Wird es im Herbst wieder eine Covid-Welle geben?
Derzeit gibt es Anzeichen dafür, dass sich bereits eine Welle aufbaut. "Wir sehen im Sentinel-Netzwerk einen Anstieg bei Covid – 34 Prozent aller Probeneinsendungen sind Covid-positiv. Influenza zirkuliert derzeit nur sporadisch, das gilt auch für RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus, Anm.). Ausgehend von diesem erhöhten Niveau erwarten wir eine Herbstwelle, die sich bereits langsam ankündigt", betont Redlberger-Fritz. Für die Virologin war dies erwartbar, sie rechnet in den nächsten zwei bis vier Wochen mit einer deutlichen Zunahme der Infektionen. "Im Vergleich zur vorigen Saison sind wir um zwei bis drei Wochen früher dran. Generell steigen mit dem Schulbeginn Atemwegsinfektionen und auch der Studienbeginn im Oktober führt meist zu einem Anstieg."
Neben Covid-Viren sind derzeit vor allem Rhinoviren und Enteroviren verbreitet. Rhinoviren, auch "Schnupfenviren" genannt, lösen Infektionen der oberen Atemwege aus und führen zu klassischen Erkältungssymptomen. Bei einer Infektion mit Enteroviren kommt es zu Grippesymptomen, die allerdings nicht so stark ausfallen wie bei der "echten" Grippe – man spricht auch von der "Sommergrippe".
Sollte man sich auf Covid testen, wenn man Erkältungssymptome hat?
"Wenn man zu den Risikogruppen zählt, sollte man sich auf jeden Fall testen. Risikopersonen profitieren sehr stark vom antiviralen Medikament Paxlovid, das man nur mit einem positiven Test erhält", rät Redlberger-Fritz. Als Risikoperson gelten vor allem ältere Menschen, jene mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder jene, die Therapien erhalten, die das Immunsystem unterdrücken. Paxlovid kann die Schwere der Symptome deutlich abmildern. "Auch, wenn man nicht zu den Risikopersonen zählt, ist es gut zu wissen, ob eine Covid-Infektion vorliegt. Noch viel wichtiger ist allerdings, dass jeder Infekt, egal, ob die Ursache Covid, Influenza oder ein anderes Virus ist, ansteckend ist und man sich so verhalten sollte, dass man keine anderen Personen infiziert", empfiehlt Redlberger-Fritz.
Warum kommt es bei Paxlovid nach dem Absetzen häufig zu Rückfällen?
In einer aktuellen Studie des Massachusetts General Hospital in Boston traten bei bis zu 20 Prozent derer, die Paxlovid bei einer Covid-Infektion einnahmen, nach dem Absetzen der Tabletten Rückfälle auf. Dieser "Rebound"-Effekt führt zu einem neuerlichen Auftreten von Covid-Symptomen. "Das Ergebnis dieser Studie ist nicht neu. Man weiß seit der Einführung von Paxlovid, dass es eine solche Rückfallquote von zehn bis 20 Prozent gibt. Das sollte für Risikopersonen aber kein Hinderungsgrund sein, das Medikament einzunehmen", sagt Redlberger-Fritz. Denn: Paxlovid verringert das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs deutlich. Es hemmt die Virusaktivität und unterstützt so das Immunsystem bei der Bewältigung der Infektion.
Wie und ob ein Rückfall verhindert werden kann, dazu gibt es bisher keine ausreichenden Daten. Der bekannte US-Immunologe Anthony Fauci nahm nach seinem eigenen Rückfall Paxlovid weiter ein, um die Symptome zu behandeln. Dies gilt jedoch als sogenannter "Off-Label-Use" – Paxlovid ist für diese längere Einnahme nicht zugelassen.
Wann sollte man sich gegen Grippe und Covid impfen lassen? Gibt es ideale Zeitpunkte?
In Bezug auf Covid rät Redlberger-Fritz zu einer möglichst baldigen Impfung, "vor der bevorstehenden Welle, innerhalb der nächsten Wochen". Insbesondere Risikopersonen wie Personen ab 60 Jahren sowie medizinisches Gesundheitspersonal sollten sich jetzt impfen lassen – dann bestehe neben dem längeren Schutz vor schweren Infektionen und Hospitalisierungen, auch ein für zehn bis zwölf Wochen anhaltender Schutz vor Symptomen.
Generell sollte die Auffrischungsimpfung frühestens sechs bis spätestens zwölf Monate nach der letzten Infektion bzw. Impfung erfolgen. Das Nationale Impfgremium empfiehlt allen Personen ab zwölf Jahren eine Impfung mit neu angepassten Impfstoffen für die Saison 2024/25. Diese sind bereits bei zahlreichen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten verfügbar. Die Impfung ist kostenlos.
Die Grippe-Impfung sollte idealerweise Ende Oktober, Anfang November erfolgen. Redlberger-Fritz: „Influenza kommt in der Regel etwas später in der Saison, daher ist Ende Oktober ein sehr guter Zeit, um sich impfen zu lassen.“ Die Grippeimpfung ist ebenfalls kostenlos, bei vielen niedergelassen Haus- und Kinderärzten kann man bereits Termine vereinbaren oder sich auf die Warteliste setzen lassen bis der Impfstoff verfügbar ist. Auch manche Betriebe bieten die Grippe-Impfung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an.
Sollen sich Schwangere impfen lassen?
Ja, meint Redlberger-Fritz. "Influenza und Covid können in der Schwangerschaft sehr schwer verlaufen, da einerseits das Immunsystem unterdrückt ist und andererseits bei fortgeschrittener Schwangerscahft der Bauch die unteren Lungenabschnitte nach oben drückt – die Lunge wird schlechter durchlüftet und Keime können sich besser einnisten. Jedes Jahr müssen Schwangere aufgrund einer Grippe-Infektion auf der Intensivstation behandelt werden." Neben dem Schutz der Schwangeren selbst, werden die Antikörper durch die Impfung über die Plazenta auf das Kind übertragen, sodass das Kind für die ersten Monate geschützt ist. "Bei Influenza weiß man, dass die Hospitalisierungsrate bei Neugeborenen für die ersten sechs Lebensmonate durch die Impfung der Mütter in der Schwangerschaft um 90 Prozent gesenkt wird", sagt Redlberger-Fritz.
Zudem zeigen zahlreiche Studien, dass das Baby durch eine Atemwegsinfektion in der Schwangerschaft geschädigt werden kann. In einer aktuell im Fachjournal JAMA Network Open veröffentlichten Untersuchung mit rund 1,3 Millionen Mutter-Baby-Paaren zeigte sich, dass wenn sich die Mutter während der Schwangerschaft mit Grippe infizierte, dies zu einem späteren höheren Risiko für fieberhafte Krampfanfälle bei den Babys führte.
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