RSV: Antikörper-Impfung für Babys erst übernächste Saison?

RSV-Infektionen sind der häufigste stationäre Einweisungsgrund für Säuglinge,
Finanzierung nicht geklärt. Das Nationale Impfgremium empfiehlt das Präparat für alle Kinder vor ihrer ersten RSV-Saison. Wiener Ärztekammer fordert rechtliche Regelung wie in Deutschland.

Die Hoffnung unter Kinderärztinnen und Kinderärzten war groß: In diesem Herbst hätte erstmals eine neue Antikörper-Injektion (Nirsevimab) verfügbar sein sollen, die Neugeborene und Säuglinge vor schweren RSV-Erkrankungen  (Respiratorisches Synzytial-Virus) der unteren Atemwege schützt – und zwar sofort nach der Verabreichung (passive Immunisierung). Allerdings: Wie Die Presse berichtete, teilte der Hersteller Sanofi Ärztinnen und Ärzten mit, dass „aufgrund der hohen Nachfrage anderer Länder“ Nirsevimab in Österreich erst ab der Saison 2025/2026 angeboten werden könne. Denn „vonseiten der österreichischen Politik haben wir bis dato leider keine Bestätigung zur Finanzierung von Nirsevimab für die kommende Saison erhalten“.

Im Gesundheitsministerium heißt es dazu, dass Bund, Länder und Sozialversicherung bereits an der Ausweitung des öffentlichen Impfprogramms um verschiedene Impfungen arbeiten. Das Nationale Impfgremium erarbeite dafür bis Ende des Jahres eine Priorisierung. „Um die RSV-Impfung in das Impfprogramm aufzunehmen, noch bevor diese Priorisierung ausgearbeitet ist, laufen derzeit Gespräche mit dem Finanzministerium“, heißt es auf KURIER-Anfrage.

Ursula Wiedermann-Schmidt, Professorin für Vakzinologie  und Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien, ist auch Mitglied des Nationalen Impfgremiums (NIG). Sie betont, dass das NIG „eine klare medizinische Empfehlung ausgesprochen hat, dass alle Kinder vor ihrer ersten RSV-Saison Nirsevimab erhalten sollten, weil das ein sehr gutes Produkt ist“.    

RSV-Infektionen sind der häufigste stationäre Einweisungsgrund für Säuglinge, heißt es beim deutschen Robert-Koch-Institut. "Ziel der Gabe von Nirsevimab ist es, schwer verlaufende RSV-Erkrankungen der unteren Atemwege bei Neugeborenen und Säuglingen ... unabhängig von möglichen Risikofaktoren in ihrer ersten RSV-Saison zu reduzieren und RSV-bedingte Hospitalisierungen, intensivmedizinische Behandlungen sowie RSV-bedingte Todesfälle zu verhindern". Darüber hinaus solle auch stationären und ambulanten Versorgungsengpässen, die in den Wintermonaten aufgrund behandlungsbedürftiger RSV-Erkrankungen bestehen, vorgebeugt werden.

RSV: Antikörper-Impfung  für Babys erst übernächste Saison?

Die Wiener Ärztekammer forderte am Dienstag einen Automatismus für kostenlose Impfungen nach deutschem Vorbild auch für Österreich. Empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts eine Impfung, sind die Krankenkassen dann automatisch für diese Impfungen zuständig und müssen sie übernehmen.

"Mit dem Nationalen Impfgremium (NIG) steht uns ein ausgezeichnetes Expertenkomitee, ähnlich der deutschen STIKO, zur Verfügung. Leider sind die Impfempfehlungen dieser Kommission bei uns nicht verbindlich. Nach jeder Empfehlung muss erstens der politische Wille für die Umsetzung gegeben sein und zweitens die Finanzierung immer im Einzelfall verhandelt werden. Das kostet enorm viel Zeit und verzögert die Umsetzung massiv. Wir fordern einen Automatismus wie in Deutschland, der Expertenempfehlungen für Impfungen ernst nimmt und diese kostenlos und rasch der Bevölkerung zur Verfügung stellt. Die kommende Bundesregierung muss den rechtlichen Rahmen dafür schaffen", sagt Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen und der Wiener Ärztekammer.

Deutschland habe erst kürzlich bei der RSV-Prophylaxe einen großen Schritt gesetzt, Österreich sei am aktuellen System gescheitert: "Nach der Empfehlung der STIKO bietet unser Nachbarland die prophylaktische Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern gegen RSV als Kassenleistung für Säuglinge an. Bei uns ist die Beschaffung dieses wichtigen Medikaments verschlafen worden und nun für die kommende Erkältungssaison nicht mehr lieferbar. Grund dafür war offenbar, dass sich das Gesundheits- und das Finanzministerium nicht über die Finanzierung einigen konnten. Mit einem Automatismus wie in Deutschland, unter fachlicher Expertise des Nationalen Impfgremiums, könnte ein Fiasko wie dieses in der Zukunft verhindert werden“, so Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin und Obfrau der Kurie der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer für Wien.

Die Wiener Ärztekammer fordert einen kostenlosen Zugang zur prophylaktischen Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) für alle Säuglinge. Auch der Impfstoff für Schwangere solle kostenlos angeboten werden, fordert Steinhart.

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