt aber auch gegen langfristigere Komplikationen oder Langzeitfolgen wie Long Covid."
Künftig rechnet Valipour mit potenten nasalen Impfstoffen, die das Virus bereits an der Eintrittspforte im Körper bekämpfen. Auch mRNA-Impfstoffe, die sich an anderen Strukturen des Virus orientieren und besser mit dem mutationsfreudigen Erreger mithalten, hält er für eine realistische Option.
Grippe-Vakzine werden adaptiert
Auch Grippe-Fälle wurden in den vergangenen Wochen bereits einige Hundert registriert. Allerdings steht der Höhepunkt der Influenza-Welle noch bevor, weiß Tamara Clodi-Seitz, Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie an der Klinik Favoriten.
Rund fünf bis zehn Prozent aller Erwachsenen stecken sich jährlich mit dem Virus an, bei Kindern sind es bis zu 20 Prozent. Im vergangenen Jahrzehnt starben jährlich zwischen 400 und 4.000 Menschen infolge einer Grippe. Deutlich häufiger zieht die Influenza Komplikationen nach sich, etwa eine virale Lungenentzündung. "Das Virus schwächt das Immunsystem", sagt Clodi-Seitz. Auch chronische Lungenkrankheiten können sich verschlechtern, ebenso wie bestehende Herzprobleme.
Schützen kann man sich mit der jährlichen Grippe-Impfung. Heuer ist sie erstmals österreichweit kostenlos verfügbar. Je nach Influenza-Geschehen auf der Südhalbkugel (dort tritt die Grippe-Saison von April/Mai bis Oktober auf) werden die Impfstoffe jährlich angepasst.
Heuer wird Erwachsenen noch ein Vierfach-Impfstoff verabreicht, der gegen zwei Influenza-Stämme vom Typ A und zwei Linien des Typ B schützt. Voraussichtlich ab kommendem Jahr wird es, wie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen, einen Dreifach-Impfstoff geben. "Weil nach derzeitigem Beobachtungsstand eine Linie von Influenza B quasi nicht mehr zirkuliert." Für Kinder ab zwei Jahren stehen nasale Impfstoffe zur Verfügung.
Ratsam ist die Impfung für ältere, chronisch kranke und immungeschwächte Menschen, ebenso wie für Kinder ab dem 6. Lebensmonat, Schwangere oder Personen mit Übergewicht. Die Impfung schützt in vielen Fällen vor einer Ansteckung. Treten doch Symptome auf, fallen sie mild aus und klingen rasch ab.
Weil Totimpfstoffe wie der Grippe-Impfstoff nach zehn bis 14 Tagen ihre Wirkung entfalten und nach etwa vier Monaten an Effektivität verlieren, "ist der November eine gute Zeit zum Impfen". Allerspätestens sollte Mitte Dezember geimpft werden.
RSV-Impfstoff-Beschaffung „verschlafen“
Im Vergleich zur Grippe etwas niedriger ist die Wahrscheinlichkeit, sich mit RSV anzustecken. Das Virus ist vor allem für Säuglinge, aber auch Ältere potenziell gefährlich. "Im Winter ist das RS-Virus die häufigste Ursache für Spitalsaufenthalte bei Kindern", erklärt Stefan Winkler, stellvertretender Leiter der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin an der MedUni Wien.
"Auch durch RSV können sich bestehende Erkrankungen und der Allgemeinzustand verschlechtern", ergänzt Rudolf Schmitzberger, Leiter des Referats für Impfangelegenheiten der Österreichischen Ärztekammer.
Für Ältere, Schwangere und Risikopersonen sind hierzulande wirksame RSV-Impfungen abrufbar. Winkler empfiehlt, sich jetzt impfen zu lassen, wobei die Impfung grundsätzlich ganzjährig erfolgen kann.
Für Säuglinge steht eine neuere Antikörper-Injektion (Nirsevimab) zur passiven Immunisierung zur Verfügung. In Deutschland und anderorts wird sie bereits verabreicht, nicht aber in Österreich. "Bei uns hat es die Politik verschlafen, die Impfstoffe rechtzeitig zu sichern", kritisiert Schmitzberger. Vonseiten des ÖVIH heißt es, man habe entsprechende Mengen nun angekauft, allerdings würden diese nicht vor 2025 eintreffen. Weil die Impfung bislang nicht ins kostenlose Kinderimpfprogramm aufgenommen wurde, sei man von den Herstellern nachgereiht worden.
Bei allen wirksamen medizinischen Präventionsmaßnahmen ruft Schmitzberger auch basalere Methoden ins Gedächtnis, um Atemwegsinfekte abzuwehren: "Händewaschen, Lüften, auch Maske tragen bei Menschenansammlungen – und bitte weitestgehend auf Bussi-Bussi-Begrüßungen verzichten!"
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